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Seelengrab (German Edition)

Seelengrab (German Edition)

Titel: Seelengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Buranaseda
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Die Musik plärrte jetzt fast in Zimmerlautstärke aus den Kopfhörermuscheln. Kein Wunder, dass der Typ zuerst nicht reagiert hatte.
    „Und mit wem haben wir das Vergnügen?“, wollte Hirschfeld wissen.
    „Leif Müller.“
    Klang wie ein drittklassiger Elektronikmarkt à la Cyber-Schmitz.
    „Wohnen Sie hier, Herr Müller?“, erkundigte sich Hirschfeld.
    „Ja, das heißt: nein. So gut wie.“
    „Geht es etwas präziser?“, wollte Kirchhoff wissen und versuchte, jeglichen Körperkontakt mit der Küche zu vermeiden, als wäre sie hochgradig toxisch. Nur seine Schuhsohlen berührten den Boden.
    „Ich bin der Freund von Tine.“
    Kirchhoff zog sein Notizbuch aus der Jacketttasche, klappte es auf und begann zu schreiben.
    „Tine … wer?“, brummte er und legte den Kopf schief.
    Die Musik aus den Kopfhörern wechselte gerade das Tempo.
    „Christine Gerstner.“
    „Frau Gerstner wohnt hier zur Miete und Sie sind Dauergast?“, schlussfolgerte Hirschfeld.
    „Ja, so könnte man es ausdrücken.“
    Der Kerl ließ sich jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen.
    „Wann haben Sie Susanne Bach das letzte Mal gesehen?“, kam Hirschfeld auf den Punkt.
    „Die Susi? Warten Sie, lassen Sie mich überlegen. Das muss so vor ein paar Tagen gewesen sein.“
    „Vor ein paar Tagen?“, hakte Hirschfeld nach.
    Laut Obduktionsbericht konnte das nicht der Fall sein. Es sei denn, Müller war der Letzte, der Susanne lebend gesehen hatte.
    „Nein, wenn ich länger darüber nachdenke, könnte es vor Karneval gewesen sein. Das Wochenende vor Weiberfastnacht, glaub ich.“
    Das klang schon anders.
    „Hat Frau Bach sich da ungewöhnlich verhalten?“
    „Nee, nicht dass ich wüsste. Susi war eigentlich so wie immer. Sie hatte die Nase voll von der WG und musste mal raus.“
    Das wunderte Hirschfeld nicht im Geringsten.
    „Hatte Frau Bach in letzter Zeit neue Bekanntschaften, ungewöhnliche Anrufe oder dergleichen?“, fragte Kirchhoff und machte sich weitere Notizen.
    „Nein, wie kommen Sie darauf?“
    Müller gehörte offensichtlich nicht zu der schnellen Truppe. Es sei denn, er wusste noch nichts von Susannes Verschwinden.
    „Susanne wurde heute von ihren Eltern als vermisst gemeldet“, klärte Hirschfeld ihn auf.
    „Nein, das ist nicht Ihr Ernst!“, entfuhr es ihm. Seine Überraschung wirkte echt.
    „Sie ist ermordet worden.“
    Müller setzte sich kerzengerade auf. In Bruchteilen von Sekunden verlor sein Gesicht jegliche Farbe.
    „Susi? Tot? Wer tut denn so etwas?“, stammelte er und blickte erst Hirschfeld und dann Kirchhoff fragend an.
    „Das versuchen wir herauszufinden.“
    „Ihr Leben hatte doch gerade erst angefangen“, sagte Leif Müller mehr zu sich selbst, ließ die Schultern hängen und sackte in sich zusammen. Die Nachricht von Susannes Tod schien ihn zu treffen.
    „Wo waren Sie am Mittwoch vor Weiberfastnacht?“
    Kirchhoff. Vom Türrahmen aus, in angemessenem Sicherheitsabstand zum Sofa.
    „Was wollen Sie denn damit andeuten?“, fragte Müller misstrauisch und blickte Kirchhoff unverwandt an.
    „Reine Routine“, beschwichtigte Hirschfeld. „Wir müssen Susannes letzte Schritte so genau wie möglich rekonstruieren.“
    Der Student zögerte einen Moment, dann antwortete er:
    „Gut, lassen Sie mich kurz nachdenken.“
    Der Mord an Susanne Bach lag nicht einmal eine Woche zurück. Hirschfeld wusste aus Erfahrung, dass die meisten Menschen sich nicht einmal daran erinnerten, was sie am Vortag zu Mittag gegessen hatten. Das Gedächtnis war ein Sieb. Und bei manchen Menschen waren die Löcher größer als bei anderen.
    „Tine und ich hatten Streit.“
    Müllers Gesicht erhellte sich, um sich im nächsten Augenblick gleich wieder zu verdüstern.
    Hirschfeld hatte den Eindruck, dass der Student jetzt auf der Hut war und jedes Wort abwog, als er weitersprach.
    „Ich meine, keinen von der hässlichen Sorte, Sie wissen schon …“
    Hirschfeld wusste nicht. Kirchhoff tippte mit der Kugelschreiberspitze ungeduldig auf seinen Notizblock und hatte offensichtlich auch keine Lust auf Ratespielchen:
    „Worum ging es in Ihrem Streit?“
    „An den Anlass kann ich mich kaum erinnern. Tine ist ab und an der Meinung, ich würde auf der Stelle treten, nichts beenden, was ich angefangen habe. So etwas in der Art.“
    Müller sprach von Antriebslosigkeit. Ein paar bewusstseinserweiternde Substanzen spielten da sicher auch eine Rolle. Hirschfeld hatte allerdings nicht vor, näher auf diesen Punkt einzugehen.
    „Ich

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