Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
Vom Netzwerk:
noch in sämtlichen Angeln, stand jedoch ebenso halb offen wie die erste.
    Ich legte die Hand über das Glas der Taschenlampe, um sie ein wenig abzudunkeln, und wagte mich über die Schwelle.

    Auch in diesem Treppenhaus hatte die Stille etwas Erwartungsvolles an sich, als wäre ich nicht der Einzige gewesen, der ins Dunkel lauschte. Auch der feine, beunruhigende Geruch, der mich davon abgebracht hatte, die Treppe am anderen Ende des Gebäudes zu benutzen, war wieder wahrzunehmen.
    Wie vorher kam mir das tote Gesicht des Schlangenmannes in den Sinn, mit weißen, hervorquellenden Augen, weit offenem Mund und verschluckter Zunge.
    Aufgrund einer düsteren Ahnung und dieses realen oder auch nur eingebildeten Geruchs kam ich zu dem Schluss, dass beide Treppen bewacht wurden. Ich konnte sie also nicht benutzen.
    Mein sechster Sinn sagte mir jedoch auch, dass Danny irgendwo da oben gefangen war. Er – der Magnet – wartete, und ich, magnetisiert durch eine unsichtbare Kraft, wurde mit einem Nachdruck angezogen, den ich nicht ignorieren konnte.

26
    Am Rand der Haupthalle fand ich einen kurzen Flur mit zehn Aufzügen, fünf auf jeder Seite. Acht Türen waren geschlossen; ich war mir jedoch sicher, sie aufstemmen zu können.
    Die letzten zwei Türen rechter Hand waren vollständig geöffnet. Hinter der ersten wartete eine leere Kabine, deren Boden sich eine gute Handbreit unterhalb des Eingangs befand. Hinter der zweiten sah ich nur Leere.
    Ich lehnte mich in den Schacht und ließ den Lichtkegel auf-und abgleiten, über Führungsschienen und Seile. Die verschwundene Kabine lag zwei Etagen tiefer im zweiten Untergeschoss.
    An der rechten Wand war eine Leiter angebracht. Optisch immer kleiner werdend, stieg sie bis zum Dach des Gebäudes empor.
    In meinem Rucksack befand sich eine Lampenhalterung, wie Höhlenforscher sie verwenden. Ich kramte sie hervor, befestigte den Handgriff der Taschenlampe in der Halterung und schnallte mir den Gurt um Stirn und Hinterkopf. Wie der Strahl eines Infrarotvisiers auf einem Flintenlauf glitt das Licht über meinen Arm, meinen Handrücken und an den Fingerspitzen vorüber in die Dunkelheit.
    Da ich nun beide Hände frei hatte, konnte ich mich an einer Sprosse festhalten und auf die Leiter schwingen. Langsam kletterte ich hinauf.

    Nach einigen Sprossen hielt ich inne, um zu schnuppern. Im Aufzugschacht war keiner der Gerüche wahrnehmbar, die mich davon abgehalten hatten, die beiden Treppen zu benutzen.
    Dafür wirkte der Schacht wie ein Resonanzkörper, der jedes Geräusch verstärkte. Falls oben die falsche Tür offen stand und falls zufällig jemand sich in ihrer Nähe befand, dann würde er mich kommen hören.
    Ich musste daher so leise wie möglich hinaufsteigen, und das hieß nicht so schnell, dass ich vor Anstrengung zu schnaufen begann.
    Das Licht war ein Problem. Einen Moment lang hielt ich mich nur mit der rechten Hand fest, um mit der linken die Lampe auszuschalten.
    Wie beunruhigend, in vollkommene Finsternis hinaufzusteigen! In den urtümlichsten Fundamenten meines Geistes, auf dem Niveau einer kollektiven Erinnerung oder noch tiefer, ruhte die Erwartung, dass jeder Aufstieg ins Licht führen sollte. Nun immer höher in anhaltende Schwärze zu klettern, wirkte äußerst desorientierend.
    Nach meiner Schätzung war das Erdgeschoss etwa sechs Meter hoch, die folgenden Etagen dreieinhalb Meter. Auf letzterer Distanz befanden sich geschätzte vierundzwanzig Leitersprossen.
    Nach dieser Berechnung war ich bis in den dritten Stock gekommen, als ein Rumpeln durch den Schacht dröhnte. Ich dachte: Erdbeben , erstarrte auf der Leiter und klammerte mich fest, weil ich herabstürzende Steinbrocken und weitere Zerstörung erwartete.
    Als der Schacht nicht zitterte und die Stahlseile nicht, von Vibrationen erfasst, summten, wurde mir klar, dass es sich um einen langen Donnerschlag gehandelt hatte. Er war zwar noch entfernt, klang jedoch näher als seine Vorgänger.

    Hand für Hand und Fuß für Fuß kletterte ich weiter. Dabei überlegte ich, wie ich Danny aus seinem luftigen Kerker herunterschaffen konnte, falls es mir überhaupt gelang, ihn zu befreien. Wenn auf den Treppen bewaffnete Männer postiert waren, dann war uns dieser Fluchtweg verwehrt. Und angesichts seiner Behinderungen und seiner körperlichen Unsicherheit konnte Danny bestimmt keine Leiter hinabklettern.
    Eins nach dem anderen. Zuerst musste ich ihn finden und dann befreien.
    Zu weit vorauszudenken konnte mich lähmen, vor

Weitere Kostenlose Bücher