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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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dich verwüstet hat. Zeig’s mir, um mich zu verscheuchen!«
    Da ich definitiv nicht in der Lage war, die Geister im Kasino zu zwingen, sich so weit zu materialisieren, dass Datura sie sehen konnte, zählte ich auf den Schlägertyp mit Bürstenhaarschnitt. Wenn er sich tatsächlich als Poltergeist gebärdete, dann war das ein Spektakel, das meine Gegner nicht nur unterhalten, sondern auch so weit ablenken würde, dass ich womöglich fliehen konnte.
    Das Problem lag darin, die offenkundig bereits brodelnde Wut der Erscheinung zu einem Tobsuchtsanfall zu steigern, der für einen Auftritt als Poltergeist nötig war. Nun sah es ganz so aus, als würde Datura mir die Mühe abnehmen.
    »Du warst nicht da, als deine Schwestern dich brauchten«, höhnte sie. »Nicht vor dem Erdbeben, nicht währenddessen, nicht danach. Nie!«
    Während die Cocktailkellnerin nur das Gesicht in den Händen vergrub und die ätzenden Anschuldigungen einfach über sich ergehen ließ, starrte der Schlägertyp Datura drohend an. Der Zorn in seiner Miene erreichte allmählich den Siedepunkt.

    Er und Maryann Morris waren nicht nur durch ihren gewaltsamen Tod verbunden, sondern auch durch ihre Unfähigkeit, diese Welt zu verlassen, aber ich weiß nicht recht, ob seine Stimmung sich verdüsterte, weil er an der Behandlung der Kellnerin Anstoß nahm. Eigentlich glaube ich nicht, dass diese gestrandeten Geister irgendein Gemeinschaftsgefühl empfinden. Sie sehen sich zwar, aber im Grunde ist jeder allein.
    Wahrscheinlich war es so, dass Daturas Bösartigkeit in ihm Nachhall fand, ihn erregte und seinen bereits bestehenden Zorn verstärkte.
    »Der fünfte Geist ist eingetroffen«, verkündete ich. »Jetzt sind die Bedingungen ideal.«
    »Dann tu es endlich! «, sagte sie scharf. »Beschwöre sie für mich, gleich jetzt. Lass mich sie sehen !«
    Stolz bin ich darauf nicht, aber um mich und Danny zu retten, sagte ich: »Was du da tust, ist hilfreich. Es … ich weiß auch nicht … es weckt ihre Emotionen oder so.«
    »Ich weiß immer ganz genau, was ich tue, das hab ich dir ja gesagt. Zieh das bloß nie in Zweifel, Süßer!«
    »Mach einfach weiter, dann wirst du mit meiner Hilfe in ein paar Minuten nicht nur Maryann sehen, sondern alle!«
    Begeistert schleuderte sie der Cocktailkellnerin weitere Beschimpfungen entgegen, mit Worten, die noch viel übler waren als bisher. Beide Benzinlaternen pulsierten wie im Gleichtakt mit den Blitzschlägen, die womöglich im selben Augenblick durch den Himmel draußen zuckten.
    Der bullige Geist stampfte davon, drehte sich um, kam wieder zurück und ging im Kreis, als wäre er in einen Käfig eingesperrt und hielte das endgültig nicht mehr aus. Er schlug die Fäuste so fest aneinander, dass ihm die Knöchel gebrochen wären, hätte er Substanz gehabt. In seiner jetzigen Gestalt machte er jedoch nicht das leiseste Geräusch.

    Er hätte mit den Fäusten auf mich einschlagen können, ohne eine Wirkung zu erzielen. Kein Geist kann einem lebenden Menschen durch direkte Berührung Schaden zufügen. Diese Welt gehört uns, nicht ihnen.
    Ist ein an die Erde gefesselter Geist jedoch aggressiv genug, dann können der Zorn, der Neid, die Gehässigkeit und die trotzige Rebellion, die ihn im Leben gekennzeichnet haben, in diesem Zwischenzustand zur schwärzesten Bosheit heranreifen. Als Folge ist er in der Lage, die Kraft seiner dämonischen Wut an unbelebten Gegenständen auszulassen.
    »Weißt du, was ich glaube, Maryann?« Datura wandte sich erneut an die Cocktailkellnerin, die für sie unsichtbar war und das auch bleiben würde. »In diesem schäbigen Pflegeheim schleicht sich irgendein schmieriger Typ vom Personal nachts ins Zimmer deiner Schwester Bonnie, um sie zu vergewaltigen.«
    Nun war der Bulle endgültig in blinde Wut geraten. Er warf den Kopf zurück und schrie, doch genau wie er selbst blieb das Geräusch in dem Bereich zwischen hier und anderswo gefangen.
    »Bonnie ist hilflos.« Daturas Stimme war so giftig wie der Drüseninhalt einer Klapperschlange. »Sicherlich fürchtet sie sich davor, jemand etwas davon zu erzählen, weil ihr Peiniger nie etwas sagt und sie ihn nicht sehen kann. Deshalb weiß sie nicht, wer es ist, und hat Angst, man würde ihr nicht glauben.«
    Der zornige Geist griff mit den Händen in die Luft, als versuchte er, den Schleier zu zerreißen, der ihn von der Welt der Lebenden trennte.
    »Deshalb muss Bonnie alles ertragen, was er ihr antut, aber während sie es erträgt, denkt sie an dich.

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