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Seelenmoerder

Titel: Seelenmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
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der Leinwand des Autokinos mithalten konnte, das sie als Teenager besucht hatte. Warum brauchten Männer nur immer solche Riesenfernseher? Angeblich galten doch Autos als Ausdehnung ihrer Männlichkeit.
    Doch es hing kein einziges Bild an den Wänden, und es gab nichts Persönlicheres als das bequeme, praktische Mobiliar, das sein Haus als das eines Mannes kennzeichnete. Eines x-beliebigen Mannes.
    Auf dem Couchtisch stand ein einzelnes Foto von Ryne, den Arm um eine ältere Frau gelegt, in der sie seine Mutter vermutete. Das war alles. Während sie den größten Teil ihrer Freizeit damit zubrachte, ihrem Zuhause und dessen Einrichtung in mühseliger Kleinarbeit einen eigenen Stempel aufzudrücken, schien er damit zufrieden zu sein, in einer fast völlig unpersönlichen Umgebung zu leben. Was das wohl über ihn aussagte? Oder andererseits über sie?
    »Nachdem die Pressekonferenz heute gesendet worden war, habe ich Anrufe von Sommers, Larsen und Billings bekommen«, sagte sie, während er nach einem Löffel griff, um die Soße umzurühren, die leise vor sich hin köchelte.
»Sie wollten alle wissen, ob wir schon bald jemanden festnehmen.«
    »Und du hast sie an Commander Dixon verwiesen, weil der ganze Medienrummel seine Idee gewesen ist?«
    Sie schüttelte den Kopf, obwohl er das nicht sehen konnte. »Ich habe lediglich gesagt, dass wir neue Spuren haben, die wir mit aller gebotenen Gründlichkeit verfolgen, und dass wir uns melden, wenn wir etwas Handfestes haben.«
    »Bürokratisches Gelaber, aber in diesem Fall ganz passend.« Offenbar mit dem Inhalt beider Töpfe zufrieden, griff er nach seiner Wasserflasche und wandte sich zu ihr um. »Ich habe aber tatsächlich das Gefühl, dass wir ihm immer näher kommen. Zwei Besucher dieses rund um die Uhr geöffneten Fitnessstudios in der Nähe des Bradford-Hauses haben beim Kommen und beim Gehen dasselbe Fahrzeug auf dem Parkplatz stehen sehen, obwohl sie zu der Uhrzeit die Einzigen dort waren. Ein schwarzer, viertüriger Crown Vic.«
    »Aber wahrscheinlich hat sich niemand das Kennzeichen gemerkt, oder?«
    Er schüttelte den Kopf und hob die Flasche an die Lippen. »Es ist immerhin ein Anfang. Warum wollen diese Typen eigentlich immer die gleichen Autos haben wie die Polizei? Haben sie irgendeinen Komplex, weil sie es nicht in den Polizeidienst oder zum Militär oder so geschafft haben?«
    »Ich hatte schon Fälle, bei denen das zutraf, aber ich glaube nicht, dass es bei diesem Täter so ist. Vermutlich wird sich herausstellen, dass der Wagen gestohlen war.«
    Er grinste sie ironisch an. »Das Profil muss ich wohl dir überlassen.«
    Durch das Lächeln wurden die attraktiven Falten neben seinem Mund tiefer, und ihr fiel auf, wie selten sie ihn bisher in gelöster Stimmung gesehen hatte. Ihr Magen machte einen angenehmen kleinen Satz. Der Mann war einfach ein
umwerfend sinnliches Erlebnis. Und sie war nicht einmal mehr annähernd so entschlossen wie früher, emotional auf Distanz zu bleiben.
    Oder körperlich. Sie hatte seine Abschiedsworte im Bradford-Haus nicht vergessen, als er davon gesprochen hatte, wie leicht sich die Entfernung zwischen ihrem und seinem Wohnort überwinden ließ. Vermutlich war das seine Absicht gewesen. Doch im Lauf des Tages hatte sie mehrmals daran denken müssen, dass sie, ohne mit der Wimper zu zucken, von heute auf morgen ein Flugzeug bestieg und quer durchs Land flog, sobald sie von Raiker auf einen neuen Fall angesetzt und durch einen kurzen Anruf mit Instruktionen versorgt worden war. Das war ihr Beruf. Warum war es undenkbar, gelegentlich zu Ryne zu fliegen?
    Weil Fernbeziehungen voller Komplikationen steckten, das war doch allgemein bekannt. Zumindest hatte sie es immer so gehört. Selbst hatte sie nie eine gehabt. War nicht einmal versucht gewesen, es auszuprobieren.
    Aber jetzt wollte sie. Als er sich bückte, um nach dem Baguette im Ofen zu sehen, trank sie noch einen Schluck Wein. Die Wärme, die durch ihre Adern rann, kam nicht allein vom Alkohol. Es könnte klappen mit ihnen. Warum denn nicht? Falls sie beide bereit waren, es zu versuchen, wäre sie ja wohl ein erbärmlicher Feigling, wenn sie von vornherein kniff.
    Selbst wenn sie sich vor der Antwort auf diese Frage drückte, war ihre Entscheidung bereits gefallen. Sie wollte Ryne nicht aufgeben. Die Vorstellung, ihn nach diesem Fall nicht ein für alle Mal aus den Augen zu verlieren, ließ sie innerlich vor Freude und Erleichterung tanzen.
    Zu wissen, dass auch er nicht wollte,

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