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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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erscheinen Geister, die so lange im Zustand eines selbst gewählten Fegefeuers verweilen, in einer melancholischen oder nervösen Stimmung. Die sieben folgten dieser Regel.
    Sehnsucht zieht sie in meine Nähe. Ich bin nicht immer sicher, wonach sie sich sehnen. Allerdings habe ich den Eindruck, dass die meisten sich lösen wollen. Sie wünschen sich genügend Mut, um diese Welt loslassen und entdecken zu können, was als Nächstes kommt.
    Furcht hindert sie daran zu tun, was sie tun müssen. Furcht und Bedauern, und Liebe zu denen, die sie zurückgelassen haben.
    Weil ich sie sehen kann, bilde ich eine Brücke zwischen Leben und Tod, und sie hoffen, dass ich für sie die Tür öffnen kann, die sie sich zu öffnen fürchten. Weil ich der bin, der ich bin – ein junger Kalifornier, der aussieht wie die Surfer in den Beachparty-Filmen der 1960er-Jahre, wenn auch weniger geschniegelt und noch weniger bedrohlich als deren Star Frankie Avalon –, wecke ich ihr Vertrauen.
    Ich fürchte, dass ich ihnen weniger zu bieten habe, als sie meinen. Der Rat, den ich ihnen gebe, ist so seicht, wie Ozzie es von seiner Weisheit behauptet.
    Dass ich bereit bin, sie zu berühren und zu umarmen, scheint ihnen immer einen Trost zu bieten, für den sie dankbar sind. Sie erwidern meine Umarmung. Sie berühren mein Gesicht und küssen meine Hände.
    Ihre Melancholie raubt mir die Kraft. Ihre Bedürftigkeit erschöpft mich. Ich bin ausgelaugt vor lauter Mitleid. Manchmal
scheint es, als müssten sie durch mein Herz gehen, um diese Welt zu verlassen, und dieses Herz wird dadurch narbig und wund.
    Nun trat ich vom einen zum anderen und sagte jedem, was er, wie ich ahnte, brauchte.
    »Diese Welt ist für immer verloren«, sagte ich zum Ersten. »Hier gibt es nichts mehr für dich als Sehnsucht, Enttäuschung und Traurigkeit.«
    Ich sagte: »Du kennst jetzt den Teil von dir, der unsterblich ist, und du weißt, dass dein Leben Sinn hatte. Um diesen Sinn zu entdecken, musst du annehmen, was als Nächstes kommt.«
    Zum Nächsten sagte ich: »Du meinst, du verdienst keine Gnade, aber die Gnade ist dein, wenn du nur deine Furcht überwindest. «
    Während ich nacheinander zu den sieben sprach, erschien ein achter Geist: ein großer, breitschultriger Mann mit tief liegenden Augen, groben Gesichtszügen und Bürstenhaarschnitt. Er starrte mich über die Köpfe der anderen hinweg an. Sein Blick hatte die Farbe von Galle und war nicht weniger bitter.
    Zu dem jungen Schwarzen, der unablässig verlegen an seiner eleganten Kleidung fummelte, sagte ich: »Wahrhaft böse Menschen erhalten nicht die Erlaubnis, hier zu verweilen. Dass du nach deinem Tod so lange hier warst, bedeutet, du hast keinen Grund zu fürchten, was als Nächstes kommt.«
    Die Toten hatten einen Kreis um mich gebildet, und während ich vom einen zum anderen ging, schlich der Neuankömmling so um die Gruppe herum, dass er mein Gesicht im Blick behielt. Seine Stimmung schien sich zu verdüstern, während er mir zuhörte.
    »Ihr meint, was ich euch sage, ist Blödsinn. Vielleicht stimmt das; schließlich war ich noch nicht drüben. Wie kann ich wissen, was auf der anderen Seite wartet?«

    Ihre Augen schimmerten vor Sehnsucht, und ich hoffte, dass sie an mir nicht Mitleid, sondern echtes Mitgefühl erkannten.
    »Die Welt bezaubert mich mit ihrer Schönheit, aber sie ist voller Brüche. Ich will die Fassung sehen, die wir nicht vermurkst haben. Wollt ihr das etwa nicht?«
    Und schließlich sagte ich: »Die Frau, die ich liebe … die hat gemeint, wir haben womöglich drei Leben, nicht nur zwei. Dieses erste Leben hat sie als Ausbildungslager bezeichnet.«
    Ich hielt inne. Ich hatte keine Wahl. Einen Moment lang gehörte ich eher zu dem Fegefeuer der Gestalten vor mir als zu dieser Welt, denn mir versagte die Stimme.
    »Sie sagt, wir sind im Ausbildungslager, um zu lernen«, fuhr ich schließlich fort, »um aus freiem Willen zu scheitern oder erfolgreich durchzukommen. Dann ziehen wir weiter in ein zweites Leben, das sie als Dienst bezeichnet hat.«
    Der rothaarige Mann, dessen fröhliches Lächeln im Widerspruch zu seinem qualvollen Blick stand, trat auf mich zu und legte mir die Hand auf die Schulter.
    »Ihr Name ist Bronwen, aber sie wird lieber Stormy genannt. Im Dienst, sagt Stormy, nehmen wir an einem kosmischen Unternehmen teil, bei dem wir fantastische Abenteuer erleben. Die Belohnung kommt dann in unserem dritten Leben, und das dauert ewig.«
    Wieder musste ich schweigen. Da ich die

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