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Seelenglanz

Seelenglanz

Titel: Seelenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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nah.
    Und während sie in sein Gesicht sah, fragte sie sich, wie sie je hatte glauben können, Kyriel sei wie dieses Monster. Kyriel mochte einst ein Gefallener gewesen sein, weiter reichten seine Gemeinsamkeiten mit Shandraziel jedoch nicht.
    Jules fürchtete, der Gefallene würde sie aus bloßer Wut töten, weil sie sich ihm widersetzt und zu fliehen versucht hatte. Stattdessen zerrte er sie zum Waschtisch.
    Ohne sie freizugeben, verschloss er mit der freien Handden Waschbeckenabfluss und öffnete den Wasserhahn. Sobald das Wasser zu fließen begann, schob er Jules vor sich und drängte sie mit seinem Körper an den Waschtisch.
    Er wartete, bis das Becken zur Hälfte gefüllt war, dann stellte er das Wasser ab. »Sieh hinein!«
    Als Jules nicht gleich reagierte, verstärkte er seinen Griff und drückte ihren Kopf nach unten, bis ihr Blick auf das Wasser gerichtet war. Mit der anderen Hand strich er über die Wasseroberfläche und murmelte ein paar Worte in einer Sprache, die so fremdartig klang, dass Jules sich fragte, ob sie überhaupt irgendwo auf der Erde gesprochen wurde oder jemals gesprochen worden war.
    Seine Handfläche lag ausgebreitet über dem Wasser, doch seine Finger wirkten eigenartig verkrampft, als hielte er etwas in seiner Hand verborgen. Jules versuchte einen Blick darauf zu erhaschen und glaubte einen kleinen silbernen Kristall zu erkennen, der sich in seine Handfläche schmiegte. Das musste Luzifers Gimmick sein, von dem Shandraziel gesprochen hatte. Sie glaubte eine Energie zu spüren, die in Form eines Knisterns von seiner Haut aufstieg. Schlagartig beruhigte sich die Wasseroberfläche. Das weiße Porzellan des Beckens verschwamm und machte dem Anblick einer Höhle Platz, die von silbern schimmernden Kristallen im schwarzen Fels erleuchtet wurde, ähnlich dem in Shandraziels Hand. Die Luft flimmerte von der Hitze der glühenden Lava, die sich ihren Weg in zähen Strömen über die schroffen Felswände bahnte. Eine weitere Bewegung von Shandraziels Hand veränderte die Ansicht. Das Bild schwenkte von den zerklüfteten Wänden auf einen anderen Punkt der Höhle. Einen Punkt, an dem Luzifer und Kyriel standen und miteinander sprachen. Jules konnte die Worte nicht hören, überhaupt keine Geräusche, alles, was sie hatte und woran sie sich klammern konnte, war das Bild von Kyriel.Seine Miene war ernst und undurchdringlich. Lediglich ein winziger Funken, den sie in seinen Augen zu erkennen glaubte, zeigte ihr seine Anspannung. Er war in Gefahr und er wusste es.
    Als wollte Luzifer sie in ihrer Erkenntnis bestätigen, hob er plötzlich den Arm. Ihn trennte noch immer ein guter Meter, wenn er Kyriel berühren wollte, zu Jules’ Entsetzen jedoch griff sich Kyriel an die Kehle. Im nächsten Moment verloren seine Beine den Bodenkontakt und er wurde in die Luft gehoben. Ohne die geringste Berührung! Er bewegte die Lippen, aber Jules konnte noch immer nichts hören. Sie glaubte, einzelne Worte von seinen Lippen ablesen zu können. Verräter war eines davon.
    Kyriels Gesicht begann sich zu verfärben, wurde erst bleich, dann rot, ehe seine Haut einen bläulichen Farbton annahm. Er rührte sich nicht, kämpfte nicht gegen den unsichtbaren Griff an, der seine Kehle umklammert hielt. Der einzige Kampf, den Jules sah, fand in seinen Augen statt. Da begriff sie, dass er es versuchte, doch wie es schien, hatte Luzifers Griff ihn gelähmt.
    O mein Gott! Er wird ihn umbringen!
    »Du kannst ihn retten«, sagte Shandraziel dicht an ihrem Ohr. »Schließ einen Pakt mit mir, und ich bringe den Morgenstern dazu, ihn zu verschonen.«
    Einen Pakt.
    Ihre Seele.
    Sie hatte gedacht, dass sie das niemals tun würde, nicht nachdem Kyriel ihr erklärt hatte, wie es sein würde, und nachdem sie gesehen hatte, was mit Amber geschehen war. Ihn jedoch im Griff dieses Teufels – DES Teufels – zu sehen und zu wissen, dass sie die Einzige war, die ihn jetzt noch retten konnte – wie könnte sie es nicht tun?
    Aber was, wenn die Bilder eine Lüge waren?
    Als könne er ihre Gedanken lesen, sagte Shandraziel: »Wenn du mir nicht glaubst, kannst du es ja drauf ankommen lassen. Wenn du recht hast, wird nichts passieren. Irrst du dich aber, ist dein dunkler Engel verloren.«
    Endlose Sekunden verstrichen, in denen Jules auf Kyriels Abbild im Wasser starrte. Das vertraute Gesicht, der Schmerz in seinen Augen. Und das Leben darin. Ohne sich zu Shandraziel umzudrehen, nickte sie.

29
    Ich hing in Luzifers verdammtem Klammergriff,

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