Seelenriss: Thriller
Bundeskriminalamts ergeben.«
Lena und Belling tauschten einen Blick aus.
»Ach, und noch etwas«, setzte Lucy hinterher. »Es hat sich eine Augenzeugin gemeldet. Eine ältere Dame, die zum Tatzeitpunkt ihren Hund ausgeführt hat und von der gegenüberliegenden Straßenseite gesehen haben will, wie der Anwalt nach einem Handgemenge aus dem Fenster gestürzt ist.«
»Und?«, fragte Drescher.
Lucy stemmte die Hände in ihre ausladende Hüfte. »Die Aussage der Frau passt zu den Schnittverletzungen in den Handinnenflächen des Opfers. Im Gegensatz zu den vorherigen Opfern hat Eisfeld noch versucht, sich zu wehren, ehe er in den Abgrund gestoßen wurde.«
Lena starrte einen Moment lang abwesend durch Lucy hindurch. »Sieht ganz so aus, als hätte der Killer dieses Mal noch ein bisschen mit seiner Beute gespielt, bevor er es zu Ende gebracht hat«, hörte sie sich sagen. Noch während sie darüber nachdachte, blitzten die schrecklichen Bilder aus dem vorläufigen Autopsie-Bericht in ihrem Kopf auf. Die gebrochenen Rippen. Der ausgerenkte Kiefer. Und nicht zuletzt waren da neben dem mit Säure verätzten Gesicht noch die abgetrennten Finger.
»Können Sie schon etwas zu den Betreibern von secret-confessions.de sagen?«, kam Belling auf die Website zurück.
Lucy schüttelte den Kopf. »Bisher nicht viel. Sieht ganz so aus, als handle es sich um eine Fake-Identität. Unsere Spezialisten sind noch dran.«
Sichtlich enttäuscht nickte Belling. »Verstehe …«
»Ich melde mich als anonymer User bei secret-confessions an«, schlug Lena vor.
»Wie bitte?« Drescher stand eine Mischung aus Fassungslosigkeit und Entsetzen ins Gesicht geschrieben. »Sie wissen doch, dass Ben Vogt da bereits dran ist.«
Zustimmend nickte Lena. »Ja, ich weiß, aber ich dachte …«
»Es ist mir egal, was Sie dachten! Ich habe Vogt damit beauftragt, diese Foren zu scannen – was zum Teufel soll das Ihrer Meinung nach werden? Etwa eine lustige Chat-Party?«
Ihren Sarkasmus können Sie sich sparen. »Nein, natürlich nicht«, gab sie kleinlaut zurück.
»Mir ist durchaus bewusst, was Sie von Vogt halten, trotzdem gibt es gewisse Spielregeln, an die verdammt noch mal auch Sie sich zu halten haben!« Er funkelte sie wütend an. »Haben Sie mich verstanden, Peters?«
Lena hämmerte das Herz in der Brust. »Ja, ja …«, murrte sie, den Blick abgewandt.
Drescher legte eine Hand ans Ohr. »Ich hab nichts gehört.«
Seufzend sah Lena auf. »Schon gut, ich habe es ja verstanden«, gab sie notgedrungen klein bei.
»Sie wissen, dass ich Sie morgen aus der Schusslinie nehmen und vom Fall suspendieren werde«, erinnerte sie der Dezernatsleiter und studierte ihren Blick.
Protestierend riss Lena die Hände hoch. »Aber …!«
»Kein Aber – Sie hatten Ihre Chance, Peters.« Er schlug sich mit der flachen Hand auf den Brustkorb. »Ich habe mich an meine Abmachung gehalten, also halten Sie sich gefälligst auch an Ihre und nehmen Sie ein paar Tage Urlaub.«
Belling nickte ihm bestätigend zu. Offenbar teilte er Dreschers Meinung.
»Am besten packen Sie schon heute Ihre Koffer und fahren ans andere Ende der Welt, bis wir diesen Kerl geschnappt haben«, schloss Drescher. Damit war das Thema für ihn beendet, und er wandte sich zum Gehen.
Angesäuert schob Lena den Unterkiefer vor, unterdrückte den Impuls, hinter seinem Rücken die Augen zu verdrehen, und zog sich in ihr Büro zurück.
Lucy wollte Drescher schon hinterhertrotten, da bat Wulf Belling sie, kurz stehen zu bleiben. »Ich weiß, das gehört nicht zu Ihrem Aufgabenbereich …«, begann er und kratzte sich im Genick. »Aber meine Tochter Marietta ist nach einem Konzert gestern Nacht nicht nach Hause gekommen – könnten Sie bitte sämtliche Krankenhäuser überprüfen?«
Lucy runzelte die Stirn und blickte ihn mitleidig an. »Soweit ich weiß, ist das nicht das erste Mal, oder?«
Er presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. »Aber dieses Mal hatte sie es mir fest versprochen.«
»Haben Sie es schon bei ihrem Freundeskreis versucht?«
Belling nickte. »Danke, Lucy. Sie sind ein Schatz.« Mit gerunzelter Stirn blieb er stehen und folgte Lucy mit dem Blick über den Korridor. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihm breit, das jedoch weniger Marietta, sondern vielmehr Lena Peters galt, die seines Erachtens etwas zu schnell in ihrem Büro verschwunden war. Er kannte Lena und bezweifelte, dass sie sich so schnell geschlagen geben würde.
Als er im Vorbeigehen an der
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