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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Gerald ernährte seine Familie, liebte und beschützte sie. Sie erwiderten seine Gefühle, er konnte es in ihren Augen und ihren verehrenden Blicken sehen. Daddy war der König.
    Daddy sang seinen Kindern Wiegenlieder. Es war wichtig, daß er sie in den Schlaf sang – wenn er aufhörte, würden die Kobolde und Ghouls aus der Dunkelheit kommen und die Kinder mitnehmen …
    Zwei Männer marschierten in den Raum und nahmen schweigend auf dem Sofa gegenüber Gerald Platz. Er runzelte die Stirn, außerstande, sich an ihre Namen zu erinnern, und überlegte angestrengt, weswegen sie in sein Heim eingedrungen sein könnten.
    Eingedrungen …
    Die Pyramide erbebte, als wäre ein kleineres Erdbeben im Gange, und die Farben verwischten sich. Dann erstarrte der Raum, seine Frau, seine Kinder – alles wurde bewegungslos und verlor jede Wärme.
    »Es ist alles gut, Gerald«, sagte der eine der beiden Männer. »Niemand dringt in dein Heim ein. Niemand wird dir etwas tun.«
    Gerald umklammerte die kleine reglose Marie. »Wer sind Sie?«
    »Ich bin Dr. Riley Dobbs, ein Neuro-Experte, und das dort ist mein Kollege Harry Earnshaw, Neurosystemtechniker. Wir wollen Ihnen helfen, Gerald.«
    »Dann lassen Sie mich singen!« kreischte Gerald. »Lassen Sie mich singen, sonst kriegen sie uns! Sie werden uns alle kriegen! Wir werden in den Schlund der Erde gerissen! Keiner von uns wird jemals das Tageslicht wiedersehen!«
    »Es wird immer ein Tageslicht geben, Gerald«, sagte Dr. Dobbs. »Glauben Sie mir, ich verspreche es.« Er unterbrach sich und übermittelte der KI einen Datavis-Befehl.
    Draußen vor der Arkologie brach die Dämmerung an. Eine saubere Dämmerung von der Art, wie es sie auf der Erde seit Jahrhunderten nicht mehr gegeben hatte, mit einer riesigen, rotgoldenen Sonne, die ihre Strahlen über eine schmutzige Landschaft warf. Sie schien direkt in das Appartement, warm und kraftvoll.
    Gerald seufzte wie ein kleines Kind und streckte die Hände nach der Sonne aus. »Sie ist so wunderschön!« flüsterte er.
    »Sie entspannen sich, Gerald. Das ist gut so. Wir brauchen Sie entspannt, und ich würde es vorziehen, wenn Sie diesen Zustand aus sich heraus erreichen. Tranquilizer dämpfen Ihre Reaktionen, und wir möchten, daß Sie einen klaren Kopf haben.«
    »Was meinen Sie damit?« fragte Gerald mißtrauisch.
    »Wo sind Sie, Gerald?«
    »Zu Hause.«
    »Nein, Gerald. Das ist lange her. Nur ein Zufluchtsort, weiter nichts, eine Flucht Ihrer Psyche in die Vergangenheit. Sie haben sie erschaffen, weil Ihnen etwas Schreckliches widerfahren ist.«
    »Nein, das stimmt nicht! Mir ist überhaupt nichts Schreckliches widerfahren! Gehen Sie! Gehen Sie weg!«
    »Ich kann nicht weggehen, Gerald. Es ist für sehr viele Leute wichtig, daß ich bleibe. Vielleicht können Sie helfen, einen ganzen Planeten zu retten, Gerald.«
    Gerald Skibbow schüttelte den Kopf. »Ich kann Ihnen nicht helfen. Gehen Sie weg!«
    »Wir gehen nicht, Gerald. Und Sie können nicht vor uns weglaufen. Das hier ist kein physischer Ort, Gerald, das ist Ihr Verstand.«
    »Nein, nein, nein!«
    »Es tut mir leid, Gerald. Es tut mir wirklich leid, aber ich kann nicht eher gehen, als bis Sie mir gezeigt haben, was ich sehen will.«
    »Gehen Sie weg! Ich will singen.« Gerald fing wieder an, seine Schlaflieder zu summen. Dann verwandelte sich seine Kehle in Stein und blockierte die Musik in seinem Innern. Heiße Tränen rannen über seine Wangen.
    »Schluß mit dem Singen, Gerald«, sagte Harry Earnshaw. »Jetzt spielen wir ein anderes Spiel. Dr. Dobbs und ich werden Ihnen ein paar Fragen stellen. Wir wollen wissen, was auf Lalonde mit Ihnen geschehen ist …«
    Das Appartement explodierte und wich einem blendenden, irisierenden Wirbel aus Licht. Jeder Sensorkanal in Gerald Skibbows Gehirn klirrte von der massiven Überladung.
    Riley Dobbs schüttelte sich verwirrt, als der Prozessorblock die direkte Verbindung zu Skibbow unterbrach. Im Sitz neben ihm war Harry Earnshaw ebenfalls erschrocken zusammengezuckt.
    »Mist!« brummte Dobbs. Durch das Glaspaneel konnte er sehen, wie sich Skibbows Körper unter dem Netz aufbäumte. Hastig befahl er dem Kontrollprozessor per Datavis, Skibbow ein Beruhigungsmittel zu verabreichen.
    Earnshaw untersuchte die Kurve der neuronalen Aktivitäten in Skibbows Gehirn und den gewaltigen Ansturm elektrischer Impulse bei der Erwähnung Lalondes. »Das ist ein verdammt tief sitzendes Trauma, mein Gott! Die Assoziationen sind mit fast jedem neuronalen

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