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Seelennacht

Seelennacht

Titel: Seelennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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einfach den Trittbrettfahrer gemacht, als sie geflohen ist?«
    »Tori hat mir geholfen«, warf ich hastig ein. »Ohne sie …«
    Sie fuhr zu mir herum. »Verteidige mich bloß nicht, Chloe Saunders.«
    Schweigen.
    Dann fragte Derek: »Wohin können wir dich also bringen, Tori? Zu einer Großmutter? Freundin? Du bist jetzt draußen und außer Gefahr, also bin ich mir sicher, es gibt einen Ort, wo du lieber wärst als hier.«
    »Nein.«
    Ich öffnete den Mund, um ihnen zu erzählen, was mit ihrem Dad passiert war, aber angesichts ihres wütenden Blicks machte ich meinen Mund wieder zu.
    »Sie hat niemanden, zu dem sie könnte«, sagte ich. »Genau wie ich.«
    »Irgendwen muss es da geben«, sagte Derek. »Vielleicht nicht in Buffalo, aber wir können dir eine Busfahrkarte kaufen.«
    »Wenn möglich für einen, der innerhalb der nächsten Stunde geht?«, fragte sie. »Ich gehe nicht. Ich bleibe und schließe mich eurer kleinen Nachwuchssuperheldengruppe auf ihrer Mission, Superdad zu finden, an.«
    Simon und Derek wechselten einen Blick.
    »Nein«, sagte Derek.
    »Nein? Entschuldige mal, es war Rae, die euch verpfiffen hat. Nicht ich. Ich habe Chloe geholfen.«
    »Und war es auch Rae, die sie in Lyle House schikaniert hat?«
    »Schikaniert?« Ein abfälliges Schnauben. »Ich hab sie nicht …«
    »Du hast alles getan, was du konntest, damit sie verlegt wird«, sagte Simon. »Und als das nicht funktioniert hat, hast du versucht, sie umzubringen.«
    »Sie umzubringen?« Toris Mund wurde hart. »Ich bin nicht meine Mutter. Wag es bloß nicht, mir vorzuwerfen …«
    »Du hast sie in einen Kriechkeller gelockt«, sagte Derek. »Ihr einen Backstein über den Kopf geschlagen, sie gefesselt und geknebelt und dort eingeschlossen. Hast du auch nur nachgesehen, wie es ihr geht? Dass du ihr nicht den Schädel gebrochen hattest?«
    Tori stammelte eine Verteidigung, aber bei ihrem entsetzten Blick war mir klar, dass sie an diese Möglichkeit gar nicht gedacht hatte.
    »Derek«, sagte ich. »Ich kann mir nicht vorstellen …«
    »Darum geht’s nicht.
Sie
hat es sich nicht vorgestellt. Sie hätte dich umbringen können mit dem Backstein. Du hättest an dem Knebel ersticken oder vor Angst einen Herzstillstand bekommen können, gar nicht zu reden davon, was passiert wäre, wenn du die Fesseln nicht losgeworden wärst. Man braucht nur ein paar Tage, um an Wassermangel zu sterben.«
    »Ich hätte sie
niemals
einfach sterben lassen. Das kannst du mir nicht vorwerfen.«
    »Nein«, sagte Derek. »Du wolltest einfach bloß, dass sie in einer psychiatrischen Klinik landet. Und warum? Weil du sie nicht gemocht hast. Weil sie mit einem Typ geredet hat, den
du
gemocht hast. Vielleicht bist du nicht deine Mutter, Tori, aber das, was du bist …« Er musterte sie mit einem eisigen Blick. »Das will ich auch nicht in meiner Nähe haben.«
    Der Ausdruck auf ihrem Gesicht … sie tat mir leid, ob ihr mein Mitgefühl nun willkommen war oder nicht.
    »Wir trauen dir nicht«, sagte Simon. Sein Tonfall war freundlicher als der seines Bruders. »Wir können niemanden mitnehmen, dem wir nicht trauen.«
    »Was, wenn ich damit keine Probleme habe?«, schaltete ich mich ein. »Wenn ich mich mit ihr nicht unsicher fühle …?«
    »Das tust du aber doch«, antwortete Derek. »Und trotzdem würdest du ihr nicht sagen, dass sie sich verdünnisieren soll, weil du einfach nicht die Sorte Mensch bist, die so was tut.« Er fing Toris Blick auf. »Ich bin aber diese Sorte Mensch. Chloe würde dich nicht zwingen zu verschwinden, weil es fürchterlich für sie wäre, wenn dir etwas passieren würde. Aber ich? Mir ist’s egal. Du hättest es dir selbst zuzuschreiben.«
    Das war jetzt wirklich zu hart. Auch Simon zuckte zusammen und öffnete den Mund.
    Ich kam ihm zuvor. »Aber wohin soll sie denn gehen? Sie hat kein Geld, und jeder, zu dem sie geht, wird wahrscheinlich ihre Eltern anrufen.«
    »Ist mir auch egal.«
    »Das können wir echt nicht machen«, sagte Simon. »Das wäre nicht richtig.«
    Ich wusste, dass Derek nicht so eiskalt war, wie er tat. Er konnte zum Beispiel nicht vergessen, was er dem Jungen angetan hatte, der damals auf Simon losgegangen war. Aber es war, als trüge er eine seltsame geheime Liste von Für- und Wider-Punkten mit sich herum, und wenn man auf der falschen Seite landete, so wie es Tori passiert war, dann hatte er keine Probleme damit, einen in die Wüste zu schicken und welchem Schicksal auch immer zu überlassen.
    »Er hat recht,

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