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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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mir fiel die Geschichte von Orpheus in der Unterwelt ein.
    Orpheus war in das Reich des Hades hinabgestiegen, um seine Braut Eurydike zu suchen. Dort hatte er den Herrn der Unterwelt
mit seinem Gesang und seinem Saitenspiel so sehr bewegt, dass dieser ihm erlaubte, die Geliebte mitzunehmen.
    Mit Orpheus konnte ich mich nicht vergleichen, weil Stormy Llewellyn, meine Braut, nicht in der Unterwelt gelandet war, sondern an einem wesentlich besseren Ort, was sie sich absolut verdient hatte. Wenn dies die Unterwelt war und ich mich auf einer Rettungsmission befand, dann handelte es sich bei der Seele, die ich retten musste, um mich selbst. Außerdem war die Sache bei Orpheus am Ende bekanntlich doch noch schiefgelaufen.
    Gerade als ich schon zu fürchten begann, dass die Falltür zum ersten Stock von verbogenen und geschmolzenen Metallteilen versperrt war, wäre ich fast durch ein Loch im Boden gefallen. Ich richtete die Taschenlampe nach unten und sah die auf ein Skelett reduzierten Wände eines Raums, der vielleicht einmal als Lager gedient hatte.
    Falltür und Leiter waren verschwunden, zu Asche verbrannt. Erleichtert stemmte ich mich in die Öffnung, ließ los und landete auf den Beinen. Ich taumelte, hielt mich jedoch im Gleichgewicht.
    Durch die verbogenen Stahlstützen einer nicht mehr vorhandenen Wand trat ich in den Hauptflur. Da ich mich nun direkt über dem Erdgeschoss befand, konnte ich sicher irgendwo einfach aus einem Fenster springen, statt eine der eventuell bewachten Treppen zu benutzen.
    Das Erste, worauf der Strahl meiner Lampe fiel, waren Pfotenspuren, die aussahen wie die Fährte, die ich am Hintereingang des Hotels gesehen hatte. Seinerzeit war mir ein Säbelzahntiger in den Sinn gekommen.
    Das Zweite, was ich im Licht sah, waren menschliche Fußspuren, die schon nach wenigen Schritten zu Datura führten. Genau in dem Augenblick, als meine Taschenlampe sie fand, knipste sie auch ihre an.

51
    »Hallo, Süßer«, sagte Datura.
    Außer der Taschenlampe hatte sie auch eine Pistole dabei.
    »Ich hab da ganz unten an der Nordtreppe gestanden, mit einem Glas Wein«, berichtete sie. »Ganz locker bleiben, hab ich mir gesagt, damit ich deine Kraft spüre, du weißt schon, den Magnetismus, von dem der kleine Danny mir erzählt hat.«
    »Hör auf zu reden«, flehte ich. »Erschieß mich einfach!«
    »Bald wurde es mir langweilig«, fuhr sie fort, ohne auf meine Unterbrechung zu achten. »Das passiert mir schnell. Da fielen mir die großen Katzenspuren in der Asche auf. Die sind nicht nur im Gang unten, sondern auch auf der Treppe. Da hab ich beschlossen, ihnen zu folgen.«
    In diesem Teil des Hotels hatte das Feuer besonders heftig gewütet. Die meisten Innenwände waren verbrannt, sodass ein riesiger, düsterer Raum entstanden war. Nur die von einbetonierten Stahlträgern gestützte Decke hatte gehalten. Im Lauf der Jahre hatten Asche und Staub auf dem Boden einen weichen, üppigen Teppich geschaffen, über den mein Säbelzahntiger offenbar erst vor Kurzem hin und her gewandert war.
    »Das Biest ist hier überall herumgetigert«, sagte Datura. »Ich fand es so interessant, wie es ständig im Kreis gegangen ist, dass ich dich völlig vergessen hatte. Ganz und gar. Und genau in dem Augenblick hab ich dich kommen hören und meine Taschenlampe ausgeschaltet. Total cool, Süßer! Da hab ich gedacht, ich
folge dieser Katze, und wurde ausgerechnet dann zu dir hingezogen, als ich es am wenigsten erwartet hab. Du bist schon ein komischer Typ, ist dir das klar?«
    »Durchaus«, sagte ich.
    »War hier wirklich eine Katze, oder stammen die Spuren von einem Phantom, das du beschworen hast, um mich hierherzuführen? «
    »Hier war wirklich eine Katze«, versicherte ich ihr.
    Ich war sehr müde. Und dreckig. Ich wollte die Sache endlich hinter mich bringen, nach Hause fahren und mich in die Badewanne legen.
    Etwa vier Meter trennten uns voneinander. Wäre der Abstand geringer gewesen, dann hätte ich versuchen können, auf Datura zuzuspringen, mich unter ihrem Arm hindurchzuducken und ihr die Waffe zu entreißen.
    Wenn ich sie am Reden hielt, ergab sich vielleicht eine andere Gelegenheit, den Spieß umzudrehen. Viel musste ich bekanntlich gar nicht tun, damit sie ohne Pause plapperte.
    Es ging schon weiter. »Ich hab mal einen Prinzen aus Nigeria getroffen, der hat behauptet, er ist ein Isangoma . Er hat gesagt, nach Mitternacht könnte er sich in einen Panther verwandeln.«
    »Wieso nicht schon um zehn?«
    »Ich glaube

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