Seelenriss: Thriller
Augen nach ihr um. »Ach, weißt du, ich habe schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gespielt«, erklärte er mit einer gleichgültigen Geste.
Der Duft von Knoblauch, geriebenem Parmesan und italienischen Kräutern hing in der feuchtwarmen Luft. »Das riecht ja phantastisch«, fand Lena, »ich wusste gar nicht, dass du kochen kannst.«
Schmunzelnd blickte er sie an. »Kann ich auch nicht«, gestand er und deutete mit dem Kinn auf das Kochbuch, das aufgeschlagen neben dem Herd lag und den Titel Kochen für Dummies trug.
Lena lachte.
»Wie wär’s mit einem Bier? Oder lieber einen Wein?«, fragte er und hielt ihre mitgebrachte Flasche Merlot in die Höhe.
»Am besten in dieser Reihenfolge.« Nach allem, was sie heute erlebt hatte, war ihr so ziemlich alles recht, was sie diesen Tag vergessen ließ. Lukas stellte den Merlot auf den Tisch und ging zum Kühlschrank. Das kühle Bier, das er ihr reichte, tat gut.
»Bevor ich es vergesse …«, sie griff in die Hosentasche ihrer Jeans und zog die Socke heraus, die Lukas neulich bei ihr verloren hatte, und hielt sie in die Höhe. »Die hier habe ich in Napoleons Körbchen gefunden. Willst du sie wiederhaben?«
Lukas verzog das Gesicht und nahm ihr mit spitzen Fingern die Socke ab. »Danke für dieses überaus reizende Gastgeschenk.«
»Gern geschehen«, sagte sie und lachte. »Ist wohl schon ’ne Weile her, dass ich ein Date hatte – mit jemand, der nicht kriminell ist, meine ich.«
Was zum Teufel redete sie da?
Mit der Bierflasche in der Hand an den Küchentisch gelehnt, sah sie Lukas eine Weile schweigend beim Zwiebelschneiden zu. Dabei ertappte sie sich immer wieder, dass sie auf die Uhr sehen musste. Dieser ganze Abend war die reinste Schnapsidee, und sie hätte sich von ihm niemals dazu überreden lassen sollen, herzukommen.
»Konntest du mit meinen Informationen zu diesem Professor Wallau eigentlich etwas anfangen?«, durchbrach Lukas ihr Schweigen.
Lena hatte sich gerade ein wenig entspannt, da spürte sie, wie sich ihr Magen erneut verkrampfte. »Kein gutes Thema«, stöhnte sie. »Überhaupt gar kein gutes Thema.«
»Willst du drüber reden?«, fragte er, ohne das Zwiebelschneiden zu unterbrechen.
Sie stieß einen Seufzer aus und gab ihm eine grobe Zusammenfassung der Geschehnisse des Tages. Als sie fertig war, hatte sie ihr Bier ausgetrunken und bereits das zweite Glas Rotwein in der Hand. Erst jetzt bemerkte sie, wie gut es tat, sich den aufgestauten Frust von der Seele zu reden.
»Wow«, sagte Lukas, der inzwischen den Tisch gedeckt hatte, und starrte sie mit leicht geöffnetem Mund an. »Während unsereins am Computer sitzt oder im Tonstudio an einem neuen Song bastelt, erlebst du Dinge, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt.«
Lena rang sich ein Lächeln ab, obwohl sie Lukas’ Enthusiasmus nicht wirklich teilen konnte. »Du arbeitest an einem neuen Song?«, wechselte sie das Thema. »Hast du gar nicht erzählt.«
Er lächelte sie mit leuchtenden Augen an. »Du wirst die Erste sein, die ihn zu hören bekommt«, versprach er und zündete die Kerze auf dem gedeckten Tisch an. »Darf ich bitten?«
Lena lächelte ihn an. Das ließ sie sich nicht zweimal sagen und nahm Platz. Lukas setzte sich ihr gegenüber. Sie aßen Oliven, Brotstangen und riesige Portionen Pasta. Lena konnte sich nicht entsinnen, wann sie zuletzt so viel Nahrung zu sich genommen hatte. Sie fragte sich, ob es daran lag, dass Lukas sich als ausgezeichneter Koch entpuppt hatte, oder aber daran, dass er schlichtweg die Fähigkeit besaß, sie ihre Sorgen zumindest kurzzeitig vergessen zu lassen. Wahrscheinlich beides. Und nicht zuletzt spielte die Tatsache, dass die kleinen Bauarbeiter in ihrem Kopf ausnahmsweise einmal nicht um die Wette hämmerten, wohl ebenfalls eine Rolle. Der Wein, den er ihr immerzu nachschenkte, tat ein Übriges, und mit jedem weiteren Schluck verschwammen die Bilder von Professor Wallaus Selbstmord, die vor Lenas innerem Augen wie ein nicht enden wollender Film abliefen, ein wenig mehr. »Wie war eigentlich euer Termin bei diesem Plattenlabel?«, erkundigte sie sich.
Lukas schwenkte versonnen sein Weinglas. »Ich dachte schon, du würdest nie fragen«, sagte er und grinste über das ganze Gesicht.
Sie lächelte ihn an und musterte ihn über den Rand ihres Weinglases hinweg. »Also?«
»Na ja, wir haben noch keine konkrete Zusage, aber es sieht ziemlich gut aus.«
»Das freut mich für dich«, meinte Lena und hob ihr Glas. »Auf die Preachers !«
Sie
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