Seelenmoerder
streckte die Hand nach ihrer Tasche aus und hatte vor, ihn nun schleunigst wegzuschicken. »Noch mal vielen Dank. Hoffentlich kann ich die Mietwagenfirma überreden, mir noch heute ein neues Auto zu bringen.«
Er nickte abwesend und musterte die neu eingesetzte Fensterscheibe. »Hat Ihnen Stanley Glass auch nicht zu viel berechnet?«
Etwas an seinem Verhalten ließ sie aufhorchen. »Sie interessieren sich doch wohl nicht ernsthaft für die Einzelheiten über eine neue Fensterscheibe?«
»Nein, da haben Sie recht.« Er lehnte sich mit der Hüfte gegen den Küchentresen und verschränkte die Arme. »Ich interessiere mich mehr für die Einzelheiten, die Sie mir seit dem Einbruch verschweigen. Wie zum Beispiel den Namen der Person, die es auf Sie abgesehen hat.«
Im Hinterkopf hörte sie eine Falle zuschnappen. Der lockere Plauderton, das Angebot, sie nach Hause zu fahren … all das war eine Finte gewesen. Wie dumm von ihr zu glauben, dass ein Mann wie Ryne Robel das alles wortlos hinnehmen würde. Er hatte nur auf den richtigen Moment gewartet.
»Das wollen wir doch nicht noch mal durchexerzieren, oder?«, erwiderte sie mit einem gespielt lässigen Achselzucken. »Ich hatte ein bisschen Pech, aber …«
»Schwachsinn.« Die Härte in seiner Stimme ließ sie blinzeln. »Jemand ist Ihnen hierher gefolgt oder vielleicht gleich mit Ihnen zusammen gekommen. Aber ganz egal, wer es ist, er hegt einen enormen Groll gegen Sie, Abbie. Und Sie werden mir jetzt sagen, wer es ist und warum er so wütend ist.«
Schlagartig gab sie jegliche Maskerade auf, verschränkte
die Arme und ahmte seine Haltung nach. »Nein«, entgegnete sie kühn. »Das werde ich nicht.«
Sofort hatte er sich aufgerichtet und ging auf sie zu. Ehe sie sich ihm entziehen konnte, fasste er sie am Ellbogen und hielt sein Gesicht dicht vor ihres. »Es ist mein Fall, und ich werde nicht zulassen, dass mir jemand dazwischenfunkt. Wenn Sie also ein Problem haben, das sich irgendwie störend auf die Ermittlungen auswirken könnte …«
»Auf die Ermittlungen?« Einen Moment lang war sie verblüfft. »Es hat nichts mit dem aktuellen Fall zu tun.«
Er sah sie zweifelnd an. »Das beurteile ich.«
Sie machte sich los. »Es betrifft weder die Ermittlungen noch Sie. Es hat mit meinem Leben zu tun und ist allein meine Sache. Habe ich je unkonzentriert auf Sie gewirkt? Ich bin jeden Tag fast so lange auf dem Revier wie Sie.«
»Vielleicht hat es den Ermittlungen bis jetzt noch nicht geschadet, doch das könnte noch kommen. Das weiß ich erst, wenn Sie mir reinen Wein einschenken. Und wenn Sie das nicht tun«, fügte er hinzu, um ihrer nächsten Ablehnung zuvorzukommen, »gehe ich zu Dixon und lasse Sie ablösen.«
Ihr erster Schreck wurde rasch von Ärger verdrängt. »Er lässt mich nicht ablösen. Wissen Sie, warum? Weil Sie überreagieren. Das erkennt er, selbst wenn Sie es nicht merken.«
»Mag sein.« Sein selbstzufriedenes Lächeln missfiel ihr. »Doch er wird Ihnen die gleichen Fragen stellen wie ich. Wem möchten Sie es lieber erklären, ihm oder mir?«
Das erschreckte sie, was gewiss beabsichtigt war. Natürlich wollte sie dieses Gespräch auf keinen Fall mit Commander Dixon führen. Zumindest noch etwas weniger als mit Robel.
Sie warf ihm einen missmutigen Blick zu. »Sie sind ganz schön penetrant.«
Er neigte den Kopf zur Seite. »Das habe ich schon mal gehört.«
»Und manipulativ noch dazu.«
Er machte eine abschätzige Geste. Als sie nichts sagte, sprach er weiter. »Man hat heute einen Mann von Ihrem Auto wegrennen sehen. Wer war das? Ein Exfreund? Oder vielleicht ein Exmann?«
»Weder noch.« Nach wie vor aufgebracht, packte sie ihre Tasche, trug sie ins Schlafzimmer und ließ sie zu Boden fallen. Als sie sich umwandte, stand er in der Tür. Unsanft drängte sie sich an ihm vorbei und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Unwillkürlich fiel ihr Blick auf die Bilder auf dem Kaminsims, und schon machte sich Resignation in ihr breit.
»Sie wollen also behaupten, dass Sie nicht wissen, wer Ihre Windschutzscheibe zertrümmert hat?«
Sie schüttelte den Kopf, während ihr unzählige Szenen aus der Vergangenheit durch den Kopf schwirrten. Alle waren mit enormer Dramatik befrachtet, und alle hatten nachhaltige Verzweiflung in ihr ausgelöst. »Es kann jeder x-Beliebige gewesen sein. Sie hat ihn eben dafür bezahlt oder irgendeinen anderen Tauschhandel mit ihm abgeschlossen.« Promiskuität zählte zu den destruktiven Verhaltensmustern, die Callie an
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