Seelenglanz
machte und sie auslöschte, wo immer sie sie fanden, war unserer Sache auch nicht gerade zuträglich gewesen. Japhael hatte nicht zu dieser Gruppe gehört, doch auch er hatte gegen die Bedrohung durch die Nephilim angekämpft, wenn auch auf andere Weise. Statt sie zu töten, hatte er sie aufgespürt und in einer Höhle zusammengetrieben. Angeblich, um sie vor ihren Feinden zu verstecken. Gleichzeitig hatte er sie auf diese Weise von der Welt ferngehalten und unter Kontrolle gehabt. Sie waren in Sicherheit gewesen, das stimmte, aber sie waren auch Gefangene, die nicht länger über ihr eigenes Leben bestimmen konnten.
»Diese Prophezeiung«, sagte ich, »machte vielen Angst. Wenn die Riesen befreit würden, wären sie vermutlich stinksauer und würden gegen den Hirten und die himmlischen Heerscharen ins Feld ziehen. Deshalb wollten einige Engel unbedingt verhindern, dass das geschieht.«
Dass es uns dennoch gelungen war, eine Nephilim zu finden, die mächtig genug war, uns ans Ziel zu bringen, und dass wir es geschafft hatten, sie lebend in die Höhlen zu kriegen, in denen ihre Urahnen im Stein warteten, war nicht zuletzt mein Verdienst gewesen.
Trotzdem waren die Dinge anders gekommen als geplant. Natürlich hatte es nicht lange gedauert, bis auch die Krieger der himmlischen Heerscharen auftauchten und es zum Kampf kam. Während wir kämpften und ich mir alle Mühe gab, die Nephilim vor den angreifenden Engeln zu schützen, war es ihr nicht nur gelungen, die Riesen zu befreien, sie hatte es auch geschafft, ihre Gemüter zu besänftigen undsie dazu zu bewegen, dem Hirten zu verzeihen, der sie zum Schutz der Menschheit vernichten wollte. Letztlich haben sie vergeben und erfuhren Vergebung. Blablabla. Friede, Freude, Eierkuchen. Und Luzifers Pläne waren mal wieder für die Katz gewesen.
Als es nichts mehr zu gewinnen gab, zogen sich Luzifers Krieger aus dem Kampf zurück und machten sich aus dem Staub. Nur ich war geblieben, als Einziger inmitten meiner Feinde – ausgestattet mit einem speziellen Auftrag, den Luzifer mir bereits vor dem Gefecht gegeben hatte: Ich hatte den Befehl, die Seiten zu wechseln, falls sich abzeichnen sollte, dass für uns nichts mehr zu holen war.
»Sieh zu, dass sie dich nach Oben schicken«, hatte er mich angewiesen, »wo du mir als Auge und Ohr dienlich sein kannst!«
Sobald ich erkannt hatte, dass sich das Schicksal gegen uns wendete, hatte ich mich auf die Seite der Engel geschlagen und sie im Kampf gegen meine eigenen Verbündeten unterstützt. Ein Vorgehen, das auch dem Erzengel Uriel nicht entgangen war, weshalb er mich am Ende belohnte, indem er mir meine Flügel zurückgab, die mir vor Jahrtausenden ausgerissen worden waren. Statt mich jedoch nach Oben zu berufen, hatte Uriel mich zum Schutzengel ernannt.
Und Oben war noch immer verdammt weit entfernt.
Wenn ich nur an das goldene Licht dachte, in dem die Riesen in den Himmel aufgestiegen waren, könnte ich selbst jetzt, Monate danach, noch kotzen. Dem mordenden Pack wurde nicht nur mal eben verziehen, es wurde auch gleich nach Oben beordert, während sie mich hier unten versauern ließen. Entschlossen, mich nicht wieder darüber aufzuregen, schob ich den Gedanken beiseite. Immerhin war ich schon mal suspendiert, der erste Schritt also getan.
Für Jules war der Sieg des Himmels in diesem Fall vonVorteil, denn sie musste als Nephilim nicht mehr um ihr Leben fürchten.
Was ich Jules von den Nephilim, der Prophezeiung und von der Befreiung der Riesen erzählte, war eine Version, in der ich nichts mit Luzifer zu tun und natürlich auf der Seite der Engel gestanden hatte.
Während ich redete und redete, schaffte Jules es tatsächlich, keine Fragen zu stellen. Lediglich ihre starre Miene und ihre Finger, die sich so fest um den Kaffeebecher klammerten, dass ich beinahe erwartete, sie würde ihn zerbrechen, deuteten an, was in ihr vorging. Erst als ich von der Befreiung der Nephilim berichtete und von der Tatsache, dass sie nicht länger auf der Roten Liste der bedrohten Arten standen, entspannte sie sich wieder ein wenig.
»Seit die Grigori ihre Finger nicht von den Menschen lassen konnten, ist es uns Engeln«, – um ein Haar hätte ich den Engeln gesagt –, »verboten, uns mit Menschen einzulassen. Die meisten haben aus der Geschichte mit den Riesen gelernt, trotzdem gibt es immer wieder ein paar, die ihre Triebe … die nicht widerstehen können. Dein Vater hat etwas Verbotenes getan, als er sich mit deiner Mutter einließ.
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