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Seelenmoerder

Titel: Seelenmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
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bewegte, lag eine seltsame Schönheit aus fließender Kraft und atemberaubender Geschwindigkeit.
Ryne fühlte sich von ihr angezogen, wie noch von keiner Frau seit … er wusste nicht, wie lange.
    »Hey, wer von euch fährt einen schwarzen Accord? Irgendein Idiot hat gerade die Windschutzscheibe eingeschlagen.«
    Rasch hintereinander geschahen zwei Dinge. Abbie hielt inne und sah den Sprecher an, gerade als Barlow zu einem Hieb ausholte. Abbie konzentrierte sich schnell wieder und duckte sich weg, doch der Schlag traf sie trotzdem so heftig am Kinn, dass ihr Kopf nach hinten flog und Ryne unwillkürlich laut fluchte. Die Männer johlten.
    »Billiger Treffer, Barlow.«
    »Siehste schon Sternchen, Süße?«
    Abbie schüttelte den Kopf, als wollte sie ihre Gedanken sortieren. Barlow blieb stehen und klappte seine Gesichtsmaske hoch. Man sah ihm das Bedauern an. Als er die Fäuste hob, sprang der Ringrichter in den Ring und begann Barlow die Handschuhe aufzuschnüren. Schließlich spuckte Barlow den Mundschutz in seine Hand.
    »Ich hatte schon ausgeholt, ganz ehrlich. Ich wollte Sie nicht hinterrücks erwischen.«
    Sobald der Trainer Abbie geholfen hatte, die Handschuhe auszuziehen, nahm auch sie Gesichtsmaske und Mundschutz ab. »Ist nicht Ihre Schuld«, sagte sie trocken. »Ich hätte mich nicht ablenken lassen dürfen. Aber der Accord«, fuhr sie fort und sah sich nach dem Sprecher um. »Hat er Mietwagen-Nummernschilder?«
    »Ja, hat er. Ich habe es krachen hören, als ich über den Parkplatz ging, und dann ist jemand davongelaufen. Ich bin ihm noch einen halben Block nach, aber er hatte zu viel Vorsprung.«
    Ryne kannte den Sprecher nicht, einen stämmigen Mann Mitte fünfzig mit Halbglatze. Angesichts seines Bauchumfangs
bezweifelte Ryne allerdings, dass er den Täter allzu weit oder allzu angestrengt verfolgt hatte.
    Abbie reichte dem Trainer ihre Ausrüstung und verließ den Ring. Ryne schnitt ihr den Weg ab, um sie zu erwischen, ehe sie den Ausgang erreicht hatte. »Was macht das Kinn?«
    Zuerst erschrak sie fast ein bisschen, als sie ihn sah, doch dann fasste sie sich. »Das mussten Sie natürlich unbedingt mitbekommen«, knurrte sie. »Als hätte ich heute nicht sowieso schon einen miesen Tag.«
    Er streckte die Hand aus, um den roten Fleck zu berühren, der sich langsam an ihrem Kinn ausbreitete. Sie zuckte zurück und wackelte vorsichtig mit dem Unterkiefer. »Ich hab schon Schlimmeres abgekriegt. Es war ein dummer Fehler. Eigentlich weiß ich ganz genau, dass ich mich nicht ablenken lassen darf.«
    Schweigend folgte er ihr hinaus und über den Parkplatz. Er hätte ihr sagen können, wie wenig es gegen Ablenkungen hilft, dass man es »ganz genau weiß«. Gerade er wusste ein Lied davon zu singen. Er kämpfte vergeblich gegen die Ablenkung an, die sie für ihn verkörperte.
    Gemeinsam betrachteten sie ihr Auto, wobei Abbies Miene eher noch grimmiger wurde. Die Windschutzscheibe hatte auf der Fahrerseite ein Loch von etwa zwanzig Zentimeter Umfang, und der Rest war von breiten Rissen durchzogen. Ryne ging zur linken Tür und spähte zum Fenster hinein. Auf dem Sitz lag ein Backstein.
    »Ich melde es«, sagte er und zückte bereits sein Telefon. Abbie nickte, ohne den Blick von ihrem Auto abzuwenden. Er sprach die Frage nicht aus, die ihm als Erstes auf der Zunge lag. Nicht in diesem Moment. Doch er fragte sich zwangsläufig, wie es kam, dass jemand, der erst seit wenigen Tagen in der Stadt war, nicht nur einmal, sondern bereits zweimal attackiert worden war.

    Sowie er den Anruf getätigt hatte, steckte er das Telefon wieder ein. Noch ehe er heute Feierabend hatte, sollte er die Antwort auf diese Frage und noch auf so manches andere bekommen, was Abbie ihm verschwieg.
     
     
    Abbie sank auf den Beifahrersitz von Rynes schwarzem Mustang-Oldtimer, ohne sich die Zeit zu nehmen, den liebevoll gepflegten Wagen zu bewundern. Sie war viel zu sehr mit ihrem Gefühlschaos beschäftigt. Außerdem hätte sie Ryne nicht für einen Oldtimerfan gehalten.
    Mittlerweile war sonnenklar, dass ihre Schwester in Savannah sein musste. Die Frage, warum sie Abbie hierher gefolgt war oder was Callies Verhalten diesmal verursacht hatte, war sinnlos. Obwohl sie Psychologie studiert hatte, begriff Abbie einfach nicht, warum ihre Schwester das tat, was sie tat. Das einzige Sinnvolle war, sich auf die Probleme zu konzentrieren, die Callies Anwesenheit auslöste.
    Callie hatte ihre Medikamente abgesetzt, das war offensichtlich. Wenn sie

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