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Seelengrab (German Edition)

Seelengrab (German Edition)

Titel: Seelengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Buranaseda
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Türschildern.
    „Scheint eine größere WG zu sein“, stellte Hirschfeld fest, nachdem er auf die Klingel gedrückt hatte. „Ich habe sechs Namen gezählt.“
    „Plus Anhang, versteht sich“, fügte Kirchhoff hinzu.
    Hirschfeld fragte sich, mit welcher Behausung Kirchhoff in seiner Ausbildungszeit vorliebgenommen hatte. In einer WG mit langhaarigen Hippies konnte er sich seinen neuen Partner in jedem Fall nicht vorstellen.
    Gerade als Hirschfeld noch einmal klingeln wollte, summte der Türöffner. Er drückte die Haustür auf und trat, gefolgt von Kirchhoff, in den Flur, der mit einem abgetretenen braun gemusterten Linoleumboden ausgelegt war. Im Gang zum Hinterhof standen zwei Hollandräder, deren Rostflecken mit bunter Farbe übermalt worden waren. Es roch nach Putzmittel und Eintopf. Sie stiegen die alte Holztreppe hoch, deren Stufen unter jedem Schritt knarzten. Als sie im zweiten Stock angelangt waren, fanden sie eine der beiden Wohnungstüren angelehnt. Aus dem Inneren der Wohnung drang gedämpfte Musik. Jimi Hendrix, dem Gitarrensolo nach zu urteilen, tippte Hirschfeld.
    „Bereit für eine Zeitreise, Peter?“
    „Nach dir“, erwiderte Kirchhoff und ließ ihm den Vortritt.
    Hirschfeld stieß die Tür auf und fand sich in einem engen schummrigen Flur wieder. Unter der Decke schaukelte sanft eine Lampe mit Strohschirm, über die jemand ein orangefarbenes Batiktuch geworfen hatte. An der Garderobe hing über einem Haufen Mäntel und Taschen ein verfilztes, nikotingeschwängertes Bärenkostüm. An den Beinenden waren deutlich Spuren von Matsch zu erkennen. Ein trauriger Zeuge der letzten Karnevalssession, dachte Hirschfeld und klopfte an die erstbeste Zimmertür, da niemand sie in Empfang nahm. Kurz darauf tauchte im Türspalt ein verschlafenes Gesicht auf, das von einer wilden blonden Lockenmähne eingerahmt war. Der dazugehörige junge Mann war in Susannes Alter. Außer schwarz-weiß karierten Boxershorts, die um seine Beine schlotterten, hatte er nichts am Leib. Auf eine anzügliche Art und Weise war er nackt.
    „Ja?“, sagte der Lockenkopf und ließ ein herzhaftes Gähnen folgen.
    „Ich bin Kriminalhauptkommissar Hirschfeld und das ist mein Kollege Kriminalhauptkommissar Kirchhoff“, stellte Hirschfeld sie vor und zeigte Susannes Mitbewohner seine Kriminalmarke.
    Im Augenwinkel sah er, wie Kirchhoff seine Marke ebenfalls hochhielt.
    „Wie ist Ihr Name?“, erkundigte Hirschfeld sich.
    „Florian Richter“, antwortete er und kratzte sich am Hinterkopf. „Und was kann ich für Sie tun?“
    Offensichtlich hatte er nicht vor, die beiden Hauptkommissare in sein Zimmer zu bitten. Hirschfeld war sich sicher, dass Richter nicht allein war.
    „Ein T-Shirt und eine Jeans wären für den Anfang hilfreich“, sagte Kirchhoff humorlos.
    „Welches Gesetz in Deutschland schreibt mir vor, was für Klamotten ich zu Hause tragen soll?“, war Susannes Mitbewohner nicht gerade erfreut über Kirchhoffs Aufforderung.
    „Keines“, antwortete Hirschfeld, „aber wir haben ein paar Fragen zu Susanne Bach.“
    „Oh“, erwiderte Florian Richter und wurde ernst. Erst jetzt schien ihm die Bedeutung ihres Besuchs aufgegangen zu sein. „Bin gleich zurück. Warten Sie doch in der Küche, zweite Tür links.“
    Als Hirschfeld und Kirchhoff die geräumige Wohnküche betraten, verstärkte sich der Essensgeruch. Die Quelle in Form eines dampfenden Emailletopfes stand auf dem Herd. Neben einem Holztisch, unter dessen linken hinteren Bein mehrere Bierdeckel steckten, und ein paar zusammengewürfelten Stühlen verfügte die Küche über ein fleckiges braunes Cordsofa. Darauf fläzte sich ein schlaksiger, langhaariger Kerl in einem verwaschenen T-Shirt und einer weiten dunkelblauen Wickelhose. Er war älteren Semesters. Hirschfeld verbuchte ihn unter der Kategorie Langzeitstudent oder andere hoffnungslose Fälle. Mit geschlossenen Augen hörte er über Kopfhörer Musik. Er hatte seine Knie angezogen und das rechte Bein über das linke geschlagen. Seine Füße steckten in grauen Wollsocken und wippten im Takt. Kirchhoff räusperte sich. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen stand er nicht in der Küche einer alternativen WG, sondern im Vorhof zur Hölle.
    „Hallo, hören Sie mich?“, baute Hirschfeld sich vor dem Sofa auf, da der Typ immer noch nicht reagierte.
    Als Hirschfelds Schatten auf ihn fiel, öffnete er die Augen und riss sich die Kopfhörer von den Ohren.
    „Ja?“
    Diesmal übernahm Kirchhoff die Vorstellung.

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