Seelenraub
ungemütlich werden.« Er schaute zum Theater hinüber. »Und wenn es Lord Ozymandias war …«
Mit diesen Worten stapfte Mort zurück zur Auktion. Jetzt war es an Riley, den Stein ins Rollen zu bringen. Sie schickte ihrer Freundin Ayden eine kurze SMS mit der ungewöhnlichen Bitte, und dann hieß es abwarten, was die Hexe von dem Plan hielt.
Als Riley sich umdrehte, um die Autotür zu öffnen, bemerkte sie, dass jemand neben ihr stand. In der Sekunde, bevor sie Ori erkannte, stieß sie ein überraschtes Quieken aus. Anschließend kam sie sich ziemlich albern vor. »Mann, warn mich das nächste Mal vor!«, beschwerte sie sich.
Eine wunderbare weiße Rose tauchte vor ihr auf. »Reicht das als Entschuldigung?«, fragte er.
Riley starrte das Geschenk an. Warum machte er das? »Wo hast du die her? Sie sind tierisch teuer.« Sie wusste das, weil sie am Geburtstag ihrer Mom eine gekauft hatte, um sie ihr aufs Grab zu legen. Es hatte sie den Gegenwert von zwei Wochen Versorgung mit heißer Schokolade gekostet.
»Ich habe meine Quellen«, erwiderte er.
Sie nahm die Rose und atmete ihren schweren Duft ein. Sie war genauso wunderschön wie die letzte.
»Wo geht’s jetzt hin?«, fragte Ori und fläzte sich gegen ihren Wagen. »Shopping? Café?«
All das klang gut, aber … »Wird Zeit, dass ich in die Kirche komme, schätze ich.«
»Nicht nötig. Ich passe auf dich auf.«
»Du hoffst doch bloß, dass der Fünfer über mich herfällt.«
»Das, und ich genieße deine Gesellschaft.«
Der Typ hatte einen Preis verdient, weil er immer genau das Richtige sagte. »Danke, aber ich bin müde. Es war ein langer Tag.«
»Wie du meinst.« Ori richtete sich auf. »Was dagegen, wenn ich mit dir fahre?«
»Und was ist mit deinem Motorrad?«
»Ich komme später noch mal her und hole es.«
»Hast du keine Angst, dass es geklaut wird?«
»Nein«, sagte er. »Niemand wird es anrühren.«
Er wirkte so sicher, und Riley hatte nichts gegen seine Gesellschaft einzuwenden. Ori wartete, bis sie die Beifahrertür aufgeschlossen hatte, und stieg in den Wagen. Sie legte die Rose zwischen sie und gab acht, keines der Blütenblätter zu beschädigen. Einerseits fühlte sie sich schuldig, weil sie sie angenommen hatte, denn schließlich war sie mit jemand anderem zusammen, andererseits war die Rose sehr schön und verströmte einen überaus berauschenden Duft. Außerdem, was sollte es schon schaden?
Als sie auf die Straße einbog, sah sie zu Ori hinüber und runzelte die Stirn. »Anschnallen, bitte.«
»Ich bin überzeugt, dass du eine sichere Fahrerin bist«, erwiderte er.
»Egal. Die Stadt braucht Geld, also werden die Cops dir ein Bußgeld abknöpfen. Und mir auch, weil ich dich so habe mitfahren lassen.«
Ori murrte leise und fummelte an dem Ding herum, bis der Schließer endlich einrastete.
»Bist du es nicht langsam leid, mir überallhin zu folgen?«, fragte sie, als sie Richtung Süden in die Stadt fuhren.
»Nein. Du führst ein interessantes Leben. Heute warst du zum Unterricht auf dem Friedhof, hast deinen verletzten Freund besucht und bist anschließend ins Theater gegangen, um dich mit einem Haufen muffiger Nekromanten zu vergnügen. Das ist nicht langweilig.«
»Du bist mir gefolgt.«
Überallhin
. Wenn sie nicht gewusst hätte, dass er versuchte, den Fünfer zu töten, wäre es fast unheimlich. »Aber ich dachte, der Geo-Dämon würde mich nur nachts angreifen.«
»Dann ist er am stärksten, aber ich will kein Risiko eingehen.« Er drehte sich zu ihr um. »Und, wie war es, dieses Beschwörertreffen?«
Riley erzählte ihm, wie scheußlich es gewesen war. Dass ihr Dad nicht dort gewesen und wie groß ihre Angst war, ihn niemals wiederzufinden. Tränen nahmen ihr die Sicht, und sie fluchte leise. Als sie heftig blinzelte, spürte sie Oris Hand auf ihrem Arm, warm durch die Jacke hindurch. Er sagte nichts, doch allein seine Berührung bewirkte, dass sie sich besser fühlte. Das war es, was sie sich von Simon gewünscht hatte.
Was hat dieser Typ bloß an sich? Warum fühle ich mich völlig anders, sobald ich mit ihm zusammen bin?
Als Ori die Hand fortnahm, vermisste sie ihn auf der Stelle. Ihr Beifahrer runzelte die Stirn, und die Temperatur im Wageninneren schien ein Grad abzusinken. »Ich dachte, ich hätte gestern Nacht eine Spur zu dem Fünfer gefunden, aber es hat nicht geklappt«, gab er zu.
»Was für eine Spur?«
»Ich habe einen Gastro-Dämon überredet, mir zu verraten, wo der Schurke sich versteckt. Das
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