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Seelennacht

Seelennacht

Titel: Seelennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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sein sollen. Aber es dauerte keine Minute, bis ich wieder das Trampeln von Stiefeln hörte. Ich ließ mich auf den Boden fallen, bedeckte das Funkgerät und drehte die Lautstärke bis ganz nach unten, obwohl das Ding, seitdem ich es an mich genommen hatte, keinen Ton von sich gegeben hatte.
    Ich kroch ins nächste Gebüsch und blieb dort auf dem Bauch liegen. Die Schritte schienen sich parallel zu mir zu bewegen, sie kamen weder näher, noch entfernten sie sich.
    »Erklär mir bitte mal, wie das gesamte Team es fertigbringt, auf acht Hektar Gelände vier Teenager zu verlieren«, sagte eine Männerstimme. »Davidoff wird begeistert sein.«
    Ein zweiter Mann antwortete: »Mit etwas Glück wird er’s nie erfahren. Wir haben noch eine Stunde, bevor es hell ist. Reichlich Zeit, wie weit können sie schon sein?«
    Sie gingen weiter, die Stimmen und Schritte verklangen. Als sie fort waren, begann ich, mich ins Freie zu schieben, hielt aber wieder inne. Wenn wir alle vier irgendwo hier draußen waren, sollte ich mich dann wirklich in Sicherheit bringen? Oder lieber versuchen, die anderen zu finden?
    Äh … wenn du zu diesem sicheren Ort gehst, von dem Derek erwartet, dass du dort sein wirst, dann brauchst du die anderen nicht zu finden. Die werden nämlich selbst dorthin kommen.
    Und was, wenn sie meine Hilfe brauchten?
    Nur weil du versehentlich eine Frau bewusstlos geschlagen hast, hältst du dich schon für Rambo?
    Es kam mir feige vor, mich in Sicherheit zu bringen, aber so unrecht hatte meine innere Stimme nicht. Wenn es einen Ort gab, an dem Derek mich zu finden erwartete, dann sollte ich wohl besser hingehen, damit er mich dort auch finden
konnte.
    Aber ein bisschen fühlte ich mich trotzdem wie Rambo – das Schnappmesser in einer Hand, das Funkgerät in der anderen, die Taschenlampe in den Hosenbund geschoben –, als ich mich verstohlen durchs dichte Unterholz arbeitete.
    Yeah, solange du jetzt nicht stolperst und dich mit deinem eigenen Messer aufspießt.
    Ich klappte das Messer zu.
    »Chloe?«, flüsterte eine Frauenstimme.
    Ich fuhr so schnell herum, dass mein Fuß auf dem weichen Boden ausrutschte. »Tori?«
    Ich spähte in die Nacht. Der Wald war hier so dunkel, dass ich nur Umrisse erkannte und Menschen von Bäumen nicht unterscheiden konnte. Meine Finger streiften die Taschenlampe, aber ich zog die Hand zurück und sah mich weiter um.
    »Tori?«
    »Pssst. Hier entlang, Liebes.«
    Bei dem Kosewort stellten sich die Härchen in meinem Nacken auf.
    »Tante Lauren?«
    »Pssst. Komm mit.«
    Ich erhaschte einen kurzen Blick auf eine Gestalt. Sie war so schwach wie die Stimme, ich sah nur eine helle Bluse, die vor mir in der Dunkelheit schimmerte. Ich rührte mich nicht von der Stelle. Es klang nach Tante Lauren, und die Gestalt schien etwa ihre Größe zu haben, aber ich konnte mir nicht sicher sein, und ich würde nicht wie ein Kleinkind hinter ihr herrennen, so verzweifelt und sehnsüchtig, dass ich geradewegs in eine Falle lief.
    Ich nahm die Taschenlampe und schaltete sie ein, aber die Gestalt schoss von Baum zu Baum, und es war unmöglich, mehr als die Bewegung und die helle Bluse zu erkennen. Dann sah sie sich nach mir um, und ich erhaschte einen einzigen kurzen Blick auf ein Profil und schwingendes blondes Haar, es war nicht viel, aber genug, dass mein Instinkt sagte: Das ist sie.
    Sie winkte mir zu, ich sollte mich beeilen, und bog dann nach links ab, wo die Bäume dichter standen. Ich folgte ihr, immer noch vorsichtig, was mir mein Instinkt auch immer erzählen mochte. Ich trabte gerade an einem Gestrüpp vorbei, als eine Gestalt dahinter hervorstürzte und mich packte, bevor ich auch nur herumfahren konnte. Fest legte sich eine Hand über meinen Mund und erstickte meinen Schrei.
    »Ich bin’s«, flüsterte Derek.
    Er versuchte, mich in das Gebüsch hineinzuziehen, aber ich wehrte mich.
    »Tante Lauren«, sagte ich. »Ich habe gerade Tante Lauren gesehen.«
    Er sah mich an, als hätte er nicht richtig gehört.
    »Meine Tante. Sie ist hier. Sie ist …« Ich zeigte in die Richtung, in die sie verschwunden war. »Ich bin ihr nachgegangen.«
    »Ich hab niemanden gesehen.«
    »Sie hat eine helle Bluse an. Sie ist hier vorbeigekommen …«
    »Chloe, ich hab hier gestanden. Ich hab dich kommen sehen. Außer dir ist niemand …« Er brach ab, als er verstand, was er da sagte. Wenn ich sie gesehen hatte und er nicht …
    Ich spürte, wie sich etwas in meiner Brust zusammenzog. »Nein.«
    »Es war eine

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