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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Anarchie und deren praktische Anwendung besuchen.
    Was diese Form der Selbstverbesserung angeht, bin ich jedoch recht nachlässig. Ich würde lieber meinen Pfannkuchenteig perfektionieren, als mir Rezepte für sechzehn Sorten Nervengas einzuprägen. Und ich würde lieber einen Roman von Ozzie Boone lesen, statt stundenlang an einem Wiederbelebungs-Dummy zu üben, wie man mit einem einzigen Dolchstoß ein Herz durchbohrt. So ist es eben.

    An dem Teil der Decke, der nicht heruntergebrochen war, fiel mir eine Falltür ins Auge. Als ich an dem davon herabhängenden Seilgriff zerrte, ging der Verschluss quietschend und ächzend auf. Zum Vorschein kam eine Faltleiter, die sich mit etwas Mühe ausziehen ließ.
    Als ich nach oben kletterte, sah ich im Kegel meiner Taschenlampe, dass zwischen der Decke und dem Boden der nächsten Etage ein knapp eineinhalb Meter hoher Zwischenstock eingezogen war. Er diente zur Unterbringung eines Labyrinths aus Kupfer- und Kunststoffrohren, elektrischen Leitungen sowie Vorrichtungen, die mit dem Heizungs- und Belüftungssystem zu tun hatten.
    Ich konnte mich entweder hier umsehen oder die Faltleiter wieder hinunterklettern und mir einen Cocktail aus Bleiche und Salmiak mixen.
    Da ich keinen Limonenschnitz dabeihatte, stieg ich ganz hinauf, zog die Leiter hoch und schloss hinter mir die Falltür.

49
    Der Legende nach ziehen afrikanische Elefanten, wenn sie den Tod herannahen spüren, zu einem Ort tief im Urwald, um zu sterben. Vom Menschen unentdeckt, liegt dort angeblich ein riesiger Berg aus Knochen und Elfenbein.
    Zwischen der zwölften und dreizehnten Etage des Panamint-Resorts entdeckte ich zwar keinen Elefantenfriedhof, aber etwas ganz Ähnliches – für Ratten. Ein lebendes Exemplar war nirgendwo zu sehen, dafür die Überreste von mindestens hundert Nagern, die aus dieser Welt in das Reich ewigen Käses gezogen waren.
    Gestorben waren sie hauptsächlich in Dreier- und Viererknäueln; ich fand allerdings auch einen Haufen von etwa zwanzig Kadavern. Wahrscheinlich waren sie in dem Rauch erstickt, der diesen Zwischenraum am Abend der Katastrophe erfüllt hatte. Nach fünf Jahren war von ihnen nichts mehr übrig als Schädel, Knochen, einige Fetzen Fell und gelegentlich ein mumifizierter Schwanz.
    Bis zu dieser Entdeckung hätte ich nie gedacht, ich könnte so empfindsam sein, an haufenweise Rattenresten etwas melancholisch zu finden. Es war jedoch einfach traurig, sich vorzustellen, wie plötzlich das Leben der geschäftig umherhuschenden Tiere geendet hatte. Nun träumten sie nicht mehr schnurrhaarzuckend von leckeren Essensresten, putzten sich gegenseitig das Fell und paarten sich fieberhaft in der warmen Nacht. Diese Rattengebeinchen
sprachen nicht weniger als ein Elefantenfriedhof von der vergänglichen Natur aller Dinge.
    Na schön, mir kamen wegen des Schicksals der Nager nicht die Tränen. Ich hatte nicht mal einen Kloß im Hals. Da ich jedoch seit meiner Kindheit ein erklärter Fan von Micky Maus war, ließ diese rattige Apokalypse mich jedoch verständlicherweise nicht ungerührt.
    Fast alle Oberflächen waren mit einem Rußfilm bedeckt, doch richtig gebrannt hatte es hier offenbar nicht. Die Flammen, die sich durch falsch konstruierte Schächte verbreitet hatten, waren hier ebenso vorbeigewandert, wie sie den zwölften Stock verschont hatten.
    Aufgrund der eineinhalb Meter Höhe musste ich mich nicht kriechend vorwärtsbewegen, sondern konnte den Raum geduckt erforschen. Zuerst war mir nicht recht klar, was ich zu finden hoffte, aber mit der Zeit kam ich auf die Idee, dass die Schächte, durch die das Feuer aufgestiegen war, mir vielleicht einen Ausweg boten.
    Die schiere Menge von Rohren und Maschinerien war erstaunlich. Damit der Thermostat von jedem Gast individuell geregelt werden konnte, besaß offenbar jedes Zimmer seine eigene, an die zentralen Rohrleitungen angeschlossene Klimaanlage. Diese Geräte und die mit ihnen verbundenen Pumpen und Überflussbecken bildeten ein geometrisches Labyrinth, das mich an die von einer geheimnisvollen Infrastruktur überzogene Oberfläche jener riesigen Raumschiffe in Star Wars erinnerte, durch deren Schluchten die Helden und ihre Verfolger jagen.
    Statt auf X-Flügler und Sternenzerstörer traf ich auf Spinnen und ihre Netze, die durchaus so komplex waren wie das Spiralmuster von Galaxien. Ab und zu musste ich über eine von früher hier tätigen Mechanikern hinterlassene Coladose oder
weitere Rattenleichen steigen, bis ich

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