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Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless

Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless

Titel: Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
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dass ich mir das selber eingebrockt habe, sage ich bloß:
    »Dann gehen wir doch rein, Schätzchen. Ich denke, du bist alles, was diesem Club noch fehlt.«
    Einen Augenblick lang ist sie unentschlossen, dann hakt sie sich resolut bei mir unter, und wir schieben uns durch die Menge zum Eingang. Ich begrüße den Türsteher, und er fragt, während er mir die Tür aufhält:
    »Die Dame gehört zu Ihnen?«
    »Hmhm. Das ist meine Schwester.«
    »Ein hübsches Schwesterchen!«, kichert er grinsend.
    »Oh ja. Ein braves russisches Mädchen«, grinse ich zurück, und wir betreten den Club.
    »Haben Sie – hast du einen Tisch reserviert?«, fragt das Mädchen und sieht mir herzig in die Augen.
    »Sag mal, wie heißt du eigentlich?«
    »Anja, wieso?«
    »Du bist ziemlich dreist, Anja. Aber du hast ganz Recht. Anders kommt man in deinem Alter nicht weiter. Geh und such deine Freundin, und pass in Zukunft besser auf deine Clubkarte auf«, antworte ich müde.
    »Was habe ich denn Schlimmes gesagt?«, fragt sie und macht Kulleraugen.
    »Nichts, Anja, gar nichts. Geh und amüsier dich. Und bleib nicht zu lange auf dem Klo, davon altert die Haut.«
    »Ach, gibt es da was umsonst?«, kichert sie.

    »Anja«, sage ich und versuche dabei auszusehen wie der Dekan ihrer Fakultät, oder wie ihr früherer Klassenlehrer. »Rauchst du etwa? Oder nimmst du sogar Drogen?«
    »Woher wissen Sie das, mein Herr?«, lacht sie und schneidet alberne Grimassen.
    Ich drohe ihr mit dem Finger und sage lautlos:
    »Tschüss.«
    Sie antwortet:
    »Bis später! Wir sehen uns!« Sie überlegt einen Moment und ergänzt: »Danke, dass Sie mich mit reingenommen haben.«
    Dann verschwindet sie auf Nimmerwiedersehen. Zumindest hoffe ich das.
    Ich gehe in den Raum, in dem sich die Tanzfläche befindet. Dort stoße ich auf Jewgeni, einen Bekannten von mir, der als Creative Director bei einer großen Werbeagentur arbeitet. Wir umarmen uns, er sagt so was wie »lange nicht gesehen«, obwohl wir uns erst vor ein paar Wochen über den Weg gelaufen sind. Als ich gerade etwas antworten will, fragt er:
    »Hör mal, Alter, was ist eigentlich mit dem neuen Club? Dem von Sascha und Mischa? Wie man hört, hast du deine Finger da mit drin. Sollte nicht heute Eröffnung sein?«
    Diese Frage gibt mir den Rest. Ich würde ihm gern eine sarkastische Antwort geben, aber ich reiße mich zusammen und sage nur:
    »Die wurde eine Woche verschoben.«
    »Alles klar. Dann komme ich bei dir vorbei.«
    »Okay. Ich schicke dir nächste Woche die Clubkarte.«
    »Hör mal, du siehst ziemlich fertig aus. Viel Arbeit? Stress wegen der Eröffnung, was?«

    »Klar«, nicke ich. »Sag mal, ich brauch ein bisschen Schnee. Weißt du hier jemanden?«
    »Da an der Bar, das sind meine Leute, bei denen findest du Koks, mehr als ein Pferd fressen kann. Setz dich doch zu uns, was ist?«
    »Jewgeni, entschuldige, ich bin ziemlich durch den Wind. Ich möchte einfach bloß ein bisschen Stoff kaufen und abhauen. Entschuldige, Alter.«
    Jewgeni kratzt sich den Hinterkopf. »Na gut, warte hier, ich organisiere dir was.«
    »Danke. Wie viel schulde ich dir?«
    »Komm, lass stecken, Alter. Ich brauche zwei Minuten.«
    Kurz darauf ist er wieder da. Wir gehen nach unten zu den Toiletten und zwängen uns zusammen in eine der Kabinen wie ein ungeduldiges Männerpärchen.
    Eigentlich bin ich ja prinzipiell dagegen, Drogen und Alkohol zu mischen. Aber in meiner jetzigen Situation scheint es mir schlichtweg unumgänglich.
    Während Jewgeni den Umschlag aus der Tasche holt, fahre ich mit der Fingerspitze über das Glasregal neben der Kloschüssel und bemerke süffisant, dass sich mindestens vier minderjährige Partyhüpfer allein von den Überresten komplett zudröhnen könnten. Lachend entblößt Jewgeni zwei Reihen gerader weißer Zähne und legte den Umschlag auf das Regal. Mir fällt auf, dass er schon ziemlich high ist. Der Umschlag trägt den Stempel des Gesundheitsministeriums, was wir beide irre komisch finden. Ich hacke den Stoff mit meiner Kreditkarte, ziehe gerade Lines und suche dann in meiner Brieftasche nach einem grünen Hunderter. Dummerweise finde ich nur Rubel. Grinsend frage ich Jewgeni,
ob er es auch mit einem 500-Rubel-Schein macht. Er prustet los und antwortet, in unserer Lage müsste notfalls sogar ein Zehner reichen. Wir schnupfen. Jewgeni will den Umschlag wieder in die Tasche stecken, aber ich halte ihn zurück und bitte ihn um einen zweiten Durchgang.
    »He, Alter, du bist ja echt hart drauf.

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