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Seelenglanz

Seelenglanz

Titel: Seelenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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»Nephilim haben verschiedene Fähigkeiten, manche gleichen den unseren, auch wenn sie häufig nur ein schwächeres Abbild sind, aber es lässt sich nicht sagen, wer später über welche Gaben verfügen wird. Nimm zum Beispiel Rachel, soweit ich weiß, kann sie nur Sachen durch die Luft schweben lassen.« Wenn ichmich nicht irrte, war sie außerdem imstande, in Gedanken mit Akashiel zu kommunizieren. Zumindest erwischte ich ihn gelegentlich mit abwesendem Blick bei der Arbeit und wurde den Verdacht nicht los, dass er gerade anderweitig beschäftigt war.
    »Das ist nichts Weltbewegendes, oder?«
    Ich zuckte die Schultern. »Sie kann einen mit Gegenständen bewerfen, ohne sie zu berühren.«
    Es war das zweite Mal, dass ich Jules lächeln sah – den hysterischen Lachanfall nicht mitgerechnet, den sie in Bernies Laden bekommen hatte –, aber zum ersten Mal wirkte sie wirklich amüsiert. Immerhin schien mein Sarkasmus nicht vollkommen an sie verschwendet zu sein. Nicht dass das in irgendeiner Form von Bedeutung gewesen wäre.
    »Und wie funktioniert diese Versetzungsgeschichte nun?«
    »Ich kann mich an jeden beliebigen Ort versetzen, an dem ich schon einmal gewesen bin«, erklärte ich. »Ich muss mich nur darauf konzentrieren.«
    Geistesabwesend fuhr sie sich immer wieder mit den Fingern über den Handrücken. Sie schien nach einer Frage zu suchen, doch das war nicht nötig, ich wusste auch so, was sie wissen wollte.
    »Und ich kann Menschen folgen, die ich schon einmal berührt habe.«
    »Deshalb bist du im Park aufgetaucht. Du bist mir gefolgt.« Sie sah auf. »Aber du hattest mich vorher nicht berührt.«
    »Nein, aber Akashiel.«
    »Ich hatte recht, ich bin ihm schon einmal begegnet.«
    »Er hat gleichzeitig mit dir nach einem heruntergefallenen Lappen gegriffen und dich dabei flüchtig berührt«, bestätigte ich ihre Vermutung. »Auf diese Weise ist es uns möglich, uns die Signatur eines Menschen einzuprägen. Dasist eine Art geistiger Fingerabdruck, der für jeden Menschen einzigartig ist. Ihm können wir folgen und …«
    »Mich jederzeit aufspüren!«
    Ich nickte.
    »Das erklärt, warum er es kann, aber nicht, warum du es kannst.«
    »Es war meine Aufgabe, dich zu finden und dir alles zu erklären. Damit ich dich aufspüren kann, hat er mir deine Signatur übermittelt.«
    Die Vorstellung, mit einer Art unsichtbarem Peilsender versehen zu sein, schien ihr nicht sonderlich zu gefallen. Der kämpferische Glanz, den ich schon zuvor in ihren Augen gesehen hatte, kehrte zurück. Das Kinn entschlossen nach vorne gereckt, die Haltung aufrecht, stand sie vor mir, und während ich sie so ansah, geschah etwas mit mir. Etwas, was ich zuvor noch nie erlebt hatte. Was ich empfand, lässt sich nur schwer in Worte fassen, es hatte nichts mit Geigen, Schmetterlingen oder Rosa-Wölkchen-Kram zu tun. Am ehesten war es wohl der Wunsch, ihr zu helfen. Etwas, was nicht gerade typisch für mich war und was ich im Leben nicht zugegeben hätte.
    Ich räusperte mich und wandte mich der Kommode mit dem Käfig zu. »Lass mich mal einen Blick auf deine Monsterratten werfen.«
    Von den Viechern war nichts zu sehen. Erst als ich mit dem Finger gegen das Gitter schnipste, rührte sich etwas. Ich glaubte ein Schnüffeln zu hören, gefolgt von einem leisen Fiepen und undeutlichen Worten, die ich jedoch nicht entschlüsseln konnte, weil in diesem Augenblick Jules neben mich trat und ihr Arm den meinen streifte. Für gewöhnlich war ich nicht so leicht aus meiner Konzentration zu reißen, es überraschte mich jedoch, dass sie mir freiwillig so nah kam. Die Ratten waren ihr sichtlich wichtig.
    »Was sagen sie?«
    »Ehe ich die beiden etwas fragen konnte, wurde ich von jemandem gestört, der wissen will, was sie sagen.«
    »Oh.« Sie machte eine Geste, als wollte sie ihren Mund mit einem unsichtbaren Schlüssel verschließen, und nickte mir auffordernd zu.
    Ich sag dir, da draußen ist wer, Jekyll , hörte ich eine der Ratten mit schwerer Zunge sagen.
    Doktor Jekyll , lallte die andere und steckte ihren weißen Kopf aus dem Schlafhäuschen. So viel Zeit muss sein. Immerhin habe ich einen akademischen Hintergrund. Kaum waren die Worte gesprochen, kam der Doktor aus seinem Versteck und wankte zur Tränke.
    Du bist eine Laborratte , rief ihm der andere hinterher, der dann wohl nur Hyde sein konnte, und folgte seinem Kumpel mit tapsigen Schritten nach draußen.
    Und du bist ein Vieh von der Straße, Hyde. Du bist nur neidisch. Den Worten folgte ein

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