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Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Titel: Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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aber nicht allein im Auto bleiben«, quengelte Marlin beim Aussteigen. Michael Wiener sah ihn einen Moment lang nachdenklich an. Er würde die Ratte auch nicht gerne frei und unbeaufsichtigt in seinem Auto herumlaufen lassen. Wer wusste schon, auf welch ausgefallene Ideen Lucifer kommen würde, wenn er sich langweilte.
    »Gut. Setz die Ratte unter deine Jacke, in der Tasche bleibt Lucifer ja nicht. Und pass bloß auf, dass ihn keiner sieht. Sonst schmeißen die uns hier postwendend raus. Ist das klar?«
    Maulend schob Marlin seinen Lucifer unter den Pullover und schloss die Jacke sorgfältig. Hoffentlich bleibt er ruhig, dachte Michael Wiener, der sich den Ärger lieber nicht vorstellen wollte, den er bekommen würde, wenn herauskäme, dass er eine Ratte in die Notaufnahme geschmuggelt hatte.
    Sie klingelten und eine Schwester öffnete. Zuerst sah es so aus, als wolle sie die drei beschimpfen – doch als sie den kritischen Zustand des Jungen bemerkte, ließ sie sich von Michael Wiener helfen Groovi auf eine Trage zu legen. Marlin konnte nicht mit zufassen, sonst wäre womöglich Lucifer aus seinem Versteck auf den Boden geplumpst. Eilig rief die Schwester nach einem Arzt, der sofort den Puls suchte und Groovi in die Augen leuchtete. Dann schob er die Trage in einen der angrenzenden Behandlungsräume. Die Tür schloss sich, wurde wieder aufgerissen und der Kopf des Arztes erschien noch einmal.
    »Was hat er genommen?«
    Michael Wiener antwortete: »So kleine, schwarze Samen, was Neues. Keiner wusste, wie das Zeug hieß. Er hat das mit Schnaps runtergespült. Seither hat sich sein Zustand wohl kontinuierlich verschlechtert. Er redet wirres Zeug, kann kaum noch gehen. Blase und Darm kann er auch nicht mehr kontrollieren. Mir kommt er komplett weggetreten vor.«
    Der Arzt nickte mit besorgter Miene.
    »Wie lange geht das schon so?«
    »Ungefähr eine knappe Woche. Er hat wohl immer wieder von diesen Körnern genascht. Am Anfang war es nicht so schlimm. Da ist es wohl niemandem so richtig aufgefallen.«
    Die Tür wurde wieder geschlossen und Michael Wiener gab bei einer anderen Schwester die wenigen Dinge an, die er zu Groovis Person wusste. Groovi hieß in Wirklichkeit Johannes Klein und stammte aus der Gegend um Cottbus. Er war gerade erst dreizehn Jahre alt geworden, vorgestern. Adresse der Familie, Versicherung, Vorerkrankungen, Allergien – zu nichts konnte er eine Angabe machen. Er sei von der Polizei und habe den Jungen im Park aufgegriffen, rechtfertigte er seine Unkenntnis und wurde mit einem kritischen Blick bedacht. Danach sollten sie draußen im Wartebereich Platz nehmen. Man würde sich melden.
    Außer ihnen wartete noch eine asiatische Großfamilie auf Nachrichten über ein Familienmitglied. Sie unterhielten sich lebhaft in einer melodischen, ausgesprochen fremdartigen Sprache. Fasziniert hörte Michael Wiener ihnen eine Weile zu.
    Er hatte sich mit Marlin in eine Ecke am Fenster gesetzt und wollte die Gelegenheit zu einem Gespräch nutzen.
    »Und?«
    »Was und?«
    »Na, zum Beispiel: Und – was kannst du mir Interessantes über Udo Wolf erzählen?«
    »Ein übler Schläger. Alle haben Angst vor ihm. Er haut so lange zu, bis du kaum noch atmen kannst.«
    »Aber er war doch Friederikes Freund, nicht?«
    »Ja, stimmt schon. Bevor die beiden was miteinander angefangen haben, war er auch schon mal ab und zu im Park. Wir sind ihm aus dem Weg gegangen und haben versucht Ärger zu vermeiden. Aber seit er mit Friederike zusammen war, kam er dauernd. Er wollte uns zwingen andere Leute zu bedrohen und auszurauben. Aber so was tun wir nicht. Ey, Alter, wir schnorren, betteln und klauen. Aber wir bedrohen doch keinen!«
    »Und da ist er sauer geworden.«
    »Ja. Und wie, Alter. Der hat gedacht, wenn das so nicht läuft, dann läuft es eben anders, und hat den Spieß umgedreht. Der hat doch echt angefangen uns zu bedrohen. Wenn wir schon mal was gezockt haben, ist er plötzlich auf dem Plan erschienen und hat es uns wieder abgeknöpft. Der hat den Jan so verprügelt, dass wir den kaum wiedererkannt haben. Und das uns! Wir sind eher friedlich.«
    »Na, na. Ihr prügelt euch auch. Und einige auch deiner Gruppe sind wegen Körperverletzung sogar schon bestraft worden.«
    Marlin sah Michael Wiener überrascht an.
    »Ja, das ist wahr. Aber so richtig verprügeln – das machen die doch nur bei Fremden! Untereinander ist so eine Klopperei harmlos. Und hinterher vertragen wir uns auch immer wieder schnell.«
    »Aber als

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