Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenkuss / Roman

Seelenkuss / Roman

Titel: Seelenkuss / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
Vom Netzwerk:
spiegelte.
    »Alles okay?«, fragte sie mit vollem Mund.
    Er schluckte. »Das schmeckte nach …«, begann er und verstummte kopfschüttelnd.
    »Nach Tomate?«
    »Ja.« Er glitt mit der Zunge über seine Zähne. »Ich hatte vergessen, wie sie schmecken.«
    Sein Blick wanderte zum Teller.
    »Bist du hungrig?«
    Er warf ihr einen wilden Blick zu, der so schnell wieder verschwand, als wäre er nie da gewesen. Getrieben, unbezähmbar, nun, da er endlich freigelassen worden war. Ashes Herz stotterte, erfüllt von Furcht und Mitleid. Sie schob ihren Teller zu ihm hinüber. »Na los, ich mach mir ein neues!«
    Auch wenn sie es nicht aussprachen, wussten beide, was die Rückkehr seines Hungers bedeutete. Fast beschämt wandte er das Gesicht ab, dann nahm er das Sandwich und biss hinein. Ashe hörte ihn seufzen und fragte sich, wie lange er den Wunsch nach Essen geleugnet haben mochte. Bei dem Gedanken schwand ihr der Appetit.
    Was zum Teufel kann ich für ihn tun? Alles, was er sich wünscht, ist, ein bisschen zu leben.
    Und wir finden diese Urne nie rechtzeitig!
    Sie griff nach dem Telefon und ging ins Wohnzimmer, um ihren Hacker-Kontakt anzurufen. Dort stand sie im Halbdunkel und starrte wütend auf ihr Handy-Display.
    Göttin!
    Ihre Augen mussten dringend aufhören, alles verschwommen zu sehen, sonst konnte sie ihre Kontakteliste nicht lesen.
     
    Die vielschichtige Textur des Sandwiches füllte Reynards Denken aus, verdrängte alles andere. Weiches Brot, knackiger Salat, saftig-reißendes Fleisch. Er schmeckte Butter. Gütiger Gott, er hatte vergessen, wie köstlich das war! Manches passte nicht zu seinen Erinnerungen. Das Brot war anders, aber das machte nichts. Es war Nahrung, jenes universelle Grundbedürfnis aller Menschen, ungeachtet von Rasse, Herkunft oder Kultur. Hunger war das gemeinsame Erbe, ihn zu stillen ein weltweites Ritual. Nach solch langer Zeit wurde er wieder Teil dieser Bruderschaft.
    Und es schmeckte so gut!
    Er konnte fühlen, wie sein Leib das Essen aufnahm. Offenbar war er schon länger hungrig gewesen, ohne es zu erkennen. Schwindel überkam ihn, als er den letzten Bissen Hühnchen kaute. Er wollte mehr, aber er hatte Kriegsgefangene gesehen, die den Fehler begingen, zu viel zu essen, als sie endlich befreit waren und Nahrung erhielten. Zu viel auf einmal verursachte Übelkeit, und das durfte er nicht riskieren.
    Er stand vom Stuhl auf, wusch sich die Hände und füllte ein Glas mit Wasser. Kühl floss es ihm über die Zunge. Sogar Wasser schmeckte himmlisch.
    Hinter ihm betrat Ashe die Küche. »Mein Kontaktmann ruft mich zurück.«
    Reynard stellte das Glas in die Spüle. »Dann warten wir.«
    Er drehte sich zu ihr um. Ihr Ausdruck war gleichermaßen entsetzt wie benommen, ähnlich wie seiner ausgesehen haben musste, als ein Teil Artillerie zu nahe bei ihm explodiert war und den Schützen in Stücke gerissen hatte. Er wollte ihr den Schrecken nehmen, doch was konnte er sagen?
Ja, meine Liebe, ich vergehe schneller als ein gestrandeter Fisch, aber ich fühle mich herrlich.
    Was er tat. Da war noch die Leere, wo seine Seele hätte sein sollen, aber auch eine Flut von Emotionen. Nach und nach taute sein gefrorenes Herz auf. Freude, Freiheit und Zuneigung wurden wieder sein. Statt sich an Erinnerungen zu klammern, erlebte er. Er stützte sich vom Spülbecken ab und ging auf Ashe zu. Seine Stiefel klopften einen langsamen Takt auf den Bodenfliesen.
    Ashe legte ihr Telefon auf dem Tresen ab, ohne hinzusehen. Ihr smaragdgrüner Blick verharrte auf Reynards Gesicht, erfüllt von einer Mischung aus Sorge und etwas sehr viel weniger Mütterlichem. Für diesen Blick lohnte sich alles. Reynard war aus der Burg in die Freiheit gegangen, und einer wunderschönen, starken Frau war nicht gleich, was mit ihm geschah. In puncto Siege war dieser überragend.
    Ich wünschte, ich könnte es dir begreiflich machen!
Er legte seine Hände auf ihre bloßen Arme, fühlte die zarte Haut und die festen Muskeln darunter. Ashe war genauso groß wie er und eine ebenso talentierte Kämpferin, aber auch verblüffend zierlich. Nichts an ihr wirkte schwer oder klobig. Sie war der Inbegriff von Schnelligkeit und Anmut.
    In einer gerechten Welt könnte er ihr alles versprechen. Er besaß nichts außer seinem Leib, aber den konnte er benutzen, um den Kummer aus Ashes Augen zu vertreiben. Sie wusste, was mit ihm geschah, konnte jedoch die Freude nicht sehen, die er empfand. Wo Worte versagten, gab es andere Mittel, um sich

Weitere Kostenlose Bücher