Seelenlos
Selbstbewusstsein zur Schau, um das Gemecker der erwähnten Ignoranten einfach zu ignorieren. Edison, Mickey Rooney und ich waren Amerikaner, weshalb es durchaus vorstellbar war, dass ich aus den Bestandteilen der entschärften Bombe eine nützliche Waffe zusammenbasteln konnte.
Von diesen Überlegungen einmal abgesehen, fiel mir auch nichts Besseres als die Bombe ein.
Vorsichtig schlich ich mich in den Hauptflur und dann zu Zimmer 1242, wo Danny gefangen gehalten worden war. Als ich dort meine Taschenlampe anknipste, musste ich feststellen, dass Datura die Packung Sprengstoff mitgenommen hatte. Vielleicht hatte sie das Zeug nicht in meine Hände fallen lassen wollen oder etwas anderes damit vor, falls sie es nicht nur des Erinnerungswertes wegen an sich nehmen wollte.
Da es nicht weiter sinnvoll war, darüber nachzugrübeln, was sie wohl mit der Bombe vorhatte, schaltete ich die Taschenlampe wieder aus und trat ans Fenster. Im fahlen Licht des schwindenden Tages untersuchte ich Terris Mobiltelefon, das Datura ans Waschbecken gehämmert hatte.
Als ich das Gerät aufklappte, leuchtete immerhin das Display auf. Ich wartete auf ein Logo, ein erkennbares Bild oder wenigstens irgendwelche Daten. Stattdessen sah ich nur ein sinnloses blau-gelbes Gesprenkel.
Ich tippte die Handynummer von Chief Porter ein, ohne dass auf dem Display eine Zahl erschien. Dennoch drückte ich auf die grüne Taste, hielt das Gerät ans Ohr und lauschte. Nichts.
Hätte ich ein Jahrhundert früher gelebt, so wäre es mir vielleicht gelungen, im Geiste amerikanischer Findigkeit so lange mit den herumliegenden Trümmern herumzubasteln, bis ein raffiniertes behelfsmäßiges Kommunikationsmittel entstanden war. Heutzutage war so etwas leider komplizierter. Selbst Edison hätte sich nicht auf der Stelle einen neuen Mikrochip ausdenken können.
Enttäuscht von Zimmer 1242, kehrte ich in den Flur zurück. Aus den Zimmern, deren Türen offen standen, drang inzwischen wesentlich weniger Tageslicht als noch vor einer halben Stunde. Schon eine ganze Weile, bevor draußen tatsächlich die Dämmerung hereinbrach, würde es hier stockfinster sein.
Geplagt von dem unheimlichen, angesichts der Dunkelheit nicht schlüssig widerlegbaren Gefühl, beobachtet zu werden, verzichtete ich darauf, im Flur meine Taschenlampe zu benutzen. André und Datura waren garantiert bewaffnet, und das Licht hätte ein leichtes Ziel aus mir gemacht.
Sobald ich die nächste Zimmertür hinter mir zugezogen hatte, fühlte ich mich sicher genug, um die Lampe anzuschalten. In einigen Räumen war ich bereits früher gewesen, als ich nach einem Versteck für Danny gesucht hatte. Da hatte ich schon nicht gefunden, was ich brauchte, und während ich jetzt von einem Zimmer ins andere schlich, fand ich es auch nicht.
Tief im kuscheligsten Winkel meines Herzens, wo selbst in den dunkelsten Stunden der Glaube an ein Wunder hauste, hoffte ich, irgendwo auf den Koffer eines lange verstorbenen Hotelgasts zu stoßen, in dem sich eine geladene Pistole befand. Noch lieber wäre mir freilich der Schacht eines Lastenaufzugs gewesen, der abseits der Personenlifts ins Erdgeschoss führte.
Nach einer Weile entdeckte ich immerhin eine geräumige, etwa drei mal vier Meter große Besenkammer. Auf den Regalen lagen noch allerhand umgestürzte Flaschen Putzmittel, dazu Schachteln mit Gästeseife und Glühbirnen, während sich auf dem Boden ein Durcheinander aus Staubsaugern, Eimern und Mopps breitmachte.
Hier hatte das Sprinklersystem, das anderswo versagt hatte, offenbar zu gut funktioniert; vielleicht war auch ein Wasserrohr geplatzt. Jedenfalls war ein Teil der Decke heruntergebrochen, und die Kanten von etlichen Gipskartonplatten hingen schief herunter.
Rasch verschaffte ich mir einen Überblick über die Plastikflaschen auf den Regalen. Bekanntlich konnten Bleichmittel, Salmiak und andere gebräuchliche Haushaltsprodukte so zusammengemischt werden, dass Sprengstoff, Betäubungsmittel, die Haut zerfressende Säuren, Rauchbomben und Giftgas entstanden. Von den entsprechenden Formeln hatte ich jedoch leider keine Ahnung.
Da ich recht häufig in der Patsche stecke und von Natur aus keine wandelnde Kampfmaschine bin, sollte ich mich eigentlich mehr darum kümmern, mich in der Kunst der Zerstörung und Tötung auszubilden. Im Internet findet sich schließlich eine Menge einschlägiger Informationen für den interessierten Autodidakten. Zudem kann man heute an manchen Universitäten Kurse über
Weitere Kostenlose Bücher