Seelenglanz
genug, um Gegenmaßnahmen zu ergreifen.«
Er hatte recht. Warum war mir das nicht schon vorher aufgefallen? Wegen ein paar toter Schutzengel würde Oben niemand in Panik verfallen, zumindest nicht, solange sich die Verluste in Grenzen hielten. Im schlimmsten Fall würde es im Gegenzug ein paar tote Gefallene geben, sofern sich die Schutzengel selbst zu einem Gegenangriff entschlossen. Da ihre Reihen jedoch ohnehin zu dünn besetzt waren und sie sich keine weiteren Verluste erlauben konnten, würden sie wahrscheinlich auf jegliche Form von Vergeltung verzichten. Shandraziel hatte sich das alles gut überlegt. Blieben nur noch die Fragen offen, woher er von dem Treffen wusste und warum er den Angriff nicht persönlich geführt hatte. Man mochte ihm vieles nachsagen können, aber ein Feigling war er nicht.
»Wir haben jetzt eine Erklärung dafür, warum die Gefallenen angegriffen haben könnten«, sagte Akashiel schließlich. »Was uns aber immer noch fehlt, ist die Quelle, die ihnen Ort und Zeit gesteckt hat.«
»Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass einer der Anwesenden seine Signatur offen gehalten hat, um ihnenden Weg zu zeigen.« Wenn Shandraziel über die Zeit des Treffens informiert war, hätte er seinen Trupp in aller Ruhe zusammenstellen können. Die Krieger hätten dann nur noch einer offenen Signatur folgen müssen, um uns zu finden.
»Japhael und ich haben unsere Differenzen«, sagte Akashiel, »aber ich weigere mich zu glauben, dass er das getan haben könnte. Einer der toten Engel wird es wohl auch nicht gewesen sein.«
»Bleibe nur ich, oder was willst du damit sagen?« Es hätte mich nicht überraschen sollen, dass er mir trotz allem nicht vertraute. Zu meinem Erstaunen traf es mich dennoch. Ich war so aufgebracht, dass es mich nicht länger auf der Couch hielt. Wütend sprang ich auf. »Denkst du, ich wäre jetzt hier, um dir das alles zu erzählen, wenn ich es getan hätte? Hast du vergessen, dass die Typen mir ans Bein pissen wollen? Oder glaubst du allen Ernstes, ich hätte mir diese Rachegeschichte nur ausgedacht und will in Wahrheit nichts anderes, als euch Schutzengel einen nach dem anderen abzumurksen? Benutz deinen Verstand, Akashiel!«
»Nur du und ein Zeuge sind noch am Leben«, überlegte Akashiel laut. »Das ist in der Tat auffällig.«
Er sah mich so lange an, bis ich sein Schweigen nicht mehr aushielt. Ich baute mich vor seinem Schreibtisch auf. Die Handflächen auf die Tischplatte gestützt beugte ich mich zu ihm hinüber. »Aber du traust mir zu, dass ich so etwas einfädeln könnte«, sagte ich. »Drei Schutzengel erledigen und mich dann als in die Falle gelocktes Opfer darstellen.«
»Es ist die Art von perfidem Plan, die durchaus deine Handschrift tragen könnte.«
Dummerweise hatte Akashiel damit recht. Zum ersten Mal ärgerte ich mich über den Ruf, den ich mir im Laufe der Jahrtausende erworben hatte. Wenn es darauf ankam,glaubte einem kein Schwein, dass man tatsächlich unschuldig war. Zumindest so unschuldig, wie jemand wie ich sein konnte.
»Ich werde mit Japhael sprechen.«
O ja, das würde sicher zu meiner Entlastung beitragen. Da konnte ich mich ebenso gut gleich auf eine Wolke stellen und warten, bis mich ein Blitz traf.
Plötzlich veränderte sich etwas in Akashiels Blick, er schien mich nicht mehr direkt anzusehen, sondern einen Punkt an meiner Schulter zu fixieren. Jede Nachdenklichkeit war aus seinen Zügen gewichen und hatte einer Anspannung Platz gemacht, die sich nun auch auf seine Haltung übertrug.
»Was ist jetzt wieder?«, fragte ich allmählich genervt. »Ist dir noch was eingefallen, warum ich doch der Schuldige sein muss?«
Akashiel sprang auf. Binnen einer Millisekunde glomm ein Flammenschwert in seiner Hand auf. Verflucht, wollte er mich umbringen? Als er den Arm mit der Waffe hob, warf ich mich zur Seite. Ich kam auf dem Boden auf, rollte herum und sprang sofort wieder auf die Beine, den Blick auf Akashiel gerichtet.
Aus dem Augenwinkel sah ich, dass wir nicht mehr allein im Raum waren. Akashiels Assistent war zurückgekehrt – mit einem großen Messer in seiner Hand, dessen Klinge noch immer auf die Stelle gerichtet war, an der ich mich vor einer Sekunde befunden hatte.
In den Augen des Nephilim war kein Leben, nur eine abgrundtiefe Leere.
Er hatte bereits zum Angriff angesetzt und konnte die Bewegung jetzt nicht mehr bremsen. Das Messer fuhr herab, die Spitze bohrte sich mit einem dumpfen Schlag in die Tischplatte.
»Nicht
Weitere Kostenlose Bücher