Seelenkuss / Roman
ihn an. Für einen Momen hatte sie ganz vergessen, dass er hier war. »Was meinen Sie damit?«
»Wenn beide Parteien zustimmen, kann ein Vermittler ihnen helfen, zu einem Arrangement zu finden, ohne vor Gericht zu gehen. Den de Larrochas gefällt Ihr Lebensstil nicht, aber ihre größere Sorge ist, dass sie ihre Enkelin nicht sehen können, weil sie nicht mehr in Spanien lebt. Falls Sie eine Besuchsvereinbarung treffen, denke ich, dass wir die Sache mit der ungeeigneten Mutter außer Betracht lassen.«
Ashe war verblüfft. »Ich habe nie gesagt, dass sie Eden nicht sehen können. Ich wollte bloß, dass sie bei mir lebt.«
Hashimoto reichte Ashe seine Karte. »Meines Erachtens ist keinem von Ihnen mit einem Prozess geholfen. Was Sie betrifft, Miss Carver, spricht zu vieles gegen Sie, als dass Sie einen traditionellen Richter überzeugen könnten.«
Wohl wahr. Ich hätte fast meinen Anwalt gepfählt.
Er wedelte mit der Karte, damit Ashe sie endlich annahm. »Rufen Sie mich an, wenn Sie über Alternativen sprechen möchten! Mediation ist nicht direkt ein Kaffeekränzchen, aber es dürfte Ihre beste Option sein.«
Ashe nahm die Karte. »Bringen Sie sich so nicht um einen Job?«
»Ich war bereits als Vermittler für Mandanten tätig, und mir ist der Ruf eines Problemlöser lieber als der des Haifischs. Außerdem wollte ich Bannerman schon seit Jahren in den Hintern treten.« Er lächelte verschmitzt, was ihn deutlich weniger überheblich wirken ließ. »Ich hätte bezahlt, um das zu sehen.«
Ashe steckte seine Karte ein. »Danke.«
»Nein, nein«, winkte er ab und packte seinen schmalen Diplomatenkoffer, »das Vergnügen war ganz meinerseits.«
Lässig salutierend verließ er das Büro.
[home]
14
A she bog in ihre Einfahrt. Das Haus sah still aus, als wären alle Nachbarn ausgegangen. Vorn am Zaun bibberten Tulpen im böigen Wind, deren Pink und Gelb im trüben Dämmerlicht fast schmerzlich grell anmutete. Während sie aus dem Wagen ausstiegen, dachte Ashe über Reynards Suche nach. Oder, vielmehr, über ihrer beider Suche. Alles führte zu dem Sammlerdämon zurück. Wenigstens hatte Ashe kein schlechtes Gewissen mehr, weil sie Reynard vom eigentlichen Ziel abbrachte. Ihre Feinde waren identisch.
Reynard stand da und sah die Blumen an, als hätte er seit Jahrhunderten nichts Blühendes gesehen. Hatte er vielleicht auch nicht. Sein Haar fiel ihm offen und feucht auf die Schultern, und erstmals bemerkte Ashe den kastanienroten Schimmer in den Wellen. Außerdem wirkte sein Gesicht weniger streng, achtete man nicht auf die Sonnenbrille, die seine Augen schützte, obwohl es nieselte.
»Was nun?«, fragte er und verschränkte die Hände auf seinem Rücken.
Ashe sprach betont geschäftsmäßig, als wollte sie ihre Finger nicht in sein Haar eintauchen. »Wir brauchen eine Strategie, aber zuerst möchte ich mich frisch machen.«
»Das sollte ich gleichfalls.«
»Möchtest du mit reinkommen?«
»Meine saubere Kleidung liegt in der Burg.«
Eine schlichte Bemerkung, doch die Nuance, die in seinem sachlichen Tonfall mitschwang, führte Ashes Gedanken zum Fitnesscenter heute Morgen zurück. Zu der Erinnerung daran, wie er sie zwischen seinem Körper und dem Spiegel eingeklemmt hatte. Sie erschauderte, enttäuscht und erleichtert, dass sie nicht versuchen musste, mit ihm nebenan zu duschen und sich umzuziehen. Ihr Verstand konnte problemlos Technicolorbilder fabrizieren, wenn er musste: Heißes fließendes Wasser, Seifenschaumwolken und Reynard bildeten eine Kombination, die einem Tsunami gleichkam. Und die alles andere von der Erdoberfläche wischte.
O Göttin, so viel zu Verlockungen!
»Dann komm wieder, wenn du fertig bist. Wir haben eine Menge zu besprechen.« Sie drehte sich um, ging weg und ließ ihn bei dem Blumenbeet stehen.
Hätte sie es nicht getan, wäre sie hier und jetzt über ihn hergefallen.
Samstag, 4. April, 18.30 Uhr 101.5 FM
»Hier ist CSUP mit einer aktuellen Meldung.
Im Zwölfhunderterblock der Fort Street ist ein Feuer ausgebrochen. Der Verkehr zur Kreuzung Fort und Main wird von der Polizei umgeleitet. Autofahrer werden gebeten, den Bereich weiträumig zu umfahren.
Der Buchladen ›Book Burrow‹, vormals ›Cowan’s Books‹, ist von Flammen eingeschlossen. Die Feuerwehr bemüht sich, den Brand einzudämmen. Benachbarte Geschäfte sind bislang nicht in Gefahr, was sich jedoch jederzeit ändern kann. Aufgrund der extremen Hitze des Feuers, das anscheinend auf dem Dachboden ausbrach,
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