Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)
riskieren, dass sich Melicas Bereitschaft, ihnen zu helfen,
in Luft auflöste. Zumindest hatte Melica dies gedacht.
Die Überraschungen
schienen an diesem Tag jedoch kein Ende nehmen zu wollen. Etwas in
Damians Gesicht veränderte sich und Melica sah, dass seine Hand
leicht zitterte, als er sich damit durchs glatte, hellbraune Haar
fuhr. „Bist du dir sicher, dass Isak das gesagt hat?“,
presste er hervor, die Stimme nervöser als man es einem Dämon
in seiner Position zutrauen würde.
Melica musste ihre
Verwunderung über sein Verhalten nicht einmal spielen. „Ziemlich
sicher.“
„ Das stimmt nicht“,
murmelte Damian leise. „Ich weiß, warum dein Onkel dies
behauptet, aber – Melica. Dein Vater ist von keinen Menschen
getötet worden. Es ist meine Verlobte Diana gewesen. Sie hat ihn
umgebracht.“ Jeder Laut, der Damians Lippen verließ, war
von einem solch intensiven Mitgefühl geprägt, dass es gar
nicht gespielt sein konnte.
Ein Kloß begann sich
in Melicas Kehle zu bilden. Sein Verhalten raubte ihr schier die
Sprache.
„ Es tut mir wirklich
leid, Melica. Ich habe nicht gewusst, was Diana vorhatte. Wenn ich es
geahnt hätte, hätte ich versucht, sie umzustimmen.“
Melica lächelte ihn
schwach an. Er sah so aus, als hätte er wirklich Schuldgefühle.
Kaum zu glauben. „Es ist nicht deine Schuld.“
„ Doch“,
entgegnete Damian finster. „Genau das ist sie. Wenn ich nicht
so begeistert von der Idee gewesen wäre, dass gerade du uns
hilfst, hätten wir bestimmt schon längst eine andere Hexe
gefunden, die das Ritual für uns ausführt. Wir hätten
dich gar nicht gebraucht. Und Diana hätte es niemals nötig
gehabt, deinen Vater umzubringen.“
Also war sie doch Schuld
am Tod ihres Vaters. Melica kniff die Augen zusammen, senkte den
Kopf. Sekunden später spürte sie, dass ihr eine Hand auf
die Schulter gelegt wurde. Als sie ihre Augen wieder öffnete,
sah sie, dass sich Damian neben sie gesetzt hatte. Er blickte sie
schuldbewusst an. „Lass es mich wieder gut machen. Ich habe
Geld! Gibt es irgendetwas, was du dir wünschst? Ein Haus zum
Beispiel? Oder Kleider?“
Merkte er nicht, wie naiv
sein Angebot war? Melica glaubte ihm ja, dass es ihm leid tat, aber
allein der Gedanke, sie würde sich über eine solche
Wiedergutmachung freuen, war beleidigend. „Es scheint dir ja
eine Menge daran zu liegen, dass ich hier bleibe und helfe. Wenn du
mir sogar ein ganzes Haus schenken willst...“
„ Das soll natürlich
kein Bestechungsversuch sein. Du kannst dein Geschenk annehmen und
musst uns trotzdem nicht unterstützen, wenn du das nicht
möchtest. Es ist deine eigene Entscheidung.“
Ungläubig starrte
Melica ihn an. „Du meinst, ich darf gehen, wenn ich möchte?“
Ehrliche Verwunderung
zeichnete sich auf Damians Gesicht ab. „Natürlich. Warum
solltest du das nicht dürfen?“
„ Diana hat etwas
anderes gesagt.“
„ Du musst Diana
verstehen. Dieses Ritual ist ihr unglaublich wichtig und sie wartet
schon seit Ewigkeiten darauf, dass sie alle Seelen beisammen hat.
Jetzt, wo sie es endlich geschafft hat, kann sie es einfach nicht
mehr erwarten. Deshalb setzt sie dich so unter Druck.“
So sympathisch Damian auch
wirken mochte – seine Aufforderung, Dianas Verhalten zu
verstehen, war purer Wahnsinn! Es kostete Melica unendlich viel
Kraft, herunterzuschlucken, was sie zu seinen Worten dachte.
Schließlich wäre er bestimmt nicht allzu begeistert, wenn
er wüsste, dass sie Diana für eine verrückte
Fanatikerin hielt. Und ihn für einen verliebten Vollidioten.
„ Ich werde euch
helfen“, sagte sie schließlich ruhig.
„ Das ist ja
fantastisch!“, verkündete Damian strahlend, sprang auf und
warf sich zurück auf den Stuhl. „Du musst eigentlich auch
gar nicht so viel machen. Das Ritual besteht aus mehreren Schritten,
deine Hilfe brauchen wir nur beim ersten. Danach kannst du dir
aussuchen, ob du gehen oder lieber bei uns im Schloss bleiben
möchtest.“ Sie hatte sogar die Wahl? Irgendwie gestaltete
sich ihr ganzer Besuch anders als sie es erwartet hatte. So richtig
froh war sie aber nicht darüber. Es überforderte sie nur.
Der Wunsch, hier so schnell wie möglich zu verschwinden, hatte
sich tief in ihr verankert. Doch sie durfte nicht. Isak brauchte alle
Zeit, die sie ihm verschaffen konnte. Und deshalb musste sie hier
bleiben, die Sarcones in Sicherheit wiegen und dabei beten, dass Isak
die Seelen schnell zerstören würde. Vielleicht hatte er es
ja bereits geschafft? Ein
Weitere Kostenlose Bücher