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Seelenkuss / Roman

Seelenkuss / Roman

Titel: Seelenkuss / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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um, als rechnete er mit einem Hinterhalt.
    »Eigentlich ist es eher friedlich hier«, fügte Ashe hinzu, die anfangs nicht anders auf dieses Viertel reagiert hatte. »Die Verbrechensrate liegt unter dem Durchschnitt. Schließlich wollen die Nichtmenschlichen gleiche Rechte, also geben sie sich alle Mühe, mustergültige Bürger zu sein.«
    Ashe führte ihn zu einer alten Seitentür des Gebäudes. Unten an der Tür blätterte die weiße Farbe ab, die kleinen Glasscheiben oben waren schmutzig. Erfolglos versuchte Ashe, durch die verschlossene Tür zu sehen. Sie klopfte. Von drinnen war gedämpfte Musik zu hören, als liefe dort das Radio. War das Def Leppard? Sie klopfte nochmals, energischer.
    Die Musik erstarb. Nach einigen Sekunden vernahmen sie, wie ein Riegel zurückgeschoben wurde, und die Tür ging auf. Es war Lor, der junge Alpha des Höllenhunderudels. Wie all diese Hunde war er groß und schlaksig, mit kräftigen Knochen und zotteligem dunklem Haar. Er trug einen Overall voller Öl- und Farbflecken. Seine Miene war verschlossen wie immer.
    »Ich hatte dich erwartet, Ashe Carver, nicht jedoch den Captain der Burgwachen.« Er sprach ein bisschen stockend, wenn auch ohne erkennbaren Akzent. Es war die Sprechweise von jemandem, der seine Gedanken simultanübersetzte.
    »Ist das ein Problem?«, fragte Ashe betont streng.
    »Die Hunde sind aus der Burg befreit. Das wurde uns garantiert.«
    Reynard hob seine Hände in der universellen »Ich trage keine Waffen«-Geste. »Ich bin nur hier, um Informationen zu bekommen. Du und deine Leute – ihr seid sicher vor mir.«
    »Gibst du mir dein Wort, Wächter?«, hakte Lor nach. Die Frage nahm sich so gewichtig aus wie ein Ritual.
    »Du hast es.« Reynard rührte sich nicht, bis der Höllenhund nickte.
    »Wenn du es bist, der schwört, nehme ich es für die Wahrheit. Du bist einer der wenigen Wächter, die stets zu ihrem Wort standen. Kommt herein!«
    Sie folgten ihm in das höhlenartige Lagerhaus. Es schien innen entkernt worden zu sein und hatte nur ein Zwischengeschoss über den Büros. Große Fenster ließen Luft und Licht herein, doch es war dunkel genug, dass Reynard seine Sonnenbrille abnahm. Metallregale umgaben einen offenen Bereich.
    Ein Umzugslaster parkte unter einer Rolltür, die auf die Johnson Street führte. Ein Dutzend Hunde verfrachteten anscheinend frisch aufgepolsterte Möbel in den Lastwagen.
    »Was für eine Art Geschäft ist dies?«, wollte Reynard wissen.
    »Die Menschen sind verschwenderisch«, antwortete Lor. »Wir nehmen, was sie fortwerfen, und machen es wieder neu.«
    »Möbelrestaurierung?«, erkundigte sich Ashe. »Seid ihr unter die Innenausstatter gegangen?«
    Lor bedachte sie mit einem Blick, den man als amüsiert hätte bezeichnen können. Höllenhunde waren für ihr Pokerface berühmt. Für sie bedeutete es etwas sehr Intimes, Emotionen zu zeigen. Und Lor war sogar der offenste von allen. Wahrscheinlich wollte er sich den Menschen anpassen.
    »Unter anderem«, entgegnete er achselzuckend. »Wir restaurieren Motoren, Geräte, alles, was wir reparieren können.«
    Reynard sagte nichts mehr, schaute sich aber sehr neugierig um.
    Es gab eine Art Kaffeenische im hinteren Teil, wo ein paar Klappstühle in einem losen Kreis standen. Als sie sich diesem Bereich näherten, blickten vier Höllenhunde, die dort saßen, zu ihnen auf. Wie auf Kommando erhoben sie sich und gingen, um den Möbelträgern zu helfen, so dass die drei allein waren.
    Lor blieb neben der Kaffeemaschine stehen. »Kann ich euch etwas zu trinken anbieten?«
    »Ja«, antwortete Reynard überraschenderweise. »Ich würde mich geehrt fühlen.«
    »Captain Reynard hat Angst, mich zu beleidigen«, bemerkte Lor angesichts Ashes verdutzter Miene. »Unsere Ältesten nehmen es nicht gut auf, wenn Gastfreundschaft abgelehnt wird.«
    »Tja, dann hätte ich auch gern einen Kaffee«, schloss Ashe sich an. »Was immer eure Ältesten glücklich macht.«
    »Ganz meine Worte, allzu oft«, murmelte Lor, der drei saubere Becher suchte und ihnen aus einer Kanne anscheinend frisch gebrühten Kaffee einschenkte. »Bitte nehmt euch selbst Sahne und Zucker.«
    Es handelte sich um echte Schlagsahne, und der Kaffee schmeckte nach Haselnuss. Das Recycling-Geschäft musste gut gehen.
    Lor setzte sich auf einen der Klappstühle. »Wie kann ich euch helfen?«
    Reynard schnupperte vorsichtig an dem Kaffee und wirkte angenehm überrascht. »Wir suchen einen Dieb.«
    Lors dunkle Brauen zogen sich zusammen.

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