Seelenkälte: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)
Drogengeschichte. Aber bisher gibt es leider noch keine Hinweise, dass er mit der Erpressung zu tun hatte – geschweige denn mit dem Mord. Ich hoffe, da geht es bald weiter. Aber das ist nicht das Einzige, warum hier im Augenblick völliges Chaos herrscht.«
Suna ahnte Schlimmes. »Noch ein Leichenfund?«, mutmaßte sie.
»Genau. Oder besser gesagt sogar zwei. Ein Richter im Ruhestand, Gerhard Kannhausen, und seine Frau. Die beiden sind in ihrem Haus erschossen worden. Der Täter hat sie gefesselt, ihnen den Mund mit Klebeband zugeklebt, sodass sie nicht um Hilfe schreien konnten, und ihnen in die Brust geschossen. Es sieht aus wie eine geplante Hinrichtung. Kein schöner Anblick, das kann ich dir sagen. Die Haushaltshilfe hat sie gefunden, als sie im Haus sauber machen wollte. Die Arme ist aus dem Haus gerannt und hat sich erst einmal die Seele aus dem Leib gekotzt. Ich bin gerade vor Ort. Sie ist immer noch ganz fertig. Sie sieht aus wie ein Gespenst, leichenblass und mit roten Augen.«
»Oh mein Gott«, murmelte Suna erschüttert. »Das gibt es doch nicht. Wir sind hier doch in Lübeck und nicht in New York oder Chicago, wo Mord und Totschlag an der Tagesordnung sind.«
Dann durchzuckte sie ein Gedanke.
»Meinst du, es gibt einen Zusammenhang zum Fall Baudelhoff?«
»Keine Ahnung. Die Ermittlungen stehen ja noch ganz am Anfang, genaugenommen haben sie eigentlich noch nicht einmal begonnen. Wir haben die Nachricht vom Fund der Toten gerade selbst erst bekommen und sind hingefahren. Noch gibt es absolut keinen Hinweis auf ein Motiv. Ein Einbruch war es jedenfalls nicht. Soweit wir das feststellen können, sind alle Wertsachen noch da. Aber ob der Richter oder seine Frau etwas mit Susanne Baudelhoff zu tun hatten, wird sich wohl erst in der nächsten Zeit zeigen, wenn die Polizei allen Verbindungen nachgeht.« Rebecca holte tief Luft. »Ich muss zugeben, allein bei der Vorstellung, dass hier ein Serientäter am Werk sein könnte, wird mir ganz schlecht.«
Suna überlegte kurz. »Erst wird eine Sozialarbeiterin ermordet, die im Gefängnis gearbeitet hat, und dann ein Richter. Für mich sieht das ganz danach aus, als wäre da jemand auf einem Rachefeldzug, oder?«
»Ja, das haben wir auch zuerst gedacht«, drang Rebeccas Stimme durchs Telefon, »aber Kannhausen war kein Strafrichter, sondern hat damals am Familiengericht gearbeitet. Wahrscheinlich hat er sich auch da nicht nur Freunde gemacht, aber er hatte zumindest nicht ständig mit Kriminellen zu tun. Allerdings hat seine Frau sich für einen Verein engagiert, der sich für die Wiedereingliederung ehemaliger Straftäter in die Gesellschaft einsetzt. Ich vermute, dass es eher da irgendwelche Verbindungen gibt.«
»Klingt nach einer Menge Arbeit, das alles auseinanderzuklamüsern«, kommentierte Suna nüchtern. »Ehrlich gesagt beneide ich euch nicht gerade darum, aber ich bin schon sehr neugierig, was dabei herauskommt. Bitte gib mir sofort Bescheid, wenn in dem Zusammenhang irgendwo der Name Saskia Christensen oder Saskia Vossen auftaucht, ja?«
Rebecca klang beinahe schon resigniert, als sie zurückgab: »Ist in Ordnung, aber halte du mich auch auf dem Laufenden, was deinen Fall angeht. Ich werde das Gefühl nicht los, dass alles miteinander zu tun hat. Ach ja, und wenn ich dazu komme, höre ich mich auch mal nach diesem Rüdiger Tenstaage um.«
Donnerstag, 21. März
»Das ist doch viel besser als zwei Stunden Mathe bei der beschissenen Schmidtke, oder?« Ole Jennsen stieß seinem Kumpel Janne den Ellbogen in die Rippen, um ihn zum Zustimmen zu bewegen. Mit dem Kopf wies er auf den unheilvoll wirkenden, klobigen Bau, der sich nur schemenhaft vom dunkelgrauen Morgenhimmel abhob.
Janne dagegen machte ein ziemlich unglückliches Gesicht. »Ich weiß nicht, Ole, sollen wir da wirklich reingehen? Ich finde das echt unheimlich. Da drin ist es bestimmt saudreckig. Und mein Bruder hat mir sogar erzählt, dass da drinnen schon mal einer gestorben sein soll, der da reingeklettert war. Der soll dann Wochen da gelegen haben, bis ihn jemand gefunden hat.«
»Genau.« Ole wedelte mit den Armen herum und heulte dabei wie ein Wolf bei Vollmond. Dann senkte er die Stimme. »Und da drinnen spuken die ganzen verlorenen Seelen herum, die sie zu Leberwurst und Hundefutter verarbeitet haben.«
Wütend stieß Janne ihm den Ellbogen in die Seite. »Ach, hör auf, ich finde das gar nicht lustig. Lass uns lieber ins Sportzentrum fahren und eine Runde Tischkicker
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