Seelenraub
am Schreibtisch festhalten, als Gegenstände über die Tischplatte rutschten und auf den Boden fielen.
»Zum Teufel«, sagte Harper und sprang auf die Beine. »Der wird es doch wohl nicht wagen …«
Ein kräftiger Windstoß prallte gegen die Frontseite des Gebäudes. Zwei der Fenster in den übergroßen Türen barsten.
»Runter!«, bellte Harper. Eine Sekunde später explodierten die Türen, sämtliches Holz verwandelte sich in tödliche Geschosse.
Riley hatte sich kaum zu Boden geworfen, als die Trümmer durch den Raum flogen und Holzsplitter sich wie schartige Pfeile in die Rückwand des Zimmers bohrten. Dann folgte das Lachen. Tief, schaurig und absolut dämonisch.
Der Geo-Dämon war gekommen, um sie zu holen.
Wo ist Ori?
Der Boden hob und senkte sich in Wogen, so dass auch die restlichen Fenster des Gebäudes zu Bruch gingen und das Mauerwerk zersprang. Staub rieselte in einem erstickenden Nebel herab.
»Die Grube!«, rief Harper, packte sie am Arm und zerrte sie aus dem, was vom Büro übrig geblieben war. Ein weiteres Beben warf sie zu Boden. Harper kam mühsam wieder auf die Beine, behindert durch seine Verletzung. Über ihnen kreischten die Metallträger protestierend, als die Verbindungen zu versagen drohten.
»Hilf mir!«, schrie er und tastete mit den Fingern herum. Durch den wabernden Nebel begriff Riley, dass er versuchte, ein Stück Sperrholz hochzuheben, das einen Teil des Garagenbodens bedeckte. Sie drehte sich mit dem Rücken zum Wind und dem Staubsturm und scharrte in der Spalte zwischen dem Beton und dem Holz, um irgendwie das verzogene Sperrholz heraushebeln zu können. Doch bei diesem machtvollen Sturm erwies es sich als unmöglich, die Platte anzuheben, so dass sie sie schließlich mit unsäglicher Mühe zur Seite schoben.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht schob Harper sie in die Grube. Es stank nach altem Öl und dreckigen Lumpen.
»Bedeck deinen Kopf!«, schrie er. Über ihnen schwankte das Gebäude bis in die Grundmauern, als Betonklötze gegeneinanderstießen, sich schließlich lösten und polternd zu Boden krachten.
Riley winkte Harper zu, zu ihr zu kommen, aber ihr Meister schüttelte den Kopf. »Bleib da!«
Mit seiner Arbeitstasche in der Hand schwankte er durch die herabfallenden Trümmer und kroch schließlich durch ein klaffendes Loch in der Seitenwand aus dem Gebäude.
Was macht er da? Der Dämon wird ihn in Stücke reißen.
Die anderen Dämonenfänger würden ihnen zu Hilfe eilen, vielleicht sogar die Jäger. Er konnte es nicht allein mit dem Fünfer aufnehmen.
Harper hatte ihr gesagt, sie solle bleiben, wo sie war. Und genau das sollte sie auch tun. Riley hasste ihn, hasste es, wie er sie und ihren Dad behandelte. Sie erinnerte sich an jeden blauen Flecken, den er ihr verpasst hatte, an jede Beleidigung.
Aber er ist mein Meister.
Mit einem gequälten Aufschrei zog sie sich aus der Grube und rannte ihm nach.
Sobald sie das Gebäude verlassen hatte, erstarb der Wind, und eine unheimliche Stille entstand. Sie entdeckte Harper auf dem Parkplatz, zehn Meter von dem aufragenden Geo-Dämon entfernt, wie er seine verletzte Seite schützte. Sein Gesicht war wie bei einem Bergmann mit einer dicken Staubschicht bedeckt.
Es war der Dämon vom Tabernakel. Das Ding war groß, die tiefschwarze Haut spannte sich über einer bulligen, muskulösen Brust und massigen Armen. An seinem Stiernacken traten die Muskeln hervor, und nach oben hin spitz zulaufende Hörner zierten die Seiten seines Kopfes. Grellrote Flammen wallten aus seinem Rachen auf.
Mit flammend roten Augen musterte der Dämon sie. »Blackthornes Tochter!«, schrie er.
Harper drehte sich um und sah sie finster an. »Zurück! Rein da mit dir!«
Riley schüttelte den Kopf und nahm ihren Platz neben ihm ein. Dies war der Dämon, der ihren Vater getötet hatte, sie würde sich nicht vor ihm verstecken.
Ohne um Erlaubnis zu fragen, griff sie in die Tasche, die über der Schulter ihres Meisters hing, und holte zwei Erdungskugeln heraus. Als sie eine davon Harper reichte, musterte er sie einen Moment, dann nickte er grimmig, bis sich seine blasse Narbe fest spannte.
»Du weißt, was du tun musst?«, krächzte er.
»Ja.« Ihre Angst war so groß, dass sie tatsächlich in ihrem Schweiß hätte baden können.
Harper bedeutete ihr mit einer Kopfbewegung, nach rechts zu gehen. Als sie die ersten Schritte machte, hörte sie den Dämon amüsiert lachen.
Wo ist der Engel? Oder Beck und diese verdammten Dämonenjäger? Warum
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