Seelenkuss / Roman
Jahren zerstört. Ich bin außerstande zu tun, was meine Schwester getan hat.«
Ein seltsames Flackern leuchtete in seinen Augen auf. Hatte er das nicht gewusst? Falls ja, verbarg er es sehr geschickt. »Und dennoch bist du immer noch eine Carver. Die Gene zählen. Was dir an Magie mangelt, bringe ich mit. Ich habe alle Eventualitäten bedacht.«
Ashe stieß einen ungläubigen Laut aus. »Wie?! Klar, du bist ein Vampirkönig und so, aber du bist keine Hexe. Genau genommen bist du tot!«
»Es gibt Mittel und Wege.« Belenos lächelte spöttisch, was bei seinem Kriegergesicht gefährlich aussah.
Ashe verstand nicht, was er meinte, doch sie raffte genügend Willensstärke zusammen, um einen weiteren Schritt zurückzuweichen. »Kannst du nicht einfach adoptieren?«
»Die meisten Vampire wurden in einer feudalen Welt geboren. Sie sind mit Dynastien, Clans und Herrschaft vertraut, die durch Abstammung gesichert werden. Ich kann ihnen einen Prinzen und mit ihm neue Hoffnung und eine Zukunft geben.«
»Nur indem du ein eigenes Kind bekommst?«
»Ich kann ihnen einen lebenden Erben schenken – einen Prinzen, der ihnen gehört und dennoch in der Sonne wandeln kann. Einen Blutherrscher, der sich am Ende selbst opfert, um seinen Platz als mein Gleichgestellter und ihr Fürst einzunehmen. Von solch einem Triumph wagte man bislang nicht einmal zu träumen. Die Vampir-Art wird unser Recht, alles zu beherrschen, anerkennen.«
»Alles?«
Belenos lächelte, und zum ersten Mal sah sie die langen kräftigen Eckzähne eines männlichen Vampirs. Sie fühlte, wie sich etwas in ihr vor Faszination und Schrecken verkrampfte.
Dieser Typ würde sein eigenes Kind wandeln!
»Du weißt sehr gut um die Grausamkeit der Menschen«, fuhr er fort. »Sie exekutieren uns aus dem nichtigsten Anlass; sie verweigern uns das Wahlrecht. Vielerorts schreiben sie uns immer noch vor, wo wir zu leben haben. Wir sind stärker, schneller, besser. Warum sollten wir nicht mindestens ebenbürtig sein? Warum nicht gleicher?«
»Und das alles willst du erreichen, indem du ein Kind zeugst?«
Ashe verstand es nicht. Das konnte sie wohl gar nicht. Sie war eine moderne und sterbliche Frau. Alles, was sie wusste, war, dass sie panische Angst hatte.
Wieder legte der König eine Hand an ihre Wange. »Mein Sohn wird zu einem ebenso großen Krieger heranwachsen wie ich. Niemand stellt sich uns in den Weg.«
»Na ja, jemand will es schon. Da war ein Heckenschütze …«
»Ja, es gibt jene, die gegen meinen Plan sind. Der Dämon beispielsweise hat mich betrogen und die Urne behalten. Er denkt, er sei klug genug, meinem Zorn zu entkommen.«
Schockiert starrte Ashe ihn an. »Du hast den Dieb angeheuert? Wieso?«
»Die Urne enthält Leben, das ich für eine Weile benutzen kann – bis ich ein Kind gezeugt habe.«
Für einen Moment durchlebte Ashe nochmals, wie sie dem Attentäter den Pflock in das weiche Herz rammte, nur war es in ihrer Phantasie Belenos, den sie tötete. »Du kranker Drecksack!«
»Ich würde es einfallsreich nennen, aber wenn du meinst.«
»Du redest von dem Leben eines anderen. Das ist
Reynards
Leben!«
Er hob achselzuckend seine Hände. »Hat er es sinnvoll genutzt?«
Ashe stürzte sich auf ihn, vergaß alles außer dem Drang, ihm die Haut zu zerreißen.
Belenos packte ihre Handgelenke und hielt sie in einer eisernen Umklammerung. »Lass mich dich schützen! Lass mich dich verführen! Ich möchte, dass du aus freiem Willen zu mir kommst, genau wie deine Schwester Caravelli lieben lernte.«
»Ich hasse dich!«
»Hass ist der Cousin der Liebe. Du trauerst um Reynard. Sei’s drum! Er wird sehr bald fort sein.«
Heiße Wut trocknete die Tränen in Ashes Augen. »Du kannst mich nicht zwingen, dich zu wollen.«
Sein tiefes selbstbewusstes Lachen vibrierte in Ashe. »Ich kann dir deinen Stolz nehmen, dich einsperren, sogar foltern, bis du mir zu Willen bist, aber was wäre das für ein Vermächtnis für mein Kind? Du wärst nicht besser als jede Giftsklavin. Die Mutter meines Sohnes muss eine Kriegerin sein wie du. Ich werde dir nicht weh tun, Ashe.«
Er hielt sie weiter fest, so dass ihre Haut wund wurde, weil Ashe sich wehrte. »Ich erwarte nicht, dass du mich begehrst, weil ich dich darum bitte. Werben ist eine komplizierte Kunst, deren interessantester Spielteil aus der Eroberung besteht. Und in diesem Spiel bin ich sehr, sehr gut.«
»Wow, ich zittere schon!«
»Solltest du auch. Der Tod gewinnt immer.«
»Fick
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