Seelengesaenge
von allein in die Horizontale, bevor sich der Fuß genauso ohne sein Zutun spannte und entspannte.
»Wunderbar.« Der Arzt nickte zufrieden, noch immer ganz versunken in den Informationen, die aus dem Projektor strömten. »Die Nervenverbindungen sind prima, und das neue Gewebe ist dick genug. Ich werde den Verband nicht wieder anlegen, aber ich möchte, daß Sie die Feuchtigkeitscreme auftragen, die ich Ihnen verschreibe. Es ist wichtig, daß die neue Haut nicht austrocknet.«
»Sicher, Doc«, sagte Erick schwach. »Wie sieht es mit dem Rest aus?« Er deutete auf die Medipacks, die seinen Oberkörper und den rechten Arm verhüllten.
Dr. Steibel lächelte matt. Die Lustlosigkeit seines Patienten bereitete ihm Sorgen. »Ich fürchte, das dauert noch ein Weilchen. Ihre Gewebeimplantate integrieren sich sehr schön, aber der Heilungsprozeß ist noch nicht annähernd abgeschlossen.«
»Ich verstehe.«
»Ich werde die Unterstützungsmodule nachfüllen, die Sie mit sich herumtragen. Diese invasiven Medipacks in Ihrem Gewebe verbrauchen eine Menge Nährlösung. Achten Sie darauf, daß die Tanks nie leer werden.«
Der Arzt nahm das Modul zur Hand, das Madeleine repariert hatte, und musterte die beiden fragend. »Ich rate Ihnen dringend, sich in der nächsten Zeit nicht mehr in Gefahr zu bringen. Sie können sich zwar wieder halbwegs normal bewegen, Mister Thakrar, aber nur, wenn Sie Ihren Körper nicht übermäßig belasten. Sie sollten die Warnungen der Monitorprogramme nicht ignorieren. Nanonische Medipacks sind keineswegs ein unfehlbares Sicherheitsnetz.«
»Verstanden, Doc.«
»Ich nehme an, Sie werden noch eine Weile auf dem Asteroiden bleiben.«
»Ja. Sämtliche Flüge wurden gestrichen.«
»Sehr gut. Ich möchte, daß sie so weit wie möglich die Schwerelosigkeit meiden; sie ist sehr ungünstig für einen heilenden Körper. Nehmen Sie sich ein Zimmer in einem Hotel in der Hochgravitationssektion, solange Sie hier auf dem Chaumort sind.« Er übermittelte Erick per Datavis eine Datei. »Das sind die Übungen für Ihre Beine. Halten Sie sich daran, und kommen Sie in einer Woche wieder.«
»Danke.«
Dr. Steibel nickte Madeleine wohlwollend zu, als er den Behandlungsraum verließ. »Sie können draußen bei der Sprechstundenhilfe bezahlen.«
Die Assistentin machte sich daran, Ericks Bein mit einer seifigen Lösung einzusprühen und den Schleim abzuwaschen. Erick mußte seiner neuralen Nanonik einen Dämpfungsbefehl erteilen, um nicht zusammenzuzucken, als sie bei seinen Genitalien ankam. Gott sei Dank war er dort nicht allzu schwer getroffen worden; lediglich oberflächliche Hautverletzungen vom Vakuum.
Madeleine warf ihm über den Rücken der Assistentin hinweg einen besorgten Blick zu. »Hast du noch Geld auf deiner Jupiter-Kreditdisk?« fragte sie per Datavis.
»Vielleicht hundertfünfzig Fuseodollars, das ist alles«, antwortete er auf dem gleichen Weg. »André hat diesen Monat noch kein Geld überwiesen.«
»Ich hab’ noch zweihundert, und Desmond müßte auch noch Geld haben. Ich glaube, es reicht zum Bezahlen.«
»Warum sollten wir? Wo zur Hölle steckt eigentlich Duchamp? Er wollte schließlich für alles aufkommen. Meine Gewebeimplantate sind schließlich nur der erste Teil meiner Wiederherstellung.«
»Wahrscheinlich trifft er sich mit irgendeinem Frachtagenten, jedenfalls hat er das behauptet. Warte einen Augenblick, ich gehe fragen, wieviel wir der Klinik schulden.«
Erick wartete, bis sie gegangen war, dann erkundigte er sich beim Netzprozessor der Klinik nach dem Büro der Konföderierten Navy. Der Zentralrechner informierte ihn, daß es auf Chaumort keine derartige Adresse gab. Erick fluchte still in sich hinein und ließ sich dann das Einwohnerverzeichnis überspielen. Er startete ein Suchprogramm nach Vertrauensleuten der Konföderation. Es gab nicht einen einzigen, nicht einmal einen Beamten für die Raumtüchtigkeitsuntersuchung. Zu wenig Schiffe flogen den Raumhafen an, um die Kosten zu rechtfertigen.
Der Netzprozessor öffnete einen Kanal zu Ericks neuraler Nanonik. »Melde dich bitte an Bord zurück, mon cher garçon Erick«, sagte André Duchamp per Datavis. »Ich habe soeben einen Charterauftrag für uns organisiert.«
Wäre sein Hals nicht so steif gewesen, hätte Erick verwundert den Kopf geschüttelt. Ein Charter! Mitten in einer konföderationsweiten Quarantäne! Duchamp war einfach unglaublich. Seine Gerichtsverhandlung würde die kürzeste in der Geschichte werden. Eine
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