Seelenriss: Thriller
brüllte der Reporter mit erhobener Faust.
Lena schenkte ihm ein bitteres Lächeln. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können«, entgegnete sie und ließ ihn stehen.
35
Fünfundvierzig Minuten später im
Vernehmungsraum der Mordkommission …
»Sie müssen die Frage nicht beantworten«, schritt der Anwalt von Alexa Kellerer ein. Die Betreiberin von Secret Confessions saß in einem weißen Kaschmiroberteil, die Haare hochgesteckt, vor Belling auf jenem Stuhl, auf dem kürzlich noch Pater Sonnenberg gesessen hatte.
Belling blickte den sonnengebräunten Anwalt, der mit seinen falschen Zähnen und seiner protzigen goldenen Armbanduhr das perfekte Pendant zu Kellerer abgab, verständnislos an. »Jetzt hören Sie mir mal gut zu, Ihre Mandantin wird vor Gericht noch wesentlich mehr Fragen beantworten müssen, wenn sie mir nicht augenblicklich sagt, was es mit den fünfzig Riesen auf sich hat, die sich bis vor kurzem noch in Pater Sonnenbergs Büroschrank befunden haben und soeben bei der Durchsuchung ihres Ferienhauses auf Sylt sichergestellt worden sind!« Bellings Wangenmuskeln zuckten vor Wut. »Es wird wohl kaum ein Zufall sein, dass sowohl die Summe als auch der Jutebeutel, in dem sich das Geld befanden, übereinstimmen.«
Alexa Kellerer betrachtete weiterhin teilnahmslos ihre mit French Manicure aufgepeppten Fingernägel und zeigte sich von seiner Drohung ebenso unbeeindruckt wie ihr aufgeblasener Anwalt. Bevor ihm endgültig der Kragen platzte, hielt er es für das Beste, die Vernehmung zu unterbrechen und Ben Vogt sein Glück versuchen zu lassen.
Vogt hatte zuvor bereits Pater Sonnenberg vernommen, der auf Anraten seines Anwalts zugegeben hatte, mit Alexa Kellerer gemeinsame Sache gemacht zu haben, und diese somit schwer belastet. Daraufhin war auch die Betreiberin der Website eingeknickt und hatte den Priester beschuldigt, sie zu der Geschäftsidee, Ablass-Honorare für Schuldbekenntnisse zu kassieren, angestiftet und später damit erpresst zu haben.
Nachdem Vogt eingetroffen war, zog Belling sich in sein Büro zurück, schloss die Tür hinter sich und steckte sich hastig eine Zigarette an. Dann blickte er nachdenklich in die Abenddämmerung hinaus und fragte sich, was er von dieser Sache halten sollte. Er traute weder Kellerer noch dem Priester über den Weg. Darüber hinaus hatten beide abgestritten, mit den Morden in Verbindung zu stehen. Fest stand, dass sowohl Pater Sonnenberg als auch diese blasierte Alexa Kellerer die kommenden Jahre hinter Gittern verbringen würden, ob er ihnen die Morde nun nachweisen könnte oder nicht.
Hinter ihm ging plötzlich die Tür zum Büro auf. Wie ertappt blickte Belling sich mit der Zigarette im Mundwinkel um. Es war Lucy. »Klopf, klopf! Darf man reinkommen?«, fragte sie, nachdem sie bereits eingetreten war, und starrte mit gerunzelter Stirn auf seine Zigarette. »Sie rauchen im Büro?«
»Ich? Äh … nein.« Belling schnippte seine Zigarette aus dem Fenster und machte eine wedelnde Handbewegung, um den Rauch zu vertreiben. »Was gibt’s?«
»Die kriminaltechnische Auswertung der in Eisfelds Büro sichergestellten Morddrohung hat Peters’ Vermutung, dass der Killer eine Liste abarbeitet, erneut bestätigt: Nach x-facher Vergrößerung der Rückseite der Nachricht war darauf die Ziffer Drei zu erkennen.« Lucy schluckte, ehe sie hinzufügte: »Bleibt nur zu hoffen, dass Lena Peters nicht die Nummer vier auf seiner Liste ist.«
Belling konnte dem nur zustimmen. »Was hat eigentlich die Befragung von Eisfelds Lebensgefährtin ergeben?«
Kopfschüttelnd schob Lucy das Kinn vor. »Nicht viel. Nach Aussage der Frau war er ihrem Kind ein liebevoller Vater.«
Belling grummelte etwas in sich hinein. »Gibt es sonst noch etwas?«
»Wir haben neben dem Alibi der Frau auch das von Eisfelds Kollegen, Freunden und vermeintlichen Feinden überprüft«, machte Lucy weiter.
»Und?«, fragte Belling nach.
»Sind alle wasserdicht.«
Belling blähte die Backen. »Wie es aussieht, gibt es keinerlei Verbindung zwischen Eisfeld und den vorherigen Opfern – es sei denn, wir haben sie nur noch nicht gefunden.«
»Allerdings gibt es da jemand anderen, der gefunden worden ist …«, brachte sie mit gedämpfter Stimme hervor.
Unschlüssig verzog Belling das Gesicht. »Wie meinen Sie das?«
Sie seufzte. »Wie soll ich sagen – es handelt sich um eine junge Frau, die wegen Drogenbesitzes aufgegriffen und aufs Revier gebracht worden ist.«
Belling konnte ihr nicht ganz folgen.
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