Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless
soll es auch Wägelchen mit Spirituosen geben, die gleichen, wie sie an Bord von Flugzeugen verwendet werden. Hinter dem VIP-Raum befindet sich noch ein Séparée für ganz spezielle Gäste. Der Bartresen hat die Form einer Tragfläche, wie sich quasi von selbst versteht. Die Nutzfläche beträgt insgesamt 600 Quadratmeter. Einmal pro Woche soll ein DJ aus dem Westen eingeflogen werden. In der Economy läuft wie gesagt tagsüber ein Café, am Wochenende ist ›Volksdisko‹. Angebot und Preise liegen hier im mittleren Niveau, in der Business und der First Class natürlich über den Wolken. Versteht sich auch von selbst, oder? Die Lage des Clubs ist gut, Parkmöglichkeiten sind reichlich da. Ich denke, die volle Bude ist garantiert«, resümiert Sascha.
»Und heißen wird der Club dann Concorde, versteht sich quasi von selbst, oder?«, kichert Vadim.
»Heißen wird der Club Jet Lounge. Der Name steht fest, den ändern wir nicht, auch nicht für den allergrößten Investor«, entgegnet Sascha mit dem gleichen bösen Kichern.
Dann besichtigen wir die Räumlichkeiten, und Mischa erklärt mit Verve, wo sich die Garderobe, die Toiletten, die Küche und so weiter befinden sollen. Dabei tippt er ständig auf dem Plan herum, auf dem weder Vadim noch ich irgendetwas erkennen können. Während ich im ersten Raum zurückbleibe und versuche, die Anzahl der Sitzplätze zu überschlagen, gehen Vadim und Mischa weiter. Als ich im dritten Raum wieder zu ihnen aufschließe, sehe ich, wie Mischa Vadim eine offenbar sehr witzige Geschichte erzählt.
Gerade stellt er mit den Händen eine schwangere Frau dar, Vadim lacht laut auf und klopft Mischa auf die Schulter. An seinem Gesicht erkenne ich, dass auch er Mischas Charme längst verfallen ist. Sie plaudern und scherzen wie alte Freunde, und ich spüre sogar einen kleinen Stich der Eifersucht. Immerhin war ich es, der ihn mit Mischa bekanntgemacht hat. Aber im Grunde finde ich es wirklich super, dass sich alle von der ersten Minute an so gut verstanden haben. Es liegt so etwas wie Teamgeist in der Luft, glaube ich.
Sascha kommt von hinten und fragt:
»Es gibt hier ja auch noch einen Keller. Was haltet ihr davon, wenn wir da drin einen Edel-Puff für Oligarchen einrichten?« Mit gezierten Bewegungen holt er seine knallgrüne Gucci-Brille aus der Tasche, putzt sie mit einem weichen Läppchen und setzt sie auf.
»Geile Idee«, gebe ich zurück und recke den Daumen in die Höhe.
Wir gehen alle zurück in den ersten Raum.
»Wie wollt ihr das Geld haben? Bar?«, fragt Vadim.
»Bar, unbar, ganz egal«, antwortet Mischa.
»Und der Papierkram?«
»Den Gesellschaftsvertrag können wir in zwei, drei Tagen fertig haben«, meint Sascha.
»Also, Partner, was sagst du?«, wendet sich Vadim an mich. »Wie gefällt dir das?«
Das ist zwar eine rein rhetorische Frage, aber ich weiß, dass sie in diesem Moment unbedingt gestellt werden muss. Obwohl jeder von uns beiden seine Entscheidung schon längst gefällt hat, müssen wir das Spiel spielen, das der Augenblick erfordert.
»Und dir?«, frage ich.
»Wir können’s ja mal versuchen«, sagt Vadim und zündet sich scheinbar lässig eine Zigarette an.
»Also gut, dann steigen wir ein«, sage ich genauso betont lässig und durchwühle meine Taschen, um mir ebenfalls eine anzustecken.
Sascha und Mischa sehen uns an, wie gutmütige Eltern ihre unartigen Kinder ansehen, und mir ist der gekünstelte Dialog, den Vadim und ich mit idiotisch seriösen Gesichtern abziehen, auf einmal peinlich.
Mischa zieht eine Hermes-Reisetasche unter einem Sofa hervor und fingert eine Flasche Champagner Marke Dom Ruinart samt einer Schachtel mit sechs Riedel-Gläsern heraus.
»Wie wär’s mit einem Gläschen auf den freudigen Anlass?«, sagt er. »Unsere Lieferanten in spe haben uns passenderweise eine Probe samt Gläsern geschickt.«
Wie von Geisterhand tauchen später noch drei weitere Flaschen derselben Marke auf, wir sitzen volle zwei Stunden zusammen, trinken, plaudern und reißen Witze, und dabei lernen Vadim und ich auch Sascha ein wenig näher kennen. Bei all seiner äußerlichen Melancholie erweist er sich als ein Typ mit wunderbarem Humor und einem großen Rucksack voller schräger Stories. Ein Toast folgt dem nächsten, bis wir einander in den Armen liegen und uns wie die Geisteskranken gegenseitig Containerladungen Erfolg, Glück und Spaß wünschen. Und alle fühlen wir uns, als wären wir schon immer die dicksten Freunde gewesen. Schließlich,
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