Seelenriss: Thriller
Schnüffler suchen, der den Job für ihn erledigt.«
Belling war sprachlos. Er hatte Mühe, seinen Atem zu kontrollieren, während er jedes Wort einzeln betonend fragte: »Wie viele Menschen sollten Sie ausfindig machen?«
»Wieso wollen Sie dit wissen?«, fragte Frecker nach. In seiner Stimme schwang Misstrauen mit.
»Wie viele?«, wiederholte Belling mechanisch und zwang sich, ruhig zu bleiben.
Schweigend musterte ihn der Detektiv.
» Wie viele habe ich gefragt!«, repetierte Belling seine Frage und war kurz davor, es aus ihm herauszuprügeln.
»Dit kostet Sie aber extra«, meinte Frecker stur.
Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, da packte Belling ihn am Schopf und schleuderte ihn mit aller Kraft gegen das Küchenregal. Mehrere Tassen gingen scheppernd zu Boden. Mit seinem ganzen Gewicht gegen ihn gestemmt, drückte er dem Detektiv die Kehle zu, bis dieser rot anlief und ihm die Halsadern hervortraten.
»… fünf«, stieß Frecker krächzend hervor.
Belling drückte weiter zu. »Ganz sicher?«
Verzweifelt nach Luft ringend, brachte Frecker ein Nicken zustande.
Belling forschte in seinem Blick. Dann lockerte er seinen Griff und ließ von ihm ab. Seine Gedanken überschlugen sich, während Frecker sich röchelnd die Kehle hielt. Wenn Peters recht hat und der Doppelmord an den Wittners nicht geplant war, sondern der Killer bei der Tat gestört worden ist und lediglich im Affekt gehandelt hat, dann sind es bislang vier Opfer – das fehlende fünfte Opfer schwebt somit in Lebensgefahr! Belling musste schlucken, als er daran dachte, dass Lena Peters ebenfalls eine Morddrohung erhalten hatte. Sie hatte die Botschaft als einen Hilferuf des Killers interpretiert – doch was, wenn sie mit ihrer Vermutung falschlag und sie das fünfte Opfer war?
»Seid ihr Bullen denn alle verrückt geworden?!«, ächzte Frecker und richtete sich auf. »Wat soll dit Ganze überhaupt? Ick hab doch gesagt, ick hab den Fall abgelehnt, weil ick diesem Harding nich über den Weg getraut hab!«
Belling hielt inne und war plötzlich wie erstarrt.
» Wie sagten Sie, heißt dieser Mann?«
»… Harding. Christoph Harding, wenn Sie’s genau wissen wollen. Aber warum is’n dit jetz so wichtig?«
Doch Belling blieb keine Zeit für Erklärungen. Großer Gott, Lena Peters ist in diesen Minuten auf dem Weg zu diesem Harding!
45
Um kurz nach halb zehn in Wilmersdorf …
Die ganze Taxifahrt über hatte Lena krampfhaft versucht, den Gedanken an die schreckliche Diagnose beiseitezuschieben. Gerade so, als würde der Tumor von ganz allein wieder verschwinden, wenn sie einfach nicht mehr daran dachte. Obwohl es ihr nicht gelingen wollte, zwang sie sich, sich auf die bevorstehende Befragung des Witwers von Nadine Harding zu konzentrieren. Sie ließ sich von dem Taxifahrer in einiger Entfernung zum Haus der Hardings absetzen. Es lag etwas abseits, am Ende der Straße, die lediglich von ein paar wenigen Straßenlaternen beleuchtet wurde.
Es war eine ruhige Wohngegend, die zu dieser späten Stunde wie ausgestorben wirkte. Hier das Zirpen einer Grille, da das Zischen eines Rasensprengers, sonst war alles still. Schlafende Einfamilienhäuser reihten sich aneinander, und Lena malte sich aus, wie hier tagsüber Kinder in den Einfahrten spielten und am Wochenende Autos gewaschen oder in den Gärten Würstchen gegrillt wurden.
Lena hielt nach Wulf Belling Ausschau und warf einen Blick auf die Uhr. Wie es aussah, war sie zur Abwechslung einmal vor ihm eingetroffen. Zögerlich ging sie weiter auf das Haus der Hardings zu. Der Vorgarten sah verwildert aus. Das Gras stand kniehoch, die Hecken waren vertrocknet, und der Briefkasten erweckte den Eindruck, länger nicht geleert worden zu sein. Im Haus war alles dunkel. Die Laterne vor der Einfahrt war die einzige in der Straße, die nicht brannte. Ungeduldig blickte Lena sich nach Belling um. Es sah ihm nicht ähnlich, sie warten zu lassen.
Gerade als sie ihr Smartphone aus der Handtasche fischen wollte, klingelte es. Ohne den Blick von Hardings Haus abzuwenden, nahm Lena das Gespräch an. »Belling, wo bleiben Sie denn? Ich stehe bereits vor dem Haus der Hardings.« Zu spät stellte sie fest, dass nicht ihr Kollege am anderen Ende der Leitung war, sondern Lukas.
»Hör zu, Lena, es war echt nicht meine Absicht, dich mit der Tournee zu überrumpeln – mir war wohl nicht ganz klar, dass du …« Bevor er aussprechen konnte, unterbrach ihn Lena: »Sorry, ganz schlechtes Timing – ich ruf dich die
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