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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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linker Arm schob sich um meinen Hals. »Offenbar bist du auf die Gehirnwäsche hereingefallen, mit der die großen Pharmafirmen uns bearbeiten.«
    »Kann schon sein.«
    »Die Pharmamafia, die Ölmafia, die Tabakmafia, die Massenmedien – die schleichen sich alle in unseren Kopf ein. Sie vergiften uns. Dabei braucht man keine künstliche Medizin. Die Natur hat Heilmittel für alles.«
    »Stimmt schon. Engelstrompete ist zum Beispiel unheimlich wirksam. Ich könnte jetzt ein Blatt gebrauchen. Oder ein Blüte. Eine Wurzel wäre auch nicht schlecht.«
    »Ach, davon habe selbst ich noch nichts gehört!«
    Neben dem Bouquet von Cabernet Sauvignon schwang in ihrem Atem noch ein anderer Duft mit, den ich nicht identifizieren konnte. Er war streng, fast bitter.
    Mir fiel ein, dass man im Schweiß und im Atem von Psychopathen einen feinen, aber charakteristischen chemischen Duft feststellen kann, weil ihr mentaler Zustand von bestimmten physiologischen Veränderungen begleitet wird. Vielleicht roch Daturas Atem ja nach Wahnsinn.
    »Ein Löffel weiße Senfsamen schützt gegen jeden Schaden«, sagte sie.
    »Wenn ich bloß einen hätte.«
    »Wer Wunderweltwurzel isst, wird reich.«
    »Klingt besser als harte Arbeit.«
    Wieder drückte sie mir das Glas an die Lippen, und als ich
versuchte, den Kopf zurückzuziehen, verhinderte sie das mit dem Arm, den sie mir um den Hals gelegt hatte.
    Als ich daraufhin den Kopf wegdrehte, ließ sie das Glas sinken und fing zu meinem Erstaunen an zu kichern. »Ich weiß, du bist ein Mundunugu , aber du spielst wirklich gut die Kirchenmaus. «
    Ein plötzlicher Windstoß warf prasselnden Regen ans Fenster.
    Datura wackelte auf meinem Schoß mit ihrem Hintern, grinste und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
    »Es ist dumm, keine Heilkräuter zu verwenden, Odd Thomas. Du isst doch hoffentlich kein Fleisch, oder?«
    »Ich bin Grillkoch.«
    »Ich weiß schon, dass du welches brätst«, sagte sie, »aber bitte sag mir nicht, dass du es auch isst!«
    »Sogar Cheeseburger mit Speck.«
    »Das ist so selbstzerstörerisch!«
    »Und Pommes«, fügte ich hinzu.
    »Reiner Selbstmord.«
    Sie nahm den Mund voll Wein, den sie mir ins Gesicht spuckte. »Na, was hat dein Widerstand dir jetzt gebracht, Süßer? Datura bekommt immer, was sie will. Ich kann dich brechen.«
    Nicht, wenn das nicht einmal meine Mutter geschafft hat, dachte ich, während ich mir mit der Hand das Gesicht abwischte.
    »André und Robert können dich festhalten, während ich dir die Nase zukneife«, sagte sie. »Wenn du den Mund aufmachst, um zu atmen, gieße ich dir den Wein in den Schlund. Dann zerbreche ich an deinen Zähnen das Glas, und du darfst die Scherben kauen. Ist dir das lieber?«
    Bevor sie mir das Weinglas erneut an die Lippen drücken konnte, fragte ich: »Du möchtest also die Toten sehen?«
    Zweifellos sahen manche Männer ein erregendes blaues Feuer in ihren Augen, aber dabei verwechselten sie Leidenschaft
mit Appetit. Daturas Blick war der eines kühlen, gefräßigen Krokodils.
    Forschend blickte sie mir in die Augen. »Du hast mir doch gesagt, außer dir könnte keiner sie sehen.«
    »Ich hüte meine Geheimnisse.«
    »Dann kannst du doch Geister beschwören.«
    »Ja«, log ich.
    »Ich wusste es! Von Anfang an!«
    »Es gibt Tote hier, ganz wie du dachtest.«
    Sie sah sich um. Der Kerzenschein ließ die Schatten zucken.
    »In diesem Zimmer sind allerdings keine«, sagte ich.
    »Wo dann?«
    »Unten. Ich hab sie vorher gesehen, im Kasino.«
    Sie erhob sich von meinem Schoß. »Hol sie hierher!«
    »Sie entscheiden selbst, wo sie spuken.«
    »Du hast die Macht, sie herzurufen.«
    »So funktioniert das nicht. Es gibt zwar Ausnahmen, aber im Allgemeinen klammern sie sich an den Ort, an dem sie gestorben sind … oder an dem sie im Leben am glücklichsten waren.«
    Datura stellte das Weinglas auf den Tisch. »Welchen Trick hast du da im Ärmel?«
    »Ich trage ein T-Shirt.«
    Ihre Augen wurden schmal. »Was soll das bedeuten?«
    Auch ich stand auf. »Gessel, dieser Gestapo-Mann – erscheint der jemals irgendwo außer im Keller jenes Gebäudes in Paris? Irgendwo anders als an dem Ort, wo er gestorben ist?«
    Darüber dachte sie einen Augenblick nach. »Na schön«, sagte sie dann. »Gehen wir ins Kasino.«

35
    Um das verlassene Hotel zu erforschen, hatten sie Benzinlaternen mitgebracht. Gegen die Dunkelheit kam man damit besser an als mit Taschenlampen.
    André ließ die Schrotflinte neben dem Fenster von Zimmer 1203 auf dem Boden

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