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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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sie sich zu dem Verrückten um, der hinter ihr stand, die Augen starr auf das Bild des ChaiDren gerichtet. Sie wandte sich wieder Magister Joselen zu. » Es muss diese Berge geben. « Ihre Stimme schwankte zwischen Verzweiflung und Starrsinn.
    Der Hüter der Karten neigte den Kopf, während sein Blick einer Bewegung hinter ihr folgte. » Was bringt dich zu diesem Schluss? «
    Darejan wandte sich halb um. Ohne die Augen von dem ChaiDren zu wenden, tappte der Verrückte langsam auf die Wand zu– und blieb keinen Schritt davon entfernt stehen. Er wankte, zitterte am ganzen Körper, als habe ihn unvermittelt ein mörderisches Fieber befallen. Seine Hand hob sich zögernd, stockte. Einen langen Moment stand er vollkommen reglos, wirkte wie jemand, der sich bemüht, einen Traum festzuhalten. Das Zittern verstärkte sich, dann stürzte er mit einem Schrei zu Boden. Wie tot blieb er zu Füßen des ChaiDren liegen. Erschrocken starrte Darejan auf ihn hinab, der Schmerz hinter ihrer Stirn steigerte sich zu einem grausamen Reißen. Schatten in einer nur von Mondlicht erhellten Gasse. Ein Körper, reglos am Boden. Der Schrei eines Adlers hallte von den Hauswänden wieder. Mächtige Schwingen, die sich mit einem scharfen Laut entfalteten. Eine Forderklaue hob sich über den Mann am Boden, drohend und beschützend zu gleich. Stimmen, die einen fremden, harten Dialekt sprachen. Seile zischten durch die Dunkelheit. Die Schwingen peitschten. Wieder jener wilde Schrei. Ein goldenes Raubvogelauge begegnete ihrem Blick. Darin nichts als Enttäuschung und Zorn, die sie versengten. Sie wankte, taumelte in den Schatten einer Hauswand … Darejan stolperte zurück, spürte Magister Joselens Hand an ihrem Arm, die verhinderte, dass sie fiel.
    » Ist alles in Ordnung? « Die besorgte Stimme des Mannes klang seltsam verzerrt. Mehrere Herzschläge war sie nicht fähig, sich zu bewegen. Endlich gelang ihr ein schwaches Nicken.
    » Ja. « Das Wort war brüchig. Noch immer wie benommen, streifte sie seine Finger ab und kniete neben dem Verrückten nieder. Auch als sie ihn halb vom Boden hochzog und gegen sich lehnte, rührte er sich nicht. Für einen Augenblick schien es tatsächlich, als sei kein Leben mehr in ihm– bis sich seine Brust in einem stöhnenden Atemzug dehnte. Eine seltsame Erleichterung flutete über Darejan hinweg.
    » Was ist mit ihm? « Magister Joselen war neben sie getreten.
    » Ich… ich weiß nicht. « Unsicher blickte Darejan auf den Verrückten hinab. Ihre Hand zitterte, als sie ihm sacht über die Stirn strich. » Manchmal, da… « Sie schaute auf. » Sein… sein Geist ist… verwirrt. «
    Einen Augenblick sah der Hüter der Karten von ihr zu dem Mann in ihren Armen. Schließlich nickte er. » Er ist der Grund, warum du nach den GônCaidur suchst, nicht wahr, Mädchen? «
    » Woher…? « Darejan biss sich auf die Zunge.
    Auf seinen Lippen erschien ein dünnes Lächeln. » Man kann in Rokan fast alles kaufen, nur nicht die Stellung des Hüters der Karten.– Und nach den Gerüchten, die die Händler aus Kahel mitbringen, ist eine Korun, die in Begleitung eines Jarhaal reist, im Augenblick etwas– sagen wir– ungewöhnlich. «
    » Ihr wisst… «
    Das Lächeln vertiefte sich. » Deine Hautfarbe ist ziemlich auffällig, Mädchen, und auch deine Kiemennarben und deine Augen lassen sich schwer verbergen. Und er… Nun, manche Dinge erkennt man eben.– Vielleicht wäre es besser, wenn wir ihn an einen anderen Ort bringen würden. «
    Gemeinsam schafften sie es, den leblosen Körper vom Boden hochzuhieven. Magister Joselen führte sie durch eine Tür, die in den Malereien der Westseite verborgen war, eine schmale, gewundene Steintreppe hinauf, in einen kleinen Raum. Die Täfelung war aus poliertem Jedraholz und glänzte im hereinfallenden Sonnenlicht wie Kupfer. Ein hoher Kamin, in dem ein kleines Feuer brannte, nahm beinah die ganze Schmalseite des Zimmers ein. Das leise Knistern der Flammen, deren Rauch sich mit dem Duft von Kräutern mischte, verlieh dem Gemach etwas Anheimelndes. Der Boden war mit dicken, farbenfrohen Teppichen bedeckt, die an einen Waldboden im Herbst erinnerten. Ein schwerer Tisch, von hochlehnigen Stühlen umgeben, prangte in der Mitte des Zimmers. Das Fenster blickte über den Pferdemarkt. Daneben befand sich ein Lesepult, auf dem ein aufgeschlagener Foliant lag.
    » Mein persönliches Studierzimmer. « Der Hüter der Karten bedeutete Darejan, ihre Last in einer schattigen Ecke neben dem Kamin

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