Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)
hielt,
denn er fügte hastig hinzu: „Etwas Besseres fällt mir
leider nicht ein, sorry.“
Schweigend ließ
Melica ihren Blick von Tizians Gesicht zum Stein in seinen Armen
wandern. Wenn sogar Tizian ihn derartig mühelos tragen konnte,
dann wäre es doch gelacht, wenn sie es nicht schaffen würde.
Sie nickte entschlossen: „Probieren wir es aus!“
Als sie einige Augenblicke
später den Stein auf ihrem Rücken spürte, fühlte
sie eine tiefe Dankbarkeit in sich aufsteigen. Auf dem Rücken
erschien ihr der Stein tatsächlich um einiges leichter zu sein.
Ihre Dankbarkeit verpuffte jedoch sofort, als sie den ersten Schritt
tat.
Nach der dritten Runde um
die mehr als nur weitläufige Farm war sie fest davon überzeugt,
dass sie Tizian hasste. Nicht genug, dass sie das Gefühl hatte,
einen ausgewachsenen Elefanten auf dem Rücken spazieren zu
tragen – sie musste auch noch ständig aufpassen, dass er
nicht einfach zu Boden fiel. Mit gebeugtem Rücken und Händen,
die so gut wie möglich versuchten, den Stein zu umklammern,
stolperte sie über den holprigen Weg, auf Beinen, die immer
schwächer wurden und Füßen, die wahrscheinlich schon
lange Selbstmord begangen hätten – hätten sie nur die
Möglichkeit dazu gehabt.
Irgendwann musste Melica
einen Fehler machen. Das war ihr schon bei ihrem ersten Schritt
bewusst. Trotzdem betete sie, dass es nicht dazu kommen würde,
dass sie nicht versagen und ihren besten Freund ins Verderben stürzen
würde.
Melica fiel trotzdem.
Mitten in ihrer 14. Runde. Ihre Nase bohrte sich unsanft in den
harten Boden, doch Melica bemerkte das nicht einmal. Tränen
strömten ihr über das Gesicht und als sie ein leichtes,
rotes Flühen auf der Erde entdeckte, wusste sie, dass ihre Augen
die Farbe gewechselt haben mussten. Verzweifelt starrte sie auf den
Boden, so, als wäre die Lösung all ihrer Probleme und
Sorgen direkt vor ihr in der Erde vergraben.
Alles, was sie fand war
ein kleiner Maulwurfhügel am Wegrand und einen Zweig, nur wenige
Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt.
Ein Klatschen riss Melica
aus ihren krankhaften Beobachtungen. Was sollte das denn jetzt?
Verärgert hob sie den Kopf, fest entschlossen, Tizian wütend
anzubrüllen. Ihr Mund klappte jedoch auf, als ihr Blick ihn
erreichte. Tizian klatschte gar nicht.
Es war Zane, der dort
stand und ihr applaudierte. Verstört starrte sie ihn an, tat
nichts mehr, starrte einfach. Ein leichtes Lächeln breitete sich
auf Zanes Lippen aus, nicht kalt oder spöttisch, sondern
ehrlich.
Und Melicas Augen wurden
so groß wie halbe Untertassen. Ja – irgendeinem winzigen
Teil in ihrem Verstand war durchaus bewusst, dass sie absolut dämlich
aussehen musste. Nein – sie würde das nicht ändern.
„ Warum zur Hölle
klatscht du, Sarcone?“, fragte Tizian nicht minder fassungslos.
„ Melica hat es
weiter geschafft, als ich es für möglich gehalten hätte“,
erwiderte Zane ausdruckslos. „Ich hatte nie erwartet, dass sie
die Aufgabe erfüllt.“
Hoffnung, ach so
wunderbare Hoffnung begann sich in Melica auszubreiten. „Heißt
das, Sie…Sie lassen Jim in Ruhe?“, stammelte sie und
blickte ihn aus glänzenden Augen an.
Zane erwiderte ihren Blick
teilnahmelos. „Wir werden sehen“, entgegnete er knapp.
Langsam hob er eine Augenbraue. „Ist der Boden derartig bequem,
dass du nicht aufstehen kannst? Dein Training ist noch nicht
beendet.“
„ Was?“, fragte
sie entgeistert. Ihr tat jeder Knochen weh! Himmel, es schmerzten
sogar Stellen an ihrem Körper, von denen Melica nicht einmal
gewusst hatte, dass sie überhaupt existierten! Und da glaubte
dieser Dämon da allen Ernstes, sie würde noch
weitertrainieren? Sie konnte sich ja noch nicht einmal bewegen!
„ Ich hatte gedacht,
deine Intelligenz wäre groß genug, um eine solch einfache
Mitteilung verstehen zu können“, bemerkte Zane kühl.
„Du wirst noch weiter laufen müssen. Denn wenn ich mich
recht erinnere, hast du die 15 Runden noch nicht bewältigt.“
„ Mach dich doch
nicht lächerlich, Sarcone!“, blaffte Tizian gereizt.
„Melica ist total erschöpft. Und außerdem fängt
das Mittagessen in ein paar Minuten an!“
„ Barkley!“ Ein
tiefes Knurren entrang sich Zanes Kehle. „Was bringt dich zu
der grotesken Annahme, dass mich das auch nur im Geringsten
interessiert? Und wenn du es noch einmal wagen solltest, meine
Anweisungen in Frage zu stellen, dann-“, er brach ab und ließ
seine Hand langsam zu der Dolchscheide an seinem Gürtel
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