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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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zwei Kilometer Höhe über Grund gesunken, siebzig Prozent meiner Systeme sind ausgefallen, und Sie haben nichts weiter im Sinn als das Aussehen dieses Burschen?«
    »Es hilft uns, die Situation zu bewerten.«
    Chapman musterte den Entführer aus den Augenwinkeln und speicherte das Bild in einer der drei letzten arbeitenden Zellen seiner Nanonik. Die Bitrate der Datavis-Verbindung war inzwischen so langsam, daß die Übertragung der Datei fast eine Sekunde in Anspruch nahm.
    Ralph Hiltch beobachtete, wie sich die Pixel über dem Tisch des kugelförmigen Raums nach und nach zu einem Bild zusammensetzten. »Savion Kerwin«, sagte er schließlich ohne jede Spur von Überraschung.
    »Ohne Zweifel«, stimmte Admiral Farquar ihm zu.
    »Diese Maschine ist neunzig Minuten nach der Landung des Raumflugzeugs von Pasto aus gestartet«, stellte Jannike Dermot fest. »Offensichtlich planen sie, den Virus so schnell und so weit wie möglich auszubreiten.«
    »Genau, wie ich es Ihnen gesagt habe«, entgegnete Roche Skark. »Ralph, was meinen Sie – hat er bereits Mitreisende an Bord der Maschine infiziert?«
    »Sehr wahrscheinlich, Sir. Die Bordrechner und Chapmans neurale Nanonik werden offensichtlich von einem sehr starken elektromagnetischen Störfeld angegriffen. Vielleicht agieren mehrere der Sequestrierten gemeinsam; es könnte allerdings auch an der Nähe Kerwins zu den empfindlichen Apparaturen liegen. Immerhin befindet sich der Bordrechner, soweit ich weiß, unter dem Boden des Cockpits. Aber was entscheidend ist – wir dürfen das Risiko nicht eingehen!«
    »Einverstanden«, sagte Admiral Farquar.
    Chapman wartete fünfzehn Sekunden, nachdem er die visuelle Datei per Datavis übertragen hatte. Der gestörte Bordrechner meldete, daß der Kommunikationskanal noch immer bestand. Nichts geschah, der ISA-Offizier meldete sich einfach nicht.
    Chapman war selbst Reserveoffizier der Königlichen Navy von Kulu, und er wußte, wie das Militär auf zivile Notfälle reagierte. Daumenregel: Je länger es dauerte, bis eine Entscheidung gefällt war, desto höher wanderte das Problem die Befehlskette hinauf. Diese Geschichte mußte bis ganz nach oben laufen. Bis zu den Leuten, die Entscheidungen über Leben und Tod fällten.
    Entweder war es Intuition oder auch nur die niederschmetternde Erkenntnis drohenden Untergangs, jedenfalls lachte Captain Chapman Adkinson mit einem Mal höhnisch auf.
    Der Mann wandte sich zu ihm um und betrachtete ihn befremdet. »Was ist?«
    »Das werden Sie schon noch früh genug erfahren, Freund. Verraten Sie mir eins – sind Sie einer von den Seuchenüberträgern?«
    »Ob ich was …?«
    Der Röntgenlaser traf das Flugzeug, als es noch achtzig Kilometer von Atherstone entfernt war.
    Ombeys Verteidigungsplattformen im niedrigen Orbit waren imstande, Kombatwespen zu treffen, die noch mehr als zweieinhalbtausend Kilometer entfernt waren. Das Flugzeug befand sich kaum hundert Kilometer unterhalb der Plattform, die Deborah Unwin aktiviert hatte. Sauerstoff- und Stickstoffmoleküle in den tieferen Atmosphärenschichten platzten förmlich auseinander, als der Strahl des Röntgenlasers auftraf, ein sonnenheißer purpurner Lichtblitz mit einer Länge von achtzig Kilometern. An seinem Ende detonierte das Flugzeug zu einem ionisierten Nebel, der sich ausdehnte wie ein neonfarbener Miniaturzyklon. Bruchstücke von brennenden, hoch radioaktiven Wrackteilen verteilten sich in einem weiten Umkreis und regneten auf den urtümlichen Dschungel herab.

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2. Kapitel
     
    Er war tatsächlich in den Vereinigten Staaten von Amerika geboren, obwohl dies damals wie zu späteren Zeiten niemand gerne eingestand. Seine Eltern stammten aus Neapel, und auf Süditaliener wurde im allgemeinen herabgesehen. Selbst die anderen armen Einwanderergruppierungen verachteten sie, ganz zu schweigen von den überlegenen Intellektuellen jener Zeit, die keinen Hehl machten aus ihrem Haß auf einen so niedrigen Menschenschlag. In der Folge gestanden nur wenige Biographen und noch weniger Historiker jemals die ganze Wahrheit. Und die Wahrheit lautete, daß er ein echtes amerikanisches Monster war, wie es nur im Amerika jener Zeit überhaupt jemals möglich gewesen war.
    Sein Geburtsort war Brooklyn, und er kam an einem kalten siebzehnten Januar des Jahres 1899 als viertes Kind von Gabriele und Teresina zur Welt. Damals war der Stadtbezirk ein wimmelnder Schmelztiegel hoffnungsvoller Einwandererfamilien, die in dem neuen verheißungsvollen Land ihre

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