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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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trogen sie! Mussten sie trügen. So etwas hätte sie niemals vergessen können! Niemals! Sie war eine Prinzessin der Korun. Sie hätte nie… Eine Prinzessin der Korun hätte auch niemals allein an den Strand hinuntergehen dürfen. Sie biss sich auf die Lippe. Hatte sich etwas in ihm an jenem Morgen im Wald, zwischen Wachen und Schlafen, daran erinnert, wie sie sich geliebt hatten? Hatte er deshalb versucht, sie zu küssen? Hätte er sich vielleicht an noch mehr erinnert, wenn sie es zugelassen hätte? Mit einem Gefühl der Benommenheit starrte sie auf ihn hinab, sah das leichte Zucken seiner Kehle, als er schwach schluckte. Das konnte nicht sein! » Ich entscheide, wen ich liebe. « Die Worte hallten in ihrem Kopf wider. Er? Bei den Sternen! Sie schlug die Hände vors Gesicht.
    In dieser Haltung fand Niéne sie, als sie wenig später kam, um ihr zu sagen, dass alles zum Aufbruch bereit sei. Die Hand der Kriegerin auf ihrer Schulter ließ Darejan abrupt den Kopf heben.
    Niéne musterte sie eindringlich, wie schon so oft. » Ist alles in Ordnung? « , fragte sie dann.
    Irgendwie brachte sie ein » Ja « zuwege, obwohl alles in ihr » Nein! « schrie. Sie hörte Niéne wie durch mehrere Lagen nassen Stoffs hindurch, als die Kriegerin ihr mitteilte, dass die Entzündung sich merklich gebessert hatte, und bemerkte, wie sie nach einem Zögern davonging, und glaubte zu hören, wie sie Mirija davonscheuchte. Sie ließ es widerspruchslos geschehen, dass Oqwen sie zu sich auf sein Ragon nahm, und sah stumm zu, wie die Isârden den DúnAnór auf die Bahre hoben. Alles um sie her war seltsam unwirklich– so als hätte die Welt abgesehen von dem Mann auf der Bahre aufgehört zu existieren.– Und während sie das Funkeln der allmählich höher steigenden Sonne in seinen Edelsteintätowierungen beobachtete, war es, als würden die Teile eines Arrin-Spieles eines nach dem anderen an ihren Platz fallen…
    Sie erinnerte sich daran, wie sie ihn zum zweiten Mal in den Straßen von Kahel getroffen hatte, allein, ohne seinen Seelenbruder, und wie sie ihn in eine Seitengasse gezerrt und ihn beschuldigt hatte, sie zu verfolgen, und dass ein belustigtes Glitzern in seinen Augen gewesen war, kaum dass sie mit ihrer Tirade zu Ende war.
    Sie erinnerte sich daran, wie sie ihn unvermutet auf den Stufen der alten Bibliothek gesehen hatte, während er mit einem der Archivare darüber gestritten hatte, ob man ihm– einem Fremden– Zutritt zu den Alten Schriften gewähren sollte.
    Sie erinnerte sich daran, wie sie ihn an ihrem Lieblingsplatz am Strand wiedergetroffen hatte, mit einem bis auf den Knochen aufgeschlitzten Knöchel, weil er bei Ebbe draußen auf dem Riff gewesen war, um Blauhandkrabben, Silbermuscheln und Salzläufereier zu suchen und dabei von den scharfkantigen Korallenfelsen abgerutscht war, und wie sie zusammen mit Cjar seine beachtliche Beute verspeist hatten. Sie erinnerte sich daran, wie sie zuerst in verlegener Einsilbigkeit an dem kleinen Treibholzfeuer gesessen hatten und dann doch irgendwann das Eis gebrochen war und sie festgestellt hatte, dass sie das kurze, verschmitzte Lächeln mochte, das immer wieder um seinen Mund zuckte, dass sie es mochte, wie er sie durch eine Bemerkung zu einem abfälligen Schnauben reizen oder sie einfach nur zum Lachen bringen konnte. Sie erinnerte sich daran, dass sie es genossen hatte, von ihm nur als Darejan gesehen zu werden. Ein Korunmädchen, das er für die Tochter eines wohlhabenden Handwerkers oder Händlers hielt, das sich wahrscheinlich verbotenerweise fortgeschlichen hatte und am Strand herumtrieb. Sie erinnerte sich an den Ausdruck in seinen Augen, als er sich wackelig vom Boden hochgestemmt hatte, um sich von ihr zu verabschieden, nachdem sie ihm gesagt hatte, dass sie gehen müsste. Und sie erinnerte sich an sein » Sehen wir uns wieder? Morgen? Hier? «. Und daran, dass sie niemals hätte » Nein « sagen können.
    Sie erinnerte sich, dass sie sich wiedergesehen hatten, heimlich, am Strand, und dass sie ihm nicht erzählt hatte, wer sie war, weil sie Angst davor hatte, was geschehen würde, wenn er erfuhr, dass sie die Schwester der Königin war; dass er nur ihren Namen kannte, Darejan, aus dem er schon nach wenigen Tagen Rejaan gemacht hatte, und dass sie es liebte, ihn in jener weichen, singenden Betonung seines Volkes ausgesprochen zu hören; dass er ihr versprochen hatte, nicht nach ihrem vollen Namen zu fragen, bis sie es ihm sagte, weil sie es so wollte.
    Sie erinnerte

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