Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)
wurde. Hier mussten früher die Gefangenen eingesperrt
worden sein, zu einer Zeit, in der Mord und Entführung noch
keine Handlungen darstellten, für die man sich strafbar machte.
Inzwischen waren solche Dinge jedoch auch in der Dämonenwelt
verboten worden. Hielt man sich nicht daran – nun, was dann
geschah, wusste Melica nicht. Sie hatte jeden danach gefragt, den sie
hatte finden können, doch außer Zane hatte ein jeder mit
einem angsterfüllten Schweigen geantwortet.
Zanes Antwort war auch
nicht viel besser gewesen. „Solange du lebst, solltest du dir
keine Gedanken über deinen Tod machen.“ Mehr hatte er
nicht dazu gesagt.
Melica hatte beschlossen,
ihre Suche nach der Antwort aufzugeben. Zumindest für einige
Zeit. Und wenn sie ganz ehrlich sein sollte, musste sie zugeben, dass
Zane ihr mit seiner Antwort deutlich mehr geholfen hatte als alle
Schattenkrieger zusammen. Er hatte sie in den letzten Wochen in die
Welt der Dämonen eingeführt und hatte ihr
erstaunlicherweise auch Aspekte über die Menschenwelt verraten,
die Melica bis dato nicht gewusst hatte. Sie hasste es, das
zuzugeben, doch der Sarcone besaß ein wirklich unerschöpfliches
Wissen. Es war egal, welche Frage sie ihm auch stellte – Zane
wusste immer eine Antwort. Und obwohl er sich alle Mühe gab,
sich von ihren Fragen genervt zu zeigen, wusste Melica, dass er sich
im Grunde sogar über sie freute, hatte er doch so oft genug die
Möglichkeit, ihr zu zeigen, wie viel schlauer er doch war.
Obwohl sich Melica nicht selten gedemütigt und bloßgestellt
fühlte, bemerkte sie nach einiger Zeit, dass Zanes Verhalten
eine gewisse Erleichterung in ihr aufsteigen ließ. Denn wenn
Zane solche Dinge wie Schadenfreude und Hass empfinden konnte, musste
er doch auch in der Lage sein, andere Gefühle zu haben.
Zumindest theoretisch.
„ Ich will dich ja
nur ungern aus deinen Überlegungen reißen, aber wir müssen
uns wirklich beeilen“, bemerkte Isak belustigt.
Melica gab ihm
stillschweigend Recht, auch wenn sie sich äußerlich nichts
anmerken ließ. In den Kerkern gab es leider nicht nur eine Tür.
Genau genommen gab es vier.
Vier Türen, hinter
denen sich Zanes Zimmer befinden konnte. Melica hatte nicht die
leiseste Ahnung, wo genau. Schulterzuckend trat sie auf die erste Tür
zu, klopfte. Keine Reaktion. Bei der zweiten Tür das Gleiche.
Bei der dritten Tür jedoch war alles anders.
Ihre Hand hatte das glatte
Holz kaum berührt, da wurde die Tür auch schon aufgerissen.
Melica zuckte erschrocken zusammen, starrte mit panischem Blick
direkt in Zanes angespanntes Gesicht. Überraschung, Freude,
Misstrauen und etwas, das Melica nicht identifizieren konnte,
huschten in atemberaubender Geschwindigkeit über seine Züge.
Eine Sekunde später war Zanes Gesicht wieder ganz kalt.
Und Melicas völlig
fassungslos, weil Zane zum ersten Mal Gefühle gezeigt hatte, die
nicht von Hass, Hohn oder Schadenfreude durchzogen waren.
„ Was willst du denn
hier, Hexe?“, schnarrte Zane kalt.
Melica bekam nicht die
Zeit, um darauf zu antworten. Zanes Blick fiel auf Isak, der sich bis
dahin nur still in Melicas Rücken gehalten hatte. Nun aber trat
er aus dem Schatten, erwiderte Zanes kühlen Blick verstörend
freundlich.
„ Isak“, spie
Zane, die Stimme ätzender als die stärkste Säure. „Was
treibt dich denn hierher? Reicht es nicht aus, dass mir Melica
tagtäglich auf die Nerven geht?“
„ Niemand zwingt
dich, sie zu trainieren“, entgegnete Isak, bevor er Melica wie
selbstverständlich zur Seite schob und sich schützend vor
sie stellte.
Zane begleitete diese
Geste mit einem verächtlichen Schnauben. „Rührend“,
kommentierte er, verdrehte die Augen. „Wo hast du deinen
Verstand gelassen? Wenn ich deiner kleinen Freundin irgendetwas antun
wollen würde, dann hätte ich in den letzten Wochen
Gelegenheiten genug dazu gehabt, meinst du nicht? Oder glaubst du,
Melica hätte auch nur die leiseste Chance gegen mich?“
Die hatte sie nicht, das
war Melica mehr als bewusst.
Isak offenbar auch, denn
er erwiderte: „Melica vielleicht nicht. Tizian hätte dich
aber aufhalten können.“
Für den ersten Moment
sah Zane aus, als könnte er nicht fassen, was Isak da gerade von
sich gegeben hatte. Dann brach er in kaltes Gelächter aus. „Das
Kind könnte mich nicht einmal aufhalten, wenn ich taub, blind
und gelähmt wäre“, erklärte er geringschätzig.
„Außerdem hätte er nicht einmal die Möglichkeit,
mich an irgendetwas zu hindern. Barkleys
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