Seelenrächer
Baby sei von ihm, was aber gar nicht stimmen konnte, weil sie schon in der sechsten Woche war, die beiden aber erst einen Monat zusammen waren.«
»Und Willie hat dir gesagt, dass er mir davon erzählt hat«, führte Maguire den Bericht an Quinns Stelle zu Ende.
»Warum hast du es mir nicht gesagt?«, fragte Quinn.
Er hörte seinen Freund schwer seufzen. »Ich habe darüber nachgedacht, Moss, und zwar lange und intensiv. Aber als ich damals anfing, mit diesen Jungs zu reden, habe ich mich dazu verpflichtet, die Gespräche vertraulich zu behandeln.«
»Egal, was sie dir erzählen?«
»Sie müssen sich darauf verlassen können, dass sie mir alles anvertrauen können, ohne befürchten zu müssen, dass ich etwas ausplaudere. Was ist sonst der Sinn der Sache?«
»Herrgott noch mal, Pat, du fasst diese Kerle mit Samthandschuhen an! Das sind üble Verbrecher! Und du machst dir Gedanken darüber, ob sie dir vertrauen? Die können froh sein, überhaupt jemanden zum Reden zu haben. Bei den meisten anderen Menschen ist das nämlich nicht so.«
»Ach, hör auf, Moss, du weißt doch, wie das läuft. Ohne Vertrauen gibt es …«
»Nein, hör du auf, Patrick. Lieber Himmel, ich ermittle in einem Mordfall, und du verfügst über Informationen, die von entscheidender Bedeutung hätten sein können!«
»Ich habe mich zum Stillschweigen verpflichtet – sozusagen ein Versprechen gegeben.«
»Meine Güte, du bist doch nicht ihr Beichtvater! Du besuchst sie nur im Gefängnis.« Er brach abrupt ab und zog mit grimmiger Miene an seiner Zigarette.
»Hör zu, Moss, es tut mir leid, aber was hätte ich denn tun sollen?«
»Du hättest es mir sagen sollen, Patrick. Das hättest du tun sollen.«
Doyle machte sich auf den Weg zur Liffey und Johnny Finucanes Boot. Wieder stand derselbe Leibwächter an Deck, und er musterte Doyle genauso finster wie beim letzten Mal.
»Wo ist der Boss?«, fragte Doyle, während er hinaufstieg.
»Nicht da.«
»Wo ist er?«
»Keine Ahnung, höchstwahrscheinlich bei den Hunden.«
Doyle nickte bedächtig. »Sieh zu, dass du ihn an die Strippe bekommst, Dessie. Ruf ihn an und richte ihm von mir aus, er soll aufhören, mich zu verarschen, und sich bei mir melden. Kapiert? Sage ihm, er soll sich schnell melden, sonst komme ich mit einem Kanister Benzin und ein paar Streichhölzern zurück.«
»Lieber Himmel, Sie meinen das wahrscheinlich auch noch ernst, oder?«
»Worauf du dich verlassen kannst«, antwortete Doyle, ehe er wieder hinunter auf den Kai sprang.
Auf dem Weg zu seinem Wagen hörte er aus irgendeinem dunklen Winkel jemanden rufen.
Als er sich über die Schulter umblickte, entdeckte er Jug Uttley, der, von zu viel Alkohol leicht angeschlagen, zwischen Finucanes Boot und der Jeanie Johnston am Geländer lehnte.
»Jug, was hast du mir zu sagen?«
»Sind Sie es wirklich, Mr. Doyle?«, fragte die Wasserratte mit ziemlich undeutlicher Aussprache.
»Was ist, Mann? Ich habe es eilig. Wenn du mir etwas zu sagen hast, dann spuck es aus.«
»Die Made, Mr. Doyle: Der verdammte Kerl hat mich ausgeraubt.«
»Er hat was ?« Doyle starrte ihn überrascht an.
»Ich lüge Sie nicht an. Es war unten am Kanal. Ich stehe einfach nur da und kümmere mich um meine eigenen Angelegenheiten, als plötzlich dieser Mistkerl auftaucht und mir mein ganzes Bares abnimmt.«
»Ich traue dem kleinen Scheißer ja eine Menge zu, aber Straßenraub? Bist du sicher, dass er das war, Jug?«
»Klar bin ich mir sicher, Mr. Doyle.«
»Dann zeig ihn an. Gleich drüben in der Amiens Street ist das größte Polizeirevier von ganz Dublin.«
»Sie verstehen das nicht.«
»Was verstehe ich nicht? Wenn es etwas gibt, das ich wissen sollte, dann spuck es endlich aus.«
»Hätten Sie vielleicht ein paar Scheinchen für mich übrig? Der Drecksack hat mir alles genommen.«
Doyle griff nach seiner Brieftasche, zog ein paar Geldscheine heraus und reichte sie dem Alten.
»Ah, vielen Dank, Mr. Doyle, das ist wirklich nett von Ihnen.«
»Sag mir, was du weißt«, fauchte Doyle.
»Na ja, nachdem dieser Fiesling mir mein Geld abgenommen hatte, bin ich ins Nachdenken gekommen. Ich habe ein paar Telefonate geführt, und da hat mir einer von den Jungs etwas erzählt, das Sie meiner Meinung nach wissen sollten.«
»Und das wäre?«
»Patrick Maguire, Mr. Doyle, der Bruder des Superintendent: Er hat in Mountjoy zwei Männer besucht, deren Frauen zu den Vermissten gehören.«
Doyle öffnete die Wagentür. »Janice Long und Karen Brady.
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