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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Das tut sie, weil sie wegen dir dort war, wo das Erdbeben ihr Leben zerstört hat, und weil sie weiß, dass du jetzt nicht für sie da bist und das auch niemals warst.«

    Ganz offensichtlich lauschte Datura ihren eigenen Worten wie ein begeistertes Publikum und genoss ihre Bosheit in vollen Zügen. Nach jedem hasserfüllten Satz schien sie sich darin zu aalen, dass sie eine noch tiefere Gemeinheit in sich entdeckt hatte.
    Der heimtückische Kern unter der Maske der Schönheit war inzwischen fast ungehindert sichtbar. Statt sich als Objekt feuchter Träume anzubieten, passte Daturas gerötetes, verzerrtes Gesicht nun eher ins Irrenhaus.
    Unwillkürlich spannte ich alle Muskeln an. Ich spürte, dass der Zorn des bulligen Geistes sich jetzt gleich entladen würde.
    Von Datura angestachelt, verfiel der Mann mit dem Bürstenhaarschnitt in spastische Zuckungen, als würde er mit Peitschenhieben oder Elektroschocks traktiert. Mit gespreizten Fingern breitete er die Arme aus wie der Prediger einer ekstatischen Sekte, der die Gemeinde ermahnte, endlich Buße zu tun.
    Aus seinen großen Händen pulsierten konzentrische Ringe aus Energie. Für mich waren sie sichtbar, während Datura und ihre Männer nur die Wirkungen sehen würden.
    Zwischen den umgestürzten Spielautomaten erhob sich ein Rasseln, Klicken, Ächzen und Knacken. Die beiden Hocker am ersten Blackjack-Tisch begannen an Ort und Stelle zu tanzen. An mehreren Stellen stiegen kleine Trichter aus wirbelnder Asche vom Boden empor.
    »Was geschieht da?«, fragte Datura.
    »Gleich werden sie erscheinen«, sagte ich, obgleich alle Geister außer dem zornigen Mann verschwunden waren. »Alle. Endlich wirst du sie sehen !«
    Poltergeister sind so unpersönlich wie ein Wirbelsturm. Sie können nicht zielgerichtet toben oder bestimmte Wirkungen erzielen. Sie bestehen aus blinder, zappelnder Kraft und können Menschen nur durch Zufall schaden. Wird man jedoch von
einem planlos geschleuderten Gegenstand getroffen, so ist die Wirkung nicht weniger verheerend als die eines gut gezielten Knüppelschlags an den Schädel.
    Aus der Deckenverzierung stammende Gipsbrocken erhoben sich von dem Tisch, auf den sie während des Erdbebens gefallen waren, und sausten auf uns zu.
    Ich sprang zur Seite, Datura duckte sich. Die Geschosse flogen vorbei und krachten in die Pfeiler und die Wand hinter uns.
    Blitze zuckten aus den Händen des Poltergeists, und als er den nächsten stummen Schrei ausstieß, stiegen leuchtende Ringe aus Energie auch aus seinem Mund.
    Vom Boden erhoben sich weitere, größere Trichter aus grauer Asche, Ruß und verkohlten Holzsplittern. Kleine Gipsbrocken lösten sich von der Decke und regneten herab, begleitet von losen Drähten und Stromkabelstücken. Einer der ramponierten Blackjack-Tische taumelte durch den Raum wie von einem Windstoß getrieben, den wir nicht spüren konnten. Ein vom Feuer versengtes Glücksrad wirbelte vorbei, gefolgt von zwei Aluminiumkrücken auf der Suche nach dem toten Spieler, der sie einst gebraucht hatte. Aus der Dunkelheit kam ein gespenstisches Kreischen, das rasch anschwoll und immer schriller wurde.
    Inmitten des jäh eskalierenden Chaos traf ein bestimmt über fünf Kilo schwerer Gipsbrocken Robert an der Brust und riss ihn von den Beinen.
    Im selben Augenblick tauchte aus dem dunklen Hintergrund des Kasinos das mysteriöse Objekt auf, das für das Kreischen verantwortlich war. Es handelte sich um die lebensgroße, halb geschmolzene Bronzestatue eines berittenen Indianerhäuptlings. Während sie sich mit erschreckender Geschwindigkeit um sich selbst drehte, scharrte der Sockel kreischend über den Betonboden, auf dem nur noch verkohlte Reste des Teppichbodens
klebten. Weiße und gelbe Funken sprühend, schleuderte das Ding Schuttbrocken in alle Richtungen.
    Während Robert auf dem Boden aufkam und Datura und André mit offenem Mund auf die sich nähernde Statue starrten, ergriff ich die Gelegenheit. Ich trat zu der nächsten Benzinlaterne, ergriff sie und warf sie in Richtung ihres Gegenstücks.
    Trotz meiner fehlenden Praxis beim Bowling landete ich einen Treffer. Krachend prallte Laterne auf Laterne, das Licht flammte kurz auf und erlosch. Nur die von dem kreisenden Reiterstandbild sprühenden Funken stoben noch durch die Finsternis.

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    Sobald ein derart kraftvoller Poltergeist damit beschäftigt ist, seine aufgestaute Wut gewaltsam abzulassen, tobt er normalerweise unbeherrscht weiter, bis er sich völlig erschöpft hat – so

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