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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Gedankenprozeß verwebt.«
    »Konnte die KI etwas mit diesem zerebralen Zusammenzucken anfangen?«
    »Nein. Es war eine rein willkürliche Datenflut.«
    Dobbs beobachtete, wie Skibbows physiologische Funktionen sich wieder dem Normalmaß näherten. »Also schön, versuchen wir’s noch mal. Das Beruhigungsmittel sollte seine Neurose inzwischen weit genug gedämpft haben.«
    Diesmal standen alle drei auf einer Savanne voller saftigem, smaragdfarbenem, kniehohem Gras. Hohe schneebedeckte Berge bewachten den Horizont. Eine helle Sonne stand am Himmel und brachte die Luft zum Flimmern. Vor ihnen befand sich ein brennendes Gebäude, ein aus stabilen Stämmen errichtetes Blockhaus mit einer angebauten Scheune und einem gemauerten Schornstein.
    »Loren!« rief Gerald heiser. »Paula! Frank!« Er rannte auf das Blockhaus zu. Flammen leckten über die Außenwände, und das Dach aus Solarpaneelen rollte sich unter dem Ansturm der Hitze auf und warf Blasen.
    Gerald rannte und rannte, ohne auch nur einen Schritt näher zu kommen. Hinter den Fenstern waren Gesichter; zwei Frauen, ein Mann. Sie unternahmen nichts, während die Flammen sie einschlossen; sie sahen einfach nur nach draußen, voller unaussprechlicher Traurigkeit. Gerald sank schluchzend in die Knie.
    »Seine Frau Loren und seine Tochter Paula zusammen mit ihrem Ehemann Frank«, sagte Dobbs, der ihre Identitäten unmittelbar von der KI erhalten hatte. »Kein Zeichen von Marie.«
    »Kein Wunder, daß der arme Bastard einen Schock erlitten hat, wenn er zusehen mußte, was mit seiner Familie geschah«, bemerkte Earnshaw.
    »Ja. Aber wir sind zu früh. Er ist eindeutig noch nicht vom Energievirus befallen.« Dobbs gab der KI einen Datavis-Befehl und aktivierte einen gerichteten Suppressor-Algorithmus. Das Feuer verschwand zusammen mit den Menschen. »Ganz ruhig, Gerald«, sagte er. »Es ist vorbei. Alles ist vorbei. Sie haben ihren Frieden gefunden.«
    Gerald wirbelte herum und funkelte ihn an. Sein Gesicht war eine Fratze aus Wut und Haß. »Ihren Frieden? Ihren Frieden? Sie dummer ahnungsloser Irrer! Sie werden niemals ihren Frieden finden! Niemand von uns wird jemals seinen Frieden finden! Fragen Sie mich! Fragen Sie mich doch, Sie Arschloch! Fragen Sie nur weiter! Sie wollen wissen, was passiert ist? Das, das ist passiert!«
    Plötzlich verschwand das Tageslicht, wich dem fahlen Schein Rennisons, dem inneren Mond Lalondes. Er beleuchtete ein weiteres Blockhaus, diesmal das der Familie Nicholls, Geralds Nachbarn.
    Mutter, Vater und Sohn waren zusammen mit Gerald gefesselt und in das Gatter für die Haustiere geworfen worden.
    Ein Kreis dunkler Gestalten umringte das einsame Gehöft, verzerrte menschliche Gestalten, einige davon furchterregend entstellt.
    »Mein Gott!« murmelte Dobbs. Zwei der Gestalten zerrten eine sich wehrende, verzweifelt kreischende junge Frau in das Blockhaus.
    Gerald stieß ein irres Lachen aus. »Gott? Gott sagen Sie? Es gibt keinen verdammten Gott!«
     
    Nach fast fünf Stunden ungestörter, ereignisloser Fahrt war Carmitha immer noch nicht davon überzeugt, daß es richtig war, nach Bytham zu gehen. Alles in ihr schrie, nach Holbeach zu fliehen und sich in den Schutz ihrer eigenen Leute zu begeben, sie wie einen Wall zwischen sich und der Nemesis zu bringen, die das Land heimsuchte. Genau wie alles in ihr allein durch Titreanos Anwesenheit unruhig wurde, obgleich nichts mehr in ihren Weg gekommen war, seit er sie begleitete. Genau wie es die jüngere Kavanagh-Tochter gesagt hatte. Mehrere Male hatte er sie auf einen Weiler oder ein abseits liegendes Gehöft hingewiesen, in dem Leute von seiner Art lauerten.
    Unentschlossenheit war ein heimtückischer Fluch.
    Wenigstens hatte sie inzwischen kaum noch Zweifel, daß er in der Tat war, was er zu sein vorgab. Ein alter irdischer Aristokrat, der in den Körper eines Norfolker Tagelöhners gefahren war.
    Sie hatten viel geredet im Verlauf der letzten fünf Stunden. Je mehr sie gehört hatte, desto überzeugter war sie gewesen. Titreano wußte so viele Einzelheiten. Trotzdem blieb eine kleine Unwahrheit, und genau das machte ihr Sorgen.
    Nachdem Titreano zur Freude der fasziniert lauschenden Schwestern von seinem früheren Leben erzählt hatte, war er im Gegenzug neugierig gewesen, mehr über Norfolk zu erfahren. Und das war der Zeitpunkt gewesen, an dem Carmitha nach und nach die Geduld mit ihren Begleitern verloren hatte. Genevieve war gerade noch zu ertragen, die Welt durch die Augen eines zwölf

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