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Seelenkuss / Roman

Seelenkuss / Roman

Titel: Seelenkuss / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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dich!«

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16
    Sonntag, 5. April, 8.00 Uhr Ashes Wohnung
    R eynard wachte vom Läuten des Telefons auf, erkannte das Geräusch indessen erst, als Ashe stöhnte und nach dem drahtlosen Apparat neben ihrem Bett griff.
    Er setzte sich auf, wobei er lang vergessene Muskeln spürte. Das Zimmer sah aus, als wäre eine Horde Trolle hindurchgestürmt. Überall Bettlaken, nirgends Kleidung. Sonne schien durch die Vorhänge herein und sorgte für eine gedämpfte Helligkeit, die seine Augen endlich aushielten. Sein Magen rebellierte vor Hunger. Er war
lebendig!
    »Hallo?«, sagte Ashe ins Telefon.
    Ihr Duft war noch auf seiner Haut und entfachte sein Verlangen nach ihr aufs Neue.
    Er blickte zu Ashe hinab, die einen Arm über ihr Gesicht gelegt hatte, um das Licht auszusperren, während sie redete. Stolz und Erstaunen überkamen Reynard. Er hatte das Bett mit dieser Amazonenkönigin geteilt und es überlebt! Mehr noch, er hatte ihre weicheren Seiten entdeckt, die großzügige, sanftmütige Frau, die sie sonst in ihrem Innern verschloss. Diejenige, die das Jagen aufgab und eine bescheidene Stellung annahm, damit ihre Tochter ein Zuhause hatte. Diesen Teil von ihr sah er nun in der Form ihres Mundes, der Anmut ihrer Hände.
    Der bessere Mann in ihm war vor der verborgenen Göttin auf die Knie gefallen, und das ungestüme Abenteuer, sie zu finden, war alles gewesen, was er sich je erträumt hatte. Ashe war eine Frau, die niemals langweilig oder berechenbar würde. Sie verkörperte Prinzessin und Drache in einem.
    Er musste sie nur ansehen, und sein Herz klopfte schneller.
    »Ja, okay.« Ashe nahm sich Papier und einen Stift vom Tisch und zog beides auf die Matratze, um schreiben zu können. »Schieß los!«
    Er beobachtete die schmalen Muskeln auf ihrem Rücken, die sich beim Schreiben bewegten. Die letzte Nacht hatte für Reynard alles verändert. Er war dankbar für eine Nacht Leben und Liebe gewesen, doch jetzt genügte sie ihm bei weitem nicht mehr.
    In seinen Tagen hatte er ein ganzes Heer von Frauen gehabt, von Kurtisanen bis hin zu Komtessen, aber so wie bei Ashe hatte er nur ein einziges Mal zuvor gefühlt.
    Elizabeth.
Damals war er erst einundzwanzig gewesen, doch die Besitzgier war dieselbe. Dieser dringende Wunsch, Ashe an seiner Seite zu behalten, würde nicht verblassen. Seine erste Liebe hatte ihn über Jahrhunderte begleitet. Diese würde noch heißer brennen, weil er sie nicht davongleiten ließe.
    Irgendwie.
    Es musste eine Option neben Gefangenschaft oder Tod geben, denn das war eigentlich gar keine Wahl. Nicht, wenn die Rückkehr in die Burg ewiges Nichts bedeutete. Kein Essen, kein Trinken, keine Liebe – nichts als blutige Schlachten.
Deshalb sind Killion und die anderen dem Wahn verfallen. Sie sahen ihre Zukunft und konnten den Kummer nicht ertragen.
    Vor langer Zeit hatte er aus den richtigen Gründen ein Opfer gebracht, aber hatte er nicht genug bezahlt? Es musste einen Weg geben, den Ketten zu entkommen, die ihn banden. Lieben und sterben oder lieben und Ashe zurücklassen – nichts von beidem war hinnehmbar.
    Das Fehlen der Urne verursachte ein hohles Gefühl in seinen Eingeweiden. Vermutlich würden seine Kräfte bald schwinden. Angst nagte an den Rändern seines Denkens, doch er zwang sie, dort zu bleiben.
    »Klar«, sagte Ashe, »das kenne ich.«
    Ihr Blick wanderte zu ihm. Inzwischen sah sie richtig wach aus. »Danke. Bye.«
    Sie legte das Telefon beiseite, fiel auf das Kissen zurück und zog die Decke hoch. »Das war Lor. Er hat mir die Adresse gegeben, wo er heute Vormittag ist. Ich schätze, er hinterließ letzte Nacht eine Nachricht auf meinem Handy und wollte lieber noch mal anrufen, weil ich mich nicht zurückgemeldet habe.« Sie klang verlegen.
    »Wann können wir ihn treffen?«
    »Jederzeit.« Sie deckte wieder die Hand über ihre Augen. »Ich hatte gerade einen scheußlichen Traum.«
    Reynard legte sich neben sie, den Kopf auf einen Ellbogen gestützt. Er berührte sanft ihre Wange und drehte ihr Gesicht zu sich. »Was für ein Traum war es?«
    »Der König des Ostens hat mir einen Besuch abgestattet.« Ihr Blick sagte ihm, dass es sich nicht um einen reinen Höflichkeitsbesuch gehandelt hatte.
    »Dann war es kein Traum.«
    »Nein. Belenos hat den Dämon beauftragt, deine Urne zu stehlen, aber sein Dieb hat ihn betrogen.«
    »Belenos.« Mit einem verbitterten Lächeln überspielte Reynard seinen wachsenden Zorn. »Ein eitler, selbstgefälliger Untotenmonarch. Es geschieht ihm recht,

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