Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenglanz

Seelenglanz

Titel: Seelenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
Vom Netzwerk:
Selbstbeherrschung zu verdanken, dass ich nicht in Gelächter ausbrach. Die Vorstellung, nicht nur einen Spion der Gefallenen unter den Schutzengeln zu haben, sondern auch noch eine Nephilim, die vor ein paar Stunden beinahe ihre Seele verkauft hätte, war einfach zu komisch. Akashiel sollte sich die Leute wirklich genauer ansehen, mit denen er sich abgab.
    »Nein, nicht als Schutzengel«, sagte er kopfschüttelnd. »Dazu fehlen dir die nötigen Fähigkeiten. Allerdings brauchen wir immer Hilfe bei administrativen Aufgaben, jemanden, der die Berichte schreibt, uns über neue Aufträge informiert, das Büro managt.«
    »Kaffee kocht«, fügte ich hinzu.
    Akashiel schoss mich mit einem finsteren Blick ab. »Danke, Kyriel. Du bist wie immer sehr hilfreich.«
    Jules schwieg, und wieder einmal konnte ich sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete. »Ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll«, sagte sie schließlich. »Ich muss … Ich habe einen Job und gehe zur Abendschule, um meinen Schulabschluss nachzuholen.«
    Und du musst dich um deine Mutter kümmern , fügte ich in Gedanken hinzu. Es sah ganz danach aus, als hätte sie noch mehr Verantwortung zu tragen, als ich anfangs angenommen hatte. Kein Wunder, dass sie versucht gewesen war, ihreSeele zu verkaufen, um zumindest einen Teil der Last von den Schultern zu bekommen.
    »Das ist dann nicht mehr nötig. Wir wären dein Job«, erklärte Akashiel, griff nach Rachels Kakaotasse und nahm einen Schluck. »Du würdest genug Geld verdienen, um deinen Lebensunterhalt zu bestreiten, und den Schulabschluss brauchst du auch nicht mehr.«
    »Was, wenn ich nicht für euch arbeiten möchte? Oder wenn ich den Job annehme, ihn aber eines Tages nicht mehr will? Würdet ihr mich dann eliminieren?«
    Akashiel verschluckte sich beinahe. Es hätte nicht viel gefehlt und der Kakao wäre ihm zu den Nasenlöchern wieder herausgekommen. »Wir sind nicht die Mafia.«
    Er wollte mehr sagen, hatte aber noch mit dem Kakao zu kämpfen, der ihn husten ließ, weshalb ich ihm zuvorkam. »Wenn du den Job nicht willst, werden wir deine Erinnerungen an uns löschen«, sagte ich. »Du wirst nichts mehr über die Existenz von Engeln oder Nephilim wissen und auch nicht, dass du kein normaler Mensch bist.«
    »Ich würde alles vergessen? Auch dich?«
    Ich nickte. »Es wäre, als seien wir uns nie begegnet.«
    Zu meiner Überraschung schien sie das nicht zu freuen.
    Ehe ich über ihre Reaktion nachdenken konnte, fuhr ich fort: »Dein Leben wird weiter in den gewohnten Bahnen verlaufen, bis du eines Tages stirbst und als Nephilim wiedergeboren wirst. Dann würdest du erneut vor diese Entscheidung gestellt werden. Lehnst du noch einmal ab, könntest du nach Oben gehen und dort dein weiteres Leben verbringen.«
    Jules runzelte die Stirn. »Nach Oben?«
    Ich deutete mit dem Daumen in Richtung der Decke. »Himmel.«
    »Kann ich … eine Weile darüber nachdenken?«
    »Wir brauchen deine Entscheidung sofort«, sagte Akashiel. Bevor du überall herumtratschen kannst, dass du Engeln begegnet und selbst ein halbes Geflügel bist , ergänzte sein Blick. So viel zu seinem grenzenlosen Vertrauen. Er vertraute ihr nicht weiter als mir – und das war nicht sonderlich weit.
    »Was soll schon passieren?«, gab ich zu bedenken. »Sie hat doch selbst gesagt, dass sie niemandem etwas erzählen wird. Abgesehen davon vertrauen wir ihr doch!«
    Und wenn alle Stricke rissen, konnten wir immer noch ihre Erinnerungen an uns löschen und die aller Leute, mit denen sie über uns gesprochen hatte. Ein wenig mehr Aufwand, aber die bloße Möglichkeit, Akashiel zu ärgern, war mir das wert.
    Schließlich nickte er. »Also gut. Du hast drei Tage, dann will ich eine Entscheidung.« Er wandte sich an mich. »Bring sie nach Hause.«
    Ich ersparte mir den Kommentar, dass ich kein Taxiunternehmen war, und hielt Jules die Hand entgegen. Als sie sie ergriff und an meine Seite trat, legte ich ihr meinen Arm um die Taille. Zum ersten Mal erstarrte sie nicht, als ich sie berührte. Ein letztes Nicken zum Abschied, dann versetzte ich mich mit Jules zurück in ihr Zimmer.
    Sie löste sich aus meinem Griff und sah sich um, als befände sie sich nicht in ihren gewohnten vier Wänden, sondern innerhalb der Pappkulisse eines Fernsehstudios. »Wow«, flüsterte sie. »Wie funktioniert das? Werde ich das auch können, wenn ich … eine Nephilim bin?«
    Ich hätte schwören können, sie wollte sagen: Wenn ich tot bin. »Keine Ahnung«, sagte ich.

Weitere Kostenlose Bücher