Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)
wandern.
„Nun, ich bin mir sicher, du weißt, was dann passiert.“
Eine verzerrte Maske legte
sich auf Tizians Gesicht. Er nickte schweigend.
Befriedigt wandte sich
Zane nun Melica zu. „Du hast eine Sekunde, um dich zu erheben
und um loszulaufen. Jim musst du dabei nicht einmal mitnehmen. Es
reicht, wenn du ohne ihn läufst. 165 Runden. Du hast zwei
Stunden Zeit.“
~*~
„ Viel schlimmer
als das Training bei Tizian wird es schon nicht werden .“
Melica hatte ihre eigenen Worte noch immer im Ohr. Und sie konnte
nicht glauben, dass sie jemals so naiv gewesen war.
Es dämmerte bereits,
als Zane das Training viele Stunden später beendete. Melica
wusste nicht, ob sie vor Erleichterung lachen oder doch viel eher vor
Verzweiflung in Tränen ausbrechen sollte. Allein die
Vorstellung, dass sie die gleiche Folter noch viele Male durchstehen
müssen würde, ließ eine Angst in ihr aufsteigen, die
ihr die Luft abschnürte. Sie fühlte sich wie erschlagen,
konnte keinen Muskel mehr bewegen, ohne vor Schmerzen aufzustöhnen.
„ Das war doch gar
nicht so schlimm“, verkündete Tizian plötzlich und
streckte ihr hilfsbereit die Hände entgegen.
Melica verkniff sich
jeglichen Kommentar und ließ sich schweigend auf die Beine
ziehen. Als sie jedoch den Spott sah, der in Zanes Augen funkelte,
konnte sie nicht länger an sich halten: „Gucken Sie mich
nicht so dumm an! Es ist allein Ihre Schuld, dass ich nicht mehr
alleine aufstehen kann!“
Wenn Zane von ihrer
Ansprache beeindruckt war, reagierte er höchst seltsam darauf.
Ein Lachen schlüpfte aus seinem Mund und ließ ihn beinahe
freundlich wirken. Beinahe…in Wirklichkeit war Zane sogar dann
noch beängstigend, wenn er aus vollem Halse lachte.
„ Schön, dass
Sie meine Empörung so lustig finden!“, sagte sie
schnippisch, bevor sie sich bei Tizian unterhakte und ausdrucksstark
in Richtung Plattform davonhumpelte.
„ Ich hoffe für
dich, dass du morgen pünktlich bist. Exakt acht Uhr. Nicht fünf
Minuten später. Noch einmal lasse ich eine Verspätung nicht
so einfach durchgehen“, erinnerte Zane sie, kurz bevor sie
durch die Tür verschwinden konnte. „Barkley?“
„ Ja?“,
erwiderte Tizian überrascht und schnellte herum. Leider hatte er
vergessen, dass Melica immer noch an seinem Arm hing. Melica schürzte
beleidigt die Lippen, als sie hart am Ellenbogen gezogen und dann im
Kreis geschleudert wurde.
Die Belustigung war Zane
förmlich anzusehen. Spöttisch hob er die Augenbrauen.
„Jareth ist nicht zufällig dein Bruder, Barkley?“
Tizians Überraschung
verschwand genauso schnell wie sie aufgekommen war. Entsetzen nahm
den Platz in seinem Gesicht ein, gefolgt von einem tiefen, alles
umfassenden Schmerz. „Nein“, sagte er dumpf.
Dann drehte er sich erneut
abrupt um und sorgte dafür, dass Melica schon wieder durch die
Gegend flog. Melica protestierte jedoch nicht. Tizians Schmerz hatte
sie zutiefst verstört und erst in dem Moment, in dem sie die
Plattform wieder verließen und die Eingangshalle betraten,
hatte sie genug Mut gefunden, um das Schweigen zu brechen: „Hast
du mir nicht vor Kurzem noch erzählt, dein kleiner Bruder hieße
Jareth?“
Tizian ging weiter. Er
warf ihr einen kurzen Blick zu. „Nein.“
„ Aber ich bin mir
ganz sicher, dass du das gesagt hast! Damals, im Schwarzwald, als du
mir unbedingt deine ganze Lebensgeschichte aufdrängen-“
„ Nein, Melica!“,
unterbrach Tizian sie grob und schleuderte ihr einen vernichtenden
Blick entgegen. „Misch dich nicht in Dinge ein, die du nicht
verstehst!“
Melicas Mund klappte auf.
Als sie sich wenige Sekunden später daran erinnerte, dass
jemand, der mit geöffnetem Mund umherstarrte, nicht im
Geringsten eindrucksvoll war, schloss sie ihn wieder und zog
stattdessen ausdrucksstark die Augenbrauen zusammen. „Schön!“,
schnaubte sie verärgert, riss sich mit einem Ruck von Tizian los
und stolzierte davon.
„ Warte Melica!“,
rief Tizian ihr nach.
Schritte zeigten ihr, dass
er ihr hinterherlief. Melica drehte sich nicht um, wartete nicht,
sondern ging stur weiter.
„ So war das doch gar
nicht gemeint!“, versuchte Tizian zu erklären.
Nun blieb Melica doch
stehen. Langsam und mit einem Gesicht, als plane sie, den Sarcones in
ihren Plänen zuvorzukommen und selbst die gesamte Welt zu
zerstören, baute sie sich vor ihm auf. „Es ist mir egal,
wie es gemeint war. Ehrlich. Mir geht das alles hier einfach dermaßen
auf den Geist! Ich kann keinen Muskel mehr
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