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Seelenmoerder

Titel: Seelenmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
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war.«
    »Ich wusste nicht, dass Sie noch einmal geheiratet haben.« Abbie machte sich eine entsprechende Notiz. »Leben Sie mit Ihrem zweiten Mann hier?«
    »Nein, Gott sei Dank.« Auf Abbies fragend hochgezogene Braue hörte die Frau auf, die Vorhänge glatt zu streichen, kam herüber und stellte sich gegenüber Abbie hinter einen Stuhl. »Ich bin seit zehn Jahren geschieden. Das Haus hier habe ich gekauft, als die Scheidung durch war. Ron Billings wohnt mit seiner neuen Frau in Tallahassee, und da soll er auch bleiben.«
    »Dann muss er Barbara also adoptiert haben«, schloss Abbie.
    Die Ältere nickte. »Und sie hat nach ihrer Scheidung wieder seinen Namen angenommen, obwohl sie damit nie besonders glücklich war. Sie hat ihren leiblichen Vater heiß geliebt, möge er in Frieden ruhen. Sie und Ron sind nie besonders gut miteinander ausgekommen, besonders als sie ein Teenager war.«
    »Warum das?« Abbie schrieb Ron Billings? in ihr Notizbuch und unterstrich den Namen. Angesichts der Verbindungen zwischen den einzelnen Vergewaltigungen war jedoch zweifelhaft, ob Barbaras schlechtes Verhältnis zu ihrem Stiefvater irgendetwas damit zu tun hatte.
    »Na ja, er war eine Art Rüpel, könnte man wohl sagen.« Nancy strich den salbeigrünen Stoff des Stuhls vor ihr glatt
und zog an einem losen Fädchen. »Er hat sich immer eingebildet, er wüsste, was am besten für alle ist. Meistens hat er alles so eingerichtet, wie es ihm am besten gepasst hat, und dann erwartet, dass wir mit seinen Entscheidungen einverstanden sind. Er und Barbara haben sich immer wieder heftig wegen seinem Boot gestritten.«
    »Sein Boot?«, hakte Abbie nach und rang um Geduld. Oft kamen die aufschlussreichsten Informationen dann, wenn sie ihr Gegenüber dazu brachte, frei zu sprechen. Und Nancy Billings war seit ihrer Ankunft eindeutig lockerer geworden.
    »Er hat es – jedenfalls seiner Behauptung nach – gekauft, damit wir zusammen unsere Freizeit auf dem Boot verbringen können. Ron wusste immer genau, wie er seine Extravaganzen rechtfertigen konnte. Barbara wollte nichts mit dem Boot zu tun haben, und ich habe mich natürlich auf ihre Seite gestellt. Ron ist oft unglaublich brutal auf den Gefühlen anderer herumgetrampelt.«
    Abbie sah ihre Aufzeichnungen durch. »Barbara mochte keine Boote?«, fragte sie.
    »Barbara mochte kein Wasser«, korrigierte Nancy. »Sie hat panische Angst davor. Seit sie miterleben musste, wie ihr Vater umgekommen ist. Sie wäre ja selbst fast ertrunken.«
    Abbie hob abrupt den Blick von ihren Notizen und sah die andere Frau an. »Wann war das?«
    »Als Barbara sieben war.« Nancy war schon wieder aufgestanden. Sie ging durchs Zimmer, fuhr mit einem Finger über den gläsernen Couchtisch und runzelte die Stirn über einen Staubfleck, den sie dort entdeckt hatte. »Ich bin an diesem Tag zu Hause geblieben, weil ich mich nicht wohlgefühlt habe. Jack ist mit ihr segeln gegangen, vor Hilton Head Island. Dann kam auf einmal ein Sturm auf, und das Boot ist gekentert.« Nancy hielt inne und holte tief Atem.
»Sie hatten Schwimmwesten an, und mein Mann hat Barbara festgehalten und versucht, an Land zu schwimmen. Sie waren gar nicht so weit draußen. Doch das Boot muss von einer Welle in die Höhe gehoben worden sein und hat ihn am Kopf getroffen …«
    Und so musste seine kleine Tochter mit ansehen, wie ihr bewusstloser Vater ertrank. Einen Moment lang war Abbie voller Mitleid. Dann kam ihr eine Idee, die ihr im ersten Augenblick so absurd erschien, dass sie sie fast verworfen hätte. »Mrs. Billings, würden Sie sich bitte wieder hinsetzen? Ich möchte, dass Sie mir alles über Barbaras Angst vor Wasser erzählen …«
     
     
    Es versetzte ihr einen Stich in der Brust, als sie Ryne an seinem Schreibtisch über irgendwelche Papiere gebeugt sitzen sah. Abbie nahm das Gefühl eher resigniert als alarmiert zur Kenntnis. Der gestrige Abend hatte nur allzu deutlich bewiesen, dass sie gegen den Mann nicht immun war. Im Gegenteil.
    Ryne blickte auf, als er sie kommen hörte, ließ den Stift fallen und rieb sich das mit Bartstoppeln bewachsene Kinn. »Du arbeitest ganz schön lange.«
    Sie verkniff sich eine passende Erwiderung. Manchmal fragte sie sich, ob er einen Rasierer und Kleider zum Wechseln im Schrank hatte und am Schreibtisch schlief.
    »Hast du etwas von deiner Schwester gehört?«
    Abbie verlangsamte den Schritt auf dem Weg um ihren Schreibtisch. »Nein.« Sie hatte seit Stunden nicht mehr an Callie gedacht, worauf

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