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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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liegen, was mich davon überzeugte, dass er und Robert Pistolen unter ihren schwarzen Sakkos trugen.
    Die Fernbedienung blieb auf dem Tisch. Falls Datura an meinem Beschwörungstrick im Kasino keinen Gefallen fand, dann war sie wenigstens nicht sofort in der Lage, Danny in die Luft zu sprengen. Sie musste hierher zurückkehren, um die Höllenmaschine auszulösen.
    Als wir gerade das Zimmer verlassen wollten, fiel ihr ein, dass sie seit gestern keine Banane gegessen hatte. Dieses Versäumnis machte ihr sichtlich Sorgen.
    Im angrenzenden Badezimmer standen Kühlboxen mit Proviant und Getränken. Von dort besorgte sie sich eine prächtige Chiquita.
    Während sie die Frucht schälte, erwähnte sie, bei der Bananenstaude handle es sich – »wie du wohl weißt, Odd Thomas« – um den Baum mit den verbotenen Früchten im Garten Eden.
    »Ich dachte, das war ein Apfelbaum.«
    »Stell dich nur weiter dumm«, sagte sie.
    Obwohl sie angeblich sicher war, dass ich Bescheid wusste, ließ sie sich anschließend darüber aus, dass die berühmte
Schlange ewig lebe, weil sie zweimal täglich von der Frucht der Bananenstaude esse. Auch jede gewöhnliche Schlange könne tausend Jahre leben, indem sie dieser simplen Diät folge.
    »Aber du bist keine Schlange«, wandte ich ein.
    »Als ich neunzehn war, habe ich einen Wanga ausgeführt, um den Geist einer Schlange aus ihrem Körper in meinen zu locken. Wie du sicher sehen kannst, liegt er verschlungen zwischen meinen Rippen, wo er ewig leben wird.«
    »Oder tausend Jahre. Immerhin.«
    Daturas Theologie, deren Bestandteile offenbar teils aus dem Voodoo, teils aus einem Wust anderer Quellen stammten, war so wild zusammengeflickt, dass einem regelrecht schwindlig wurde. Selbst Sektenführer wie Jim Jones in Guayana, David Koresh in Waco und der Ufo-Prophet Marshall Applewhite, deren Jünger im Massenselbstmord endeten, hätten sich da eine Scheibe abschneiden können.
    Statt aus dem Verzehr der Banane eine erotische Darbietung zu machen, wie ich erwartet hatte, mampfte Datura die Frucht mit sturer Entschlossenheit. Sie kaute ohne sichtlichen Genuss, und wenn sie schluckte, zog sie oft eine Grimasse.
    Ich schätzte sie auf fünfundzwanzig oder sechsundzwanzig Jahre. Gut möglich, dass sie nun schon sieben Jahre lang zwei Bananen täglich mampfte.
    Nach dem Verzehr von über fünftausend Bananen war durchaus verständlich, dass sie den Geschmack daran verloren hatte – vor allem, wenn sie ausgerechnet hatte, was noch vor ihr lag. Hatte sie dank der Schlange noch neunhundertvierundsiebzig Jahre zu leben, so warteten in der Zukunft etwa siebenhundertundzehntausend Bananen auf sie.
    Da fand ich es schon leichter, Katholik zu sein. Vor allem einer, der nicht jede Woche in die Kirche ging.

    Vieles an Datura war töricht, ja bedauernswert, doch ihre Albernheit und Ignoranz machten sie nicht weniger gefährlich. Im Lauf der Geschichte haben Narren und ihre Anhänger, die absichtlich ignorant, aber dafür ebenso in sich selbst wie in die Macht verliebt waren, viele Millionen Menschen umgebracht.
    Als sie die Banane verzehrt und damit den Geist der zwischen ihren Rippen steckenden Schlange besänftigt hatte, waren wir endlich bereit, das Kasino aufzusuchen.
    An meinem Oberschenkel begann es zu vibrieren. Erschrocken hatte ich schon die Hand in die Hosentasche geschoben, als mir klar wurde, dass ich nur Terri Stambaughs Handy spürte.
    »Was hast du da?«, fragte Datura, die mich beobachtet hatte.
    Mir blieb keine Wahl, als die Wahrheit zu sagen. »Nur mein Telefon. Ich hab’s auf Vibrationsalarm gestellt.«
    »Vibriert es noch?«
    »Ja.« Ich zog es hervor, und wir starrten es eine Weile an, bis der Anrufer auflegte.
    »Das Ding hatte ich ganz vergessen«, sagte Datura. »Ich glaube nicht, dass wir es dir lassen sollten.«
    Gezwungenermaßen händigte ich es aus.
    Sie ging damit ins Bad, wo sie es zweimal mit aller Wucht ans Waschbecken schlug.
    Als sie zurückkam, grinste sie. »Als wir mal im Kino waren, saß hinter uns so ein Idiot, der während des Films doch tatsächlich zweimal ein Gespräch angenommen hat. Später sind wir ihm gefolgt, und André hat ihm mit seinem Baseballschläger beide Beine gebrochen.«
    Das war ein Beweis, dass selbst die bösartigsten Leute gelegentlich soziale Verantwortung übernahmen, wenngleich mit äußerst fragwürdigen Methoden.
    »Gehen wir«, sagte sie.

    Ich hatte Zimmer 1203 mit einer Taschenlampe betreten, die ich inzwischen ausgeschaltet und am Gürtel

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