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Seelenkuss / Roman

Seelenkuss / Roman

Titel: Seelenkuss / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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Jahren in der Burg nicht mehr.
    »Dann denk einfach an die nette Unterhaltung, die du versäumt hättest!«
    »Spielst du auf den Teil an, als sie mir drohte, mir den Kopf wegzublasen, oder als sie meine Brown Bess beleidigte? Es ergab sich keine Gelegenheit für Nettigkeiten. Sie erwähnte die Schlacht um die Burg oder dass wir uns schon begegnet waren mit keinem Wort.«
Oder dass sie mich in der Stunde der Not versorgte, mir das Leben rettete und mich vor dem Verbluten bewahrte. Ein solches Pathos liegt dieser Dame fern.
    Mac zwinkerte ihm amüsiert zu. »Enttäuscht?«
    Ja, bitterst, aber das zeigte er nicht. »Perplex. Es stimmt, dass wir beschäftigt waren, aber jeder andere hätte sich zumindest nach meinem Befinden erkundigt.«
    »Alter, sie ist ein Killer!«
    »Manche der angenehmsten Gesellen, die ich kenne, sind menschenfressende Werschakale. Es gibt keine Entschuldigung für schlechtes Benehmen. War dir bekannt, dass sie eine Tochter hat?«
    »Klar. Sie heißt Eden. Ein niedliches Kind. Sie nennt mich Onkel Mac.«
    »Ashe ist verwitwet, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Hm.« Reynard beließ es dabei, denn er wollte seiner Wissbegier bezüglich Ashe Carver nicht weiter nachgeben. Es war ja nicht so, dass er mit diesen Informationen etwas Nützliches hätte anfangen können. Möglichkeiten zur Verführung boten sich ihm ohnehin nicht.
    Mac seufzte. »Zurück zum Höllenhasen: Erzähl mir, was passiert ist, von Anfang an! Was wollte Ashe überhaupt dort?«
    Reynard holte ihn ein und ging neben Mac her. Das Gespräch über die bevorstehende Aufgabe hob seine Stimmung. Sie begegneten ein paar Wächtern, die von ihrer Patrouille zurückkamen. Das Fackellicht malte befremdliche Schatten auf ihre müden Gesichter. Alle blieben stehen und wechselten einige Worte – kurz und knapp, aber freundlich, genau wie Reynard es am liebsten hatte. Moral war wichtig, jedoch schwer aufrechtzuerhalten.
    Dann liefen sie weiter. Reynard berichtete Mac, was heute Nacht im Botanischen Garten vorgefallen war, Schritt für Schritt. Als sie wieder eine Wächtergruppe passierten, winkte Mac ihnen nur zum Gruß. Reynard war eben bei der Stelle, als sie den Vampir töteten.
    »Was für ein Mist!«, grummelte Mac. »Das war kein Zufall. Wer könnte innerhalb
und
außerhalb der Burg arbeiten? Wer würde wissen, dass Ashe angerufen und um Hilfe gebeten wurde?«
    Reynard war die Tatsache, dass man sie in einen Hinterhalt gelockt hatte, zutiefst zuwider. Komme, was wolle – er würde dem unbekannten Schurken beibringen, wie man sich einer Dame gegenüber benahm! »Offenbar jemand, der weiß, dass sie in Fairview ist.«
    »Und nicht nur das. Es muss jemand sein, der ihre Familie kennt. Die Polizei ruft sie nicht direkt an. Sie wenden sich zuerst an ihren Schwager.«
    »Und warum kam er nicht an ihrer statt?«
    »Er hat ein Neugeborenes zu Hause.«
    »Ach ja, richtig.« Eine Hexe und ein Vampir hatten ein kleines Mädchen bekommen, was für alle ein wahres Wunder darstellte. Selbst die Burgwachen hatten davon gehört, und es war verblüffend, wie gerührt die erfahrensten Krieger auf die Nachricht von einer Geburt reagierten. Soldaten waren erstaunlich sentimental.
    Mac und Reynard marschierten an den Wachquartieren vorbei und durchquerten ein großes Gewölbe, das sanft bergab führte. Die Atmosphäre veränderte sich, wurde beinahe höhlenartig. Zwar maß die Deckenhöhe mehrere Mann, doch mindestens die Hälfte des Raumes lag in schwarzen Schatten verborgen. Wispernde Echos seufzten wie ein Schlafender, den ein Albtraum quälte.
    Trocken, tot, grabgleich … und doch nicht ganz.
    Einst hatte die Burg ein lebendiges Universum dargestellt, grün und angenehm, bis einer ihrer Schöpfer ihr die Lebenskraft raubte. Nach einem langen schleichenden Verfall war sie nichts mehr als gehauener Stein, ein wahrer Kerker. In diesem Zustand befand sie sich, solange Reynard denken konnte. Dann, im letzten Herbst, hatte es eine Schlacht gegeben. Reynard wäre beinahe gestorben, und Mac hatte den letzten Rest seiner Menschlichkeit geopfert, aber die Kraft, welche einst die Burg als lebende Welt schuf, wurde wiederhergestellt. Die Wirkung zeigte sich nach und nach, und die Wiedergeburt, die tief in der Burg begann, war noch nicht bis hierher vorgedrungen. Trotzdem konnte Reynard sie wie einen zarten Nebel auf der Haut fühlen.
    Eine Andeutung. Einen Funken. Erstmals stellte er fest, dass die Brise, die durch den Staub auf den kahlen Böden strich, einen

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