Seelenkuss / Roman
könnte in Morgentaukreisen tanzen, hätten meine werten Eltern ihren königlichen Hintern bewegt und sich den anderen angeschlossen!
Stattdessen saß er hier fest und musste sich mit dem Abschaum der Burg herumschlagen.
Schritte hallten im Korridor. Miru-kai trat näher an das Gitter. Die schwere Seide seiner Gewänder raschelte, wenn er sich bewegte, und erinnerte ihn, dass er ein Prinz war, kein gemeiner Gefangener.
Sein Besucher war Mac, dessen riesige Gestalt vom Fackelschein hinter ihm angestrahlt wurde.
Sobald er ihn erkannte, wich Miru-kai zurück, denn er wollte nicht allzu erpicht auf Gesellschaft erscheinen. Trotzdem konnte er nicht umhin, ein paar der gängigen
Law-&-Order
-Phrasen zu zitieren. »Nachdem Sie mich nun – wie sagt man so hübsch? – in meinem eigenen Saft schmoren ließen, sind Sie in der Hoffnung hergekommen, ich würde zwitschern wie ein Vögelchen?«
»Vielleicht will ich mir auch bloß ein bisschen Schadenfreude gönnen.« Mac blieb vor dem Gitter stehen und verschränkte die Arme vor seiner Brust. Auch er kam den Eisen nicht zu nahe. »Vor allem aber habe ich Fragen.«
Miru-kai imitierte die Geste, indem er seine Arme ebenfalls überkreuzte. »Ich habe selbst die eine oder andere Frage. Zunächst einmal frage ich mich, wie ich glauben konnte, mit Ihnen wäre eine zivilisierte Unterhaltung über Freiheit möglich.«
»Sie war und sie ist jederzeit möglich. Ob ich zustimme, hängt ausschließlich von Ihrem Betragen ab. Sie sind in dem Glauben in mein Büro gekommen, Ihr Charme allein würde Ihnen nach draußen verhelfen. So leicht bin ich nicht zu blenden.«
»Gilt mein Ehrenwort nichts?«
»Mir wäre ein Monatsbericht lieber, in dem Ihr Name nicht im Zusammenhang mit unerfreulichen Zwischenfällen auftaucht.«
»Die Feen werden missverstanden. Wir hegen eine naturgegebene Aversion gegen nichtige Regeln.«
»Aha. Und was passiert, wenn ihr aus der Burg kommt und anfangt, Autos zu kaufen? Die Rushhour im Feenland muss echt spannend sein – lauter kamikazefahrende Kobolde.«
»Sie machen sich über mich lustig.«
»Und ob, aber nicht ohne Grund. Wenn Sie sich mit den anderen vertragen, halte ich Ihnen höchstpersönlich das Tor auf.«
Miru-kai sagte nichts. Das selbstgewisse Auftreten des Dämons ärgerte ihn. Immerhin war er ein Prinz! Ein klein wenig Unterwürfigkeit und Zittern wären angebracht gewesen.
Mac sah ihn misstrauisch an. »Wie viel genau hatten Sie mit dem Einbruch in den Tresorraum der Wachen zu tun?«
Miru-kai ging zu seinem Bett und setzte sich. Die Zelle war so klein, dass es keinen Unterschied für ihre Unterhaltung machte, ausgenommen den, dass er es nun bequem hatte. Prinzen saßen. Lakaien standen.
Mac verzog keine Miene.
Stumm erwog Miru-kai seine Optionen und wählte eine Strategie. »Die Wahrheit? Ich spielte die Rolle des Opportunisten, sonst nichts. Körper mögen den Ketten der Burg nicht so leicht entfliehen können, aber Neuigkeiten reisen mittels Hexerei, Flüstern und Mitteln, die nicht einmal ich erahne.«
»Wie auf dem Nachrichtenlink bei www.SeeSparkyRun.com?«
»Ich mag eine alte Seele sein, aber ich kann im Internet surfen«, erwiderte der Prinz, eine Hand auf seiner Brust. »Obgleich ich gestehe, dass mir ein wenig respektlos erscheint, einen Feuerdämon von Ihrer Statur als ›Sparky‹ zu bezeichnen. Manche der Feen können recht beleidigend sein.«
»Weshalb nur noch dieser Teil der Burg ans Drahtlosnetz angeschlossen ist.«
Verflucht!
Zum ersten Mal in Jahrhunderten hatte der Prinz eine verlässliche Verbindung zur Außenwelt gefunden, und nun war sie wieder gekappt worden! Miru-kai fluchte im Geiste, während er ungerührt mit der Schulter zuckte, als wäre es bedeutungslos.
»Wenn Sie aus dieser Zelle wollen, müssen Sie mir schon etwas liefern«, erklärte Mac streng.
»Ich habe berufliche Prinzipien und muss das Vertrauen achten, das man in mich setzt.«
»Seit wann machen Sie etwas anderes, als Ihre eigenen Interessen schützen?«
»Sie verletzen mich.«
»Nein, aber ich kann. Ein guter Freund von mir zählt darauf, dass ich diese Fragen kläre.«
Macs Miene wurde verschlossen und zeigte sich von ihrer dunklen Seite.
Seufzend beschloss Miru-kai, dass es besser wäre, seine Informationen preiszugeben, solange sie von Wert waren. Die ganze erbärmliche Affäre würde ohnedies zu früh ans Licht kommen. »Ich hörte von einem Individuum, das eine Wächterurne stehlen wollte. Wie er von deren Existenz erfuhr,
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